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E-Autos auf dem Vormarsch Deutscher Auto-Markt holt auf – dennoch läuft das Geschäft von BMW, Mercedes, VW und Co. problematisch

Beschäftigte arbeiten an einem Produktionsband in einem Auto-Werk
Trotz der starken Zunahme der Pkw-Neuzulassungen haben es deutsche Autohersteller mit Problemen im Geschäft zu tun (Symbolbild)
© Sven Simon / Imago Images
Im Mai haben die Pkw-Neuzulassungen in Deutschland deutlich zugenommen. Die Anzahl der Elektroautos stieg sogar um fast 50 Prozent. Die deutschen Hersteller BMW, Mercedes, VW und Co. erzielten große Zuwächse – dennoch stoßen sie auf Probleme.

Der deutsche Pkw-Markt hat sich erholt. Aktuellen Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) zufolge wurden im Mai diesen Jahres 246.966 Autos neu zugelassen. Das ist ein Plus von 19,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. E-Autos verzeichneten einen Zuwachs von 46,6 Prozent und machten damit 17,3 Prozent der Neuzulassungen aus. Benziner legten um 17,6 Prozent zu und ergaben mit 35,5 Prozent den größten Anteil unter den Neuzulassungen. Danach kamen Hybridautos mit 29 Prozent und einem Zuwachs von 18,1 Prozent. Plug-In-Hybride nahmen um 5,6 Prozent zu – ein Rückgang von 40,5 Prozent. Prof. Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach, fasste in einer Meldung zusammen: "Während der Gesamtmarkt nur um 10 Prozent zulegt, steigen die BEV-Zulassungen [Abkürzung für batteriebetriebenes Elektrofahrzeug] um 24 Prozent."

Unter den deutschen Marken erzielte BMW mit einem von Plus 60,2 Prozent den größten Anstieg. Danach folgten Mercedes (Plus 55 Prozent), Audi (Plus 36 Prozent), Porsche (Plus 20,4 Prozent) und VW (Plus 13 Prozent). Dabei war VW mit 17,7 Prozent die anteilstärkste deutsche Marke. Anführer unter den Importmarken war der Elektroautohersteller Tesla mit einem Plus von 1696,9 Prozent und 5265 neu zugelassenen Einheiten. 

BMW, Mercedes, VW und Co. melden starken Anstieg der E-Auto-Auslieferungen

BMW, Mercedes, VW und Co. gaben nach Abschluss des ersten Quartals 2023 jeweils signifikante Absatzsteigerungen bekannt. Der E-Auto-Absatz bei Mercedes legte nach Unternehmensangaben im ersten Quartal von 2023 um 89 Prozent auf 51.600 verkaufte Einheiten gegenüber 27.400 verkauften Einheiten in Q1 2022 zu. In Deutschland nahm der Absatz um 29 Prozent zu. "Die Nachfrage unserer Kunden nach Top-End- und batterieelektrischen Fahrzeugen ist die treibende Kraft für unser Absatzergebnis im ersten Quartal", sagte Britta Seeger, Mitglied des Vorstands der Mercedes-Benz Group AG, verantwortlich für Mercedes-Benz Cars Vertrieb in einer Mitteilung.

BMW vermeldete im April sogar einen Anstieg des weltweiten Elektroautoabsatzes um mehr als das Doppelte. Mit 55.979 ausgelieferten vollelektrischen Einheiten wurde nach Unternehmensangaben ein Zuwachs von 112,3 Prozent erreicht. In Europa schrieb die BMW Group hingegen insgesamt leicht rückläufige Absatzzahlen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. In Q1 2023 wurden 57.317 Fahrzeuge von BMW und Mini zugelassen, was einem Minus von 7,2 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum entspricht. BMW-Pressesprecherin Carolin Bachmann sagte gegenüber dem stern im Hinblick auf den globalen Markt: "Die Nachfrage nach Automobilen der BMW Group ist weiterhin hoch; wir verzeichnen eine positive Entwicklung der Auftragseingänge. Die BMW Group blickt zudem auf einen sehr hohen und über mehrere Monate tragenden Auftragsbestand."

Der Volkswagen Konzern gab Ende April ebenfalls einen Anstieg der Auslieferungen von Elektroautos bekannt. Europa sei dabei der "größte Wachstumstreiber" gewesen. Hier konnte der Wolfsburger Konzern seinen Elektroauto-Absatz um 68 Prozent steigern. So wurden im ersten Quartal des laufenden Jahres 98.300 Fahrzeuge an Kundinnen und Kunden ausgegeben. In Q1 2022 waren es noch 58.500 Fahrzeuge. Rund die Hälfte der ausgelieferten Elektroautos entfielen auf die Marke VW (70.000). Audi kam im vergangenen Quartal auf 34.600 Auslieferungen gegenüber 24.200 im Vorjahreszeitraum. Porsche verzeichnete einen Rückgang von 9500 auf 9200 ausgelieferten E-Autos.

Jedoch ähnlich wie bei BMW zeichnet sich auch bei VW ein problematisches Geschäft ab. Pressesprecher Christoph Oemisch sagte gegenüber dem stern: "Bei vollelektrischen Fahrzeugen (BEV) sehen wir derzeit niedrigere Auftragseingänge als im Vergleichsquartal des Vorjahres. Die Ursachen dafür sind Vorzieheffekte aus dem letzten Jahr (z.B. Subventionskürzungen in Deutschland) und Preisaktionen unserer Wettbewerber sowie deren kürzere Wartezeiten."

Deutsche Autohersteller verzeichnen rückläufige Auftragseingänge

Die Auslieferungszahlen mögen auf dem Papier zunächst einmal positiv scheinen, tatsächlich aber machte auch der Verband der Automobilindustrie (VDA) nach den jüngsten Zulassungszahlen des KBA auf die bestehende Problematik bei den deutschen Autoherstellern aufmerksam. Demnach seien im Mai die Auftragseingänge aus dem In- wie aus dem Ausland weiter zurückgegangen. "Die Zahl liegt zwar höher als die Werte in den vergangenen vier Jahren, allerdings wurden in dem jeweiligen Mai von 1991 bis 2019 immer deutlich mehr Pkw neu zugelassen als im Mai des Jahres 2023", heißt es in einer Meldung des VDA. Der Abstand zum Vorkrisenniveau sei weiterhin groß: "Im Vergleich zu den ersten fünf Monaten des Jahres 2019 liegen die Neuzulassungen gut ein Viertel darunter."

Dies deckt sich mit den Aussagen von Thomas Peckruhn, Vizepräsident des Zentralverbandes Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe und Sprecher des Fabrikatshandels in Deutschland: "Gerade die Situation bei den privaten Neuzulassungen ist unverändert kritisch. Themen wie die anhaltend hohen Preise im Einzelhandel oder auch mögliche kommende Belastungen wie eine Heizungserneuerung lassen potenzielle Interessenten zögern", sagte er in einer Mitteilung. Eine VDA-Sprecherin führte gegenüber dem stern die Gründe für die rückläufigen Auftragseingänge weiter aus: "Zwar hat sich die Inflationsdynamik zuletzt leicht abgeschwächt, aber das gesamtwirtschaftliche Preisniveau befindet sich nach wie vor auf hohem Niveau. Hinzu kommt, dass die gestiegenen Zinsen für schlechtere Finanzierungsbedingungen für die Verbraucherinnen und Verbraucher sorgt." 

Außerdem dürfte die Kürzung der staatlichen Förderung von Elektroautos die Kaufentscheidung von Verbraucherinnen und Verbrauchern beeinflussen. Denn seit Jahresbeginn beträgt die von Staat und Hersteller gewährte Umweltprämie statt 9000 Euro noch 6750 Euro. Für Plug-in-Hybride fiel die Umweltprämie ganz weg. Und ab 2024 gibt es die Förderung nur noch für vollelektrische Autos mit einem gemeldeten Basislistenpreis von maximal 45.000 Euro. 

VDA rechnet mit Wachstum des deutschen Marktes

Die Automobilwirtschaft befinde sich laut dem VDA trotz alledem auf einem Wachstumspfad. Der Automobilverband geht von einem Wachstum des deutschen Marktes um vier Prozent auf 2,8 Millionen Pkws aus. Auch beim VW Konzern erwartet man, dass der BEV-Auftragseingang im weiteren Jahresverlauf wieder steigt, "da sich die Lieferzeiten der Volkswagen Group insbesondere im zweiten Halbjahr verbessern werden", so Pressesprecher Oemisch. "Für ein weiteres Wachstum braucht es künftig jedoch gerade auch in Städten einen noch dynamischeren Ausbau der Ladeinfrastruktur sowie mehr Modelle in niedrigeren Preissegmenten", sagt Prof. Stefan Bratzel vom CAM.

Quellen: KBA, Mercedes-Benz, Volkswagen GroupBMW Group, ZDK

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