Silvretta Von Feldkirch nach Como, the hard way

Von Helmut Werb
Das ist keine Alpenüberquerung, das ist Hardcore-Passing. Hannibal selber hätte es sich nicht schwerer machen können. Schattenparkern empfehle ich Valium, Beifahrern Dramamin, aber glauben Sie mir, die Mühen - und die Drogen - lohnen sich. Eine atemberaubendere Strecke finden Sie selten.

Start der Strecke ist Feldkirch im Westen Österreichs. Zuerst einmal geht’s recht zivil über die Rheintal-Autobahn nach Bludenz, kurz nach Bludenz biegen Sie rechts ab Richtung Tschagguns. Halten Sie kurz an, öffnen Sie das Verdeck Ihres Kabrios und suchen Sie Ihre Daunenjacke. Das wäre auch der richtige Moment für’s Dramamin, sollten Sie das Abenteuer mit einem/r Beifahrer/in wagen. Ein paar Kilometer weiter wird’s langsam interessant. Sollte die Sonne scheinen (und Gnade Ihnen Gott, wenn nicht), haben Sie den ersten, genaueren Blick auf die Berge der Silvretta, allen voran den über 3000 Meter hohen Piz Buin. Noch können Sie umdrehen und wie alle anderen über die Autobahn schleunigst nach Italien reisen. Hinter Gaschurn jedoch gibt’s kein ehrenhaftes Zurück mehr. Knappe elf Euro verlangen die Ösis für die Befahrung der Silvretta Hochalpenstrasse, aber eine Achterbahnfahrt kostet heute auch nicht viel weniger, und hier ist das Geld besser angelegt: 32 Spitzkehren, knappe 1000 Meter Höhenunterschied und zwei bis drei Tässchen Adrenalin auf 26 Kilometer – die Silvretta zählt nicht umsonst zu den schönsten und beliebtesten Pässen der Alpen.

Wer eine Verschnaufpause benötigt kann am Silvretta-Stausee angeln oder Motorbootfahren (kein Witz!). Die Abfahrt in Richtung Galtür bis Landeck ist landschaftlich herrlich und bringt den Hormonspiegel wieder auf normales Mass. In Landeck biegen Sie rechts ab Richtung B180, die Reschen Bundesstrasse, und fahren über Nauders zum Reschen-See hoch, ein Alpen-Panorama, das es eigentlich nur im Koni geben dürfte.

Queen der Alpenstraßen

Über Sluderno geht es bis zur SS38 (wir sind in der Zwischenzeit in Italien), wo Sie durch den Stilvser Nationalpark fahren, einem der wenig übriggebliebenen Urwälder Europas, und das Stilvser Joch überqueren, der wahren Königin der Alpenstrassen. Können Sie sich noch an die Daunenjacke erinnern? Die Passhöhe liegt auf weit über 2700 Meter, es ist selbst bei strahlendem Sonnenschein empfindlich kalt, aber der Blick auf die Berge ist die eine oder andere Frostbeule wert. Weiter geht’s nach Bormio, das wir alle aus dem ZDF Sportstudio her kennen. Meditieren Sie kurz, oder nehmen noch ein Valium, denn nun beginnt der wahrhaft abenteuerliche Teil unseres Unternehmens – die Überquerung des Gavia Passes, den kaum einer kennt und das ist gut so, denn zwei Fahrzeuge nebeneinander hält die Passstrasse zwischen Valfurva und Ponte di Legno nicht aus. Auf der Passhöhe liegt ein Bergsee, den Milka für die Schoko-Werbung erfunden haben muss oder Salomon für die Skischuhe.

Zur Not zum Arzt

Von Ponte di Legno aus fahren Sie auf der SS42 in stattlichem Tempo Richtung Westen, biegen bei Edolo rechts ab nach Aprica und fahren über Motta hinunter auf die SS38, der sie so um die 50 Kilometer nach Colico folgen, einem kleinen Nest an der Nordspitze des Comer Sees. Parken Sie auf der Plaza am See und genehmigen sich einen Espresso. Sie haben’s verdient. Die letzten Kilometer auf der Schnellstrasse am Ostufer des Comer Sees hinunter nach Como schaffen Sie dann mit links.

In Como angekommen, rufen Sie einfach den Notarzt an.