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Kooperation mit deutschen Autobauern Entwickler des Autopiloten spricht über Tesla und drei Herausforderungen: "Es wird Unfälle geben"

Mann im Portraitbild
Andreas Lauringer, CEO und Mitgründer von Kontrol erklärt den Entwicklungsstand des Autopiloten und des autonomen Fahrens
© Kontrol GmbH
In den USA kommt es immer wieder zu Unfällen mit dem Tesla-Autopiloten. Entwickler Andreas Lauringer nennt im Gespräch mit dem stern Gründe dafür und erklärt die entscheidenden Faktoren zum Erfolg des autonomen Fahrens. Er gesteht, dass er auch künftig an Verkehrsunfälle glaubt.

Mit dem Ausbau der Elektromobilität schreitet langsam auch das autonome Fahren voran. Es soll in Zukunft den Verkehr bestimmen. In Deutschland ist seit Juni 2021 Stufe 3, das hochautomatisierte Fahren, erlaubt. Fahrzeuge dieser Stufe können bestimmte Fahraufgaben, wie beschleunigen, bremsen und überholen selbstständig durchführen. Die Fahrerin oder der Fahrer darf vorübergehend die Hände vom Lenkrad nehmen, muss aber kurzfristig wieder die Kontrolle über das Fahrzeug übernehmen können. Die Mercedes S-Klasse und die elektrische Version EQS bietet als erstes Serienfahrzeug einen Autobahn-Staupiloten, bei dessen Einsatz sich der Fahrer anderen Aufgaben zuwenden darf.

Die Entwicklung ist komplex und äußerst anspruchsvoll. Denn ein fehlerhaftes Fahrsystem kann verheerende Auswirkungen haben. Tesla bietet in seinen Autos in den USA bereits einen Autopiloten und eine Funktion zum autonomen Fahren an, doch immer wieder kommt es bei dem Einsatz zu Unfällen – auch mit Todesfolge. 

Andreas Lauringer, CEO und Mitgründer von Kontrol, ein Technologieunternehmen aus Österreich, das autonome Fahrsysteme entwickelt und unter anderem mit Bosch, dem TÜV und nach eigenen Angaben mit allen deutschen Automobilherstellern zusammenarbeitet, spricht im Interview über den schwierigen Entwicklungsprozess.

Herr Lauringer, was sind die Herausforderungen bei der Entwicklung des autonomen Fahrens?
Ich muss die Rechtssprache in ein Fahrzeug bringen und diese muss so ausgelegt sein, dass ein Spielraum da ist – für den Jurist bzw. für den Fahrer und dann am Ende auch für den Richter. Das ist die erste Herausforderung für uns: Wie kann ich das präzise genug machen? Klar ist, es kann nur eine Gesetzgebung geben. Ein Gesetz für autonome Autos und eins für Menschen wird nicht funktionieren. Es muss gleichermaßen für beide gelten. Das Zweite wird das Juristische sein, denn es wird Unfälle geben. Da muss nicht primär jemand schuld sein. Aber es kann einfach einen Kabelbruch geben, einen Materialdefekt etc. Wie gehe ich dann damit um? Weil die menschliche Komponente in der Fahrfunktion fehlt. Das Dritte wird das Entscheidende sein, die soziale Komponente. Wir Menschen müssen das System akzeptieren. Wir müssen als Gesellschaft lernen, wie man damit umgeht, wenn man auf der Autobahn an einem Auto vorbeifährt und darin schläft jemand.

Welche Forschungen führen Sie derzeit praktisch durch?
Wir haben im Saarland Prüfungen durchführt, um zu zeigen, dass wir die Straßenverkehrsordnung eingehalten haben. Hier arbeiten wir zum Beispiel sehr intensiv mit Deloitte – die Verifizierung der Übersetzung ist komplex – und im Bereich Skalierung wie auch Globalisierung mit Berylls zusammen.

Zwei Autos fahren hintereinander auf einer Teststrecke
Testfahrzeuge vom TÜV Rheinland in Kooperation mit Kontrol beim IAMTS Symposium auf dem ungarischen Testgelände ZalaZone Mitte Juni
© Kontrol GmbH

Wie soll künftig die Kommunikation zwischen autonomen Fahrzeugen sowie Passanten und anderen Verkehrsteilnehmern gewährleistet werden?
Ich denke, das wird schrittweise gehen. Das Level 3-System ist derzeit auch für die Autobahn beschränkt und das hat einen Grund. Es ist im Vergleich zu einer urbanen Lösung erstmal einfach. Der Grund, warum es auch gewisse Level 4-Syteme gibt, ist im Prinzip der gleiche.

Welche Techniken – auch außerhalb der Automobilindustrie – helfen, das autonome Fahren voranzutreiben?
Bei der Entwicklung von Drohnen besteht dieselbe Herausforderung. Ich denke, was hilft, ist die gegenseitige Inspiration zwischen Drohnen- und autonomer Fahrtechnik. 'Wie gehe ich damit um?' Grundsätzlich ist die Regulatorik in der Luftfahrt sehr viel einfacher, die emotionale Situation ist aber sehr viel schwieriger. Weil sich jeder wesentlich mehr davor fürchtet, dass ihm etwas auf den Kopf fällt oder, dass er herunterfällt, als dass er einen Autounfall hat. Auch wenn das statistisch unwahrscheinlich ist. Da hat man zum Beispiel im Vergleich zum SAE Level [Automatisierungsstufen des autonomen Fahrens] mehr Thematiken beachtet, wo man sagt, 'Wie kann ich eher schrittweise den Fahrer ersetzen?'"

Die Mercedes S-Klasse und der EQS bietet als erstes Serienfahrzeug einen Autobahn-Staupiloten nach Stufe 3. Wie wollen Sie dazu beitragen, das System homologieren zu lassen?
In Deutschland ist es ja schon zugelassen worden. Was wir dazu beitragen können, ist ein sehr skalierbares System; eine Datenbank und auch, dass wir viel gelernt haben über die Übersetzung in den Anforderungen. Wir haben eine Technologie, um das System sehr schnell von einem Land ins andere zu übertragen. Es ist eine Plattform, sodass sich Aufwände teilen lassen.

In den USA fahren bereits hochautomatisierte Autos auf den Straßen.
Das Full Self-Driving wurde offiziell in Kalifornien zugelassen, aber in der Namensgebung war es für die Konsumenten nicht das Hilfsreichste. Denn es wird eine Erwartungshaltung geweckt, die nicht da ist. Man muss auch mit den Systemen umgehen lernen. Das ist ein Lernprozess. Full Self-Driving ist für mich erstmal mit Level 3 gegeben und da gibt es für mich aktuell nur den Mercedes EQS, der das kann und darf.

Warum schafft es Tesla nicht, dass der Autopilot und die Funktion zum autonomen Fahren in seinen Autos fehlerfrei funktioniert?
Es ist etwas sehr, sehr Komplexes. Ich bin zum Beispiel der Meinung, eine Kamera wird es nicht tun. Ein zweites, redundantes System oder ein ergänzendes System ist sicher kein Fehler. Was auch immer das ist, bleibt dem Hersteller überlassen. Aber zu sagen 'Ich hab Augen und damit brauche ich meine Ohren nicht' wird uns nicht helfen. Es gibt eine Diskussion, dass jedes Auto einen Lidar [Scantechnologie zur Erfassung der Umgebung] braucht. Das kann ich nicht sagen. Wichtig ist, dass man die richtige Information hat, eine Entscheidung zu treffen und, dass die Qualität der Information korrekt ist. Es sollte schon nicht jemand drüber schauen, ob das dann wirklich so ist.

Wie wollen Sie das autonome Fahren sicherer machen?
In erstem Schritt müssen wir die Regeln einhalten, die wir Menschen auch haben. Wir wollen die Basis schaffen 'Was für dich gilt, gilt auch für die Maschine. Und du kannst dich drauf verlassen'.

Lässt sich in Fahrzeuge verbaute Technologie zum autonomen Fahren aktualisieren? Wenn ja, wie?
Das ist abhängig von der Funktion. Eine Hardware, die nicht verbaut ist, kann ich nicht einsetzen. Zum Beispiel kann ich aber eine Computereinheit über Software, die sich weiterentwickelt, über die Zeit aktualisieren. Ebenso ändert sich ja die Rechtsprechung in gewissen Intervallen. Es gibt circa 128 bis 150 Gerichtsurteile zur Straßenverkehrsordnung pro Land pro Jahr. Dann muss ich das natürlich beachten. So gibt es verschiedene Komponenten in einem Fahrzeug, die kann ich updaten – und das muss ich sogar. Das ist auch eine neue Art des Autobauens.

Wann werden sich autonome Autos auf dem Markt durchsetzen?
Das ist eine sehr schwierige Prognose. Es wurden ja viele Prognose bereits abgegeben. Und die Prognosen – auch die von Elon Musk – liegen in der Vergangenheit. Es wird noch eine Zeit dauern. Das Relative ist, dass wir das Richtige tun, dass wir dahin kommen und die Sicherheit erreichen. Ob das jetzt 2030, 2040 oder 2050 ist – Automatisierung sollte nicht aufs Auto beschränkt sein. Wir brauchen auch Gesamtverkehrskonzepte.

Vielen Dank für das Gespräch.

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