Drei Events in einem Herbst - das ist für Apples Verhältnisse ungewöhnlich viel. Nach je einer eigenen Show für die Apple Watch Series 6 und die neuen iPhones machte es Apple heute spannend: Das Event-Motto "One more thing" war lange Zeit den ganz großen Enthüllungen vorbehalten. Kein Wunder, dass die Fans den Abend gespannt erwarteten.
Der große Satz kam gleich am Anfang: Das "one more thing", das fehle, sei der Mac, erklärte CEO Tim Cook aus der leeren Kantine des Apple-Hauptquartiers. Nach den vielen Neuerungen sei es das letzte Puzzle-Stück. "Es ist in unserer DNA." Und die große Neuerung ist klar: Apple macht den Sprung auf Apples eigene Prozessoren.
Drei mal neu
Die "nächste Generation des Mac" kommt sowohl als Laptop als auch als Desktop. Mit einem neuen Macbook Air und einem neuen Macbook Pro in 13 Zoll sowie einem neuen Mac Mini frischt der Konzern sein Portfolio auf. Beim Design hat sich äußerlich nichts getan, die Geräte sind optisch von den Vorgänger-Modellen nicht zu unterscheiden.
Die Revolution steckt im Innern - und wirkt zunächst nicht weltbewegend: Apple hat mit dem M1 zum ersten Mal einen seiner selbst entwickelten Prozessoren in einem Computer verbaut. Bisher betrieben die Apple-Chips nur Mobilgeräte wie iPhone, iPad und die Apple Watch. Als Grundlage dient der A14, der auch im iPad Air und den aktuellen iPhones steckt. Dort hängten die Chips seit Jahren die Konkurrenten gnadenlos ab.
Technisch ist der M1 durchaus beeindruckend: Als erster serienmäßig gefertigter Computer-Chip wird er im 5-Nanometer-Verfahren entwickelt. In ihm werkeln jeweils vier hochpotente und vier extrem energiesparende Rechenkerne. Der Chip soll dadurch die beste Leistung per Watt in der Industrie haben, verspricht Apple. Er soll doppelt so schnell sein wie vergleichbare herkömmliche Chips. Und: Er soll die Topleistung der Konkurrenten bei einem Viertel des Energieverbrauchs erreichen. Auch die acht Grafikkerne, die direkt im M1 verbaut wurden, sollen extrem schnell und dabei stromsparend sein.
Viel Leistung, noch mehr Laufzeit
Das Macbook Air ist Apple zufolge bei allgemeinen Anwendungen dreimal und bei Spielen sogar fünfmal so schnell wie das Vorgängermodell. Damit soll es schneller sein als 98 Prozent der im letzten Jahr verkauften Notebooks, so der Konzern. Und das, obwohl es keinerlei Lüfter mehr hat. Beim Mac Mini sind es ebenfalls ein Sechsfaches an Leistung bei der Grafik. Noch mehr Leistung gibt es wenig überraschend im Macbook Pro: Es ist 2,8x schneller als der ohnehin sehr potente Vorgänger, die Grafik ebenfalls noch mal um den Faktor 5 schneller. Allerdings mit aktiver Lüftung.
Vor allem die Akkuleistung soll aber profitieren: Bis zu 15 Stunden soll der Akku des Macbook Air beim Surfen halten, beim Videoschauen sollen 18 Stunden drin sein. beim 13 Zoll Macbook Pro sind es 17 Stunden Surfen und 20 Stunden Video. Das ist gut doppelt soviel wie beim Vorgänger.
Eine Neuerung der neuen Macs war fast nur eine Fußnote: Alle bringen den neuen USB4-Standard mit - und sind damit mit die ersten Geräte auf dem Markt. Mit dem ebenfalls auf den USB-C-Stecker setzenden Standard sind Übertragungen mit bis zu 40 Gbit die Sekunde möglich.
Ob sich Apples vollmundige Versprechen auch in der alltäglichen Nutzung der Geräte erreichen lassen, kann allerdings erst ein ausführlicher Test der Geräte zeigen. Sie sind ab heute vorbestellbar und sollen ab nächste Woche im Handel sein. Die Preise liegen auf dem bisherigen Niveau: Das Macbook Air kostet 1100 Euro, das Macbook Pro ab 1415 Euro und der Mac Mini ist ab 780 Euro erhältlich. Für mehr Arbeits- und Datenspeicher zahlt man zusätzlich.
Alles aus einer Hand
Einer der wichtigsten Faktoren für den Leistungsschub ist laut Apple - die lange bekannte - Integration von Hard- und Software. Das im Sommer angekündigte Mac-Betriebssystem Big Sur soll auf den eigenen Chips besonders gut laufen und zudem mit dem im M1 verbauten Sicherheits-System Secure Enclave noch sicherer sein. Zudem kann durch den Chip auch jede iPhone- und iPad-App auf dem Mac laufen. Zumindest theoretisch: Viele Entwickler haben bereits angekündigt, ihre Apps vorerst für das System zu sperren. Teils um es zuerst zu optimieren, teils um keine Konkurrenz für die eigenen Desktop-Programme zu schaffen.
Die meisten Neuerungen des Systems kommen ab Donnerstag aber auch auf ältere Macs. Es ist eine der größten Überarbeitungen seines Systems seit Jahren. Von der Form der Fenster über mehr Transparenz bis zu den verspielten neuen Icons: Beim Redesign hatte Apple kaum einen Teil seines Systems ausgespart. Und auch die Nutzung hatte sich leicht verändert. Buttons erscheinen nun nur noch, wenn man sie benötigt und werden sonst ausgeblendet. Das System erhält zudem ein Kontrollzentrum, wie man es von iOS kennt. Überhaupt orientiert sich das System nun deutlich mehr am iPhone, auch die Nachrichten-App und das Benachrichtigungs-Fenster wurden angepasst.
Ob das System kommt, war bis zum Ende nicht vollständig klar. In der Testphase hatten sich Nutzer über ungewöhnlich viele Probleme beschwert. Da Apple in den letzten Jahren mehrfach Probleme mit seinem System hatte, die erst nach Erscheinen repariert wurden, war es durchaus denkbar, dass der Start verschoben werden würde.
Gewagter Schritt
Der Sprung auf einen eigenen Chip ist durchaus bemerkenswert: Als Apple 2006 von der PowerPC-Architektur zu Intel-Prozessoren wechselte, begann das große Comeback der Mac-Rechner im Mainstream. Die Möglichkeit, viele Programme und sogar Windows selbst auf dem Mac laufen lassen zu können, machte die schicken Notebooks des Konzerns deutlich vielseitiger einsetzbar. Und dürfte zusammen mit dem Erfolg des iPods auch den Grundstein für den Durchbruch des iPhones gelegt haben.
Der Schritt kommt grundsätzlich nicht überraschend: Apple hatte den Wechsel bereits bei seiner Entwicklermesse WWDC im Sommer angekündigt, damit Entwickler ihre Programme entsprechend anpassen konnten. Der Wechsel soll nicht von einem Tag auf den anderen alle Macs betreffen: In einer Übergangszeit von zwei Jahren will Apple Macs auf beiden Grundlagen anbieten. Schließlich werden nicht alle von Privatnutzern und Unternehmen benötigten Programme sofort zur Verfügung stehen.
Die Überraschung am Ende ist keine Hardware
Die größte Überraschung gab es dann am Ende - aber es handelte sich nicht um ein Produkt. Mit John Hodgman hatte Apple den PC aus seiner legendären "I'm a Mac"-Kampagne aus der Rente geholt. Mehr als zehn Jahre nach dem letzten Spot durfte er noch einmal als Langweiler im Anzug behaupten, es genauso gut drauf zu haben, wie der coole Mac. Nur, dass ihm am Ende die Luft ausging.