Scheibes Kolumne "Bitte drücken Sie die 2"

stern.de-Kolumnist Carsten Scheibe hasst Telefonieren. Der schlimmste Alptraum sind für ihn seelenlose Automaten, die per Tonbandansage und Tastendruck herauszufinden suchen, was er eigentlich möchte. Jetzt hat sein Internet-Provider auch so eine Folter-Schaltung.

Es geht selten gut, wenn Menschen mit Maschinen sprechen. Das hat man spätestens dann begriffen, wenn man Ozzy Osbourne dabei zugesehen hat, wie er ebenso nuschelnd wie vergeblich versucht, die Sprachsteuerung seines Autos zur Kooperation zu überreden. Im Alltag erlebe ich das gleiche Prinzip immer wieder - und zwar genau dann, wenn ich an einen Anrufautomaten gelange.

Jetzt hat auch mein Internet-Provider so eine seelenlose Maschine an die Kunden-Hotline gehängt. Wo ich früher in zwei Sekunden beim richtigen Ansprechpartner landen konnte, um eine Störung meiner gehosteten Web-Seiten zu melden, verbringe ich nun gefühlte Stunden damit, mich an der Roboter-Dame vorbeizuwinden. Ich bin so frustriert, dass ich da gar nicht mehr anrufen mag. Und vielleicht ist genau das das Ziel der Bemühung.

Hotline-Horror

Nachfolgend das überspitzte Protokoll meines letzen Anrufs bei der Hotline.

Ich (zu mir selbst):

Oh, Mist, die Web-Seiten sind alle nicht erreichbar. Sicherlich ein Problem mit dem Server. Ich ruf mal meinen Provider an, damit er die Server neu hochfährt. Klappt sonst immer superschnell.

Ich suche die Hotline-Nummer und meine Kundendaten heraus, greife zum Hörer und wähle. Normalerweise habe ich sofort einen Hotliner am Apparat, der sich umgehend mein Problem anhört. Dieses Mal nicht.

Hotline (säuselnd und mit übertrieben genauer Aussprache vom Band):

"Guten Tag. Sie sind verbunden mit der Kunden-Hotline von XXX. Wir freuen uns, wenn wir Ihnen helfen können. Dazu müssen wir wissen, warum Sie uns anrufen. Nur so können wir Ihnen den richtigen Ansprechpartner zuteilen."

Ich denke:

Ach komm. Wahrscheinlich sitzt da eh nur ein Hotliner, der entnervt mit den Fingern auf dem Tisch herumtrommelt und darauf wartet, dass die Bandansage endlich vorbei ist.

Hotline:

"Bitte drücken Sie die 1, wenn Sie ein Problem mit Ihren Servern haben. Drücken Sie die 2, wenn Ihnen langweilig ist. Und drücken Sie die 3, wenn Sie mit mir einen aufregenden Abend verbringen möchten."

(Natürlich gebe ich Option 2 und 3 nicht authentisch wieder. Aber ich fand die angebotenen Optionen ähnlich unrealistisch, sodass man sich die ganze Abfrage auch gleich hätte schenken können.)

Ich drücke die Taste 1 auf dem Telefon, aber nichts passiert. Die Eingabe wird nicht akzeptiert.

Hotline (wiederholt die Ansage):

"Bitte drücken Sie die 1, wenn Sie ein Problem mit Ihren Servern haben. Drücken Sie die 2, wenn Ihnen langweilig ist. Und drücken Sie die 3, wenn Sie mit mir einen aufregenden Abend verbringen möchten."

Ich drücke Einsen, bis ich die Farbe von der Telefontaste gerubbelt habe, aber nichts passiert.

Hotline:

"Anscheinend sind Sie zu dumm, eine Taste zu drücken. Bitte sagen Sie stattdessen laut 'Ich bin ein Bi-Ba-Butzebär', wenn Sie ein Problem mit Ihrem Server haben. Option 2 und 3 stehen jetzt nicht mehr zur Verfügung."

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Carsten Scheibe betreibt die Pressebüro Typemania GmbH (www.itpressearbeit.de) und kümmert sich täglich für 650+ Firmen um die Pressearbeit aus den Bereichen Computer, Internet, Golf & Buch. Niedrige Preise, eine packende Schreibe, solide Erfolge: Öffentlichkeitsarbeit kann richtig Spaß machen, wenn man sie nicht so verkrampft betreibt.

(Natürlich soll ich nur die Eins laut sagen. Aber ich hasse es, laut Zahlen in den Hörer zu sprechen, wenn mir das ganze Büro dabei zuhört.)

Ich (ganz leise flüsternd):

"Ich bin ein Bi-Ba-Butzebär."

Hotline:

"Bitte sprechen Sie lauter."

Ich (brüllend):

"Ich bin ein Bi-Ba-Butzebär."

Hotline:

"Ich habe Sie nicht verstanden. Bitte wiederholen Sie die Eingabe."

Ich (nun schrill singend und dabei mit dem Fuß aufstampfend):

"Ich bin ein Bi-Ba-Butzebär."

Hotline:

"Anscheinend haben Sie keinen konkreten Wunsch und möchten mir nur meine Zeit stehlen. Die Verbindung wird jetzt getrennt."

Ich:

"Neiiiiiiiiiiinnnnnn."

Hotline (männliche Stimme):

"Hallo, ist da jemand? Ich habe das Band jetzt mal gestoppt."

Ich: "Ich bin's. Hilfe!"

Hotline:

"Um was geht es denn?"

Ich:

"Meine Server sind down. Oh, ich sehe gerade, sie sind wieder online. Nichts für ungut. Einen schönen Tag noch."

Ich beschließe: Machen die Server noch einmal Ärger, dann mache ich sofort Feierabend und geh Rasen mähen. Noch so einen Anruf mach ich nicht mit.

Eine Glosse von Carsten Scheibe, Typemania

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