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US-Wahl Möglicher "Kill Switch": Facebook bereitet sich darauf vor, dass Trump die Wahl nicht anerkennt

US-Wahl: Möglicher "Kill Switch": Facebook bereitet sich darauf vor, dass Trump die Wahl nicht anerkennt
© Evan Vucci/ / Picture Alliance
Viele Beobachter befürchten, dass der US-Präsident seine Abwahl nicht ohne Weiteres hinnehmen wird. Beim Social-Media-Riesen Facebook laufen bereits konkrete Vorbereitungen dafür.

Eigentlich ist der Zeitplan sehr klar: Sollte Donald Trump am 3. November die Wahl verlieren, würde am 20. Januar 2021 Joe Biden zum 46. Präsidenten der Vereinigten Staaten ernannt werden. Doch immer mehr Anzeichen sprechen dafür, dass es nicht so einfach werden wird. Bei Facebook bereitet man sich nun mit ganz konkreten Plänen für den Fall vor, dass Trump seine Abwahl nicht akzeptiert.

Dass es dazu kommen könnte, hat der amtierende Präsident immer wieder selbst betont. So weigerte er sich in Interviews, ein klares Bekenntnis zur Anerkennung der Wahl abzugeben. Stattdessen betonte er stets, dass man sich das Ergebnis zunächst genau betrachten würde. Schon jetzt warnt Trump immer wieder vor vermeintlich drohendem Wahlbetrug. Und erklärte gar, dass er die Wahl nur verlieren könne, wenn seine Gegner betrügen würden. Und das, obwohl alle Umfragen den Herausforderer Joe Biden als klaren Favoriten sehen.

Facebook im Alarm-Modus

Bei Facebook soll diese Aussicht für einen aufgeregten Betrieb sorgen, berichtet die "New York Times" unter Berufung auf anonyme Quellen im Unternehmen. Demnach gebe es fast täglich Treffen der Führung um Mark Zuckerberg, die sich mit der Frage beschäftigen, wie man vorgehen sollte, wenn Trump die Wahl nicht anerkennt - und Facebook als Propaganda-Instrument missbrauchen könnte.

Dabei spielt das Unternehmen auch ganz konkrete Szenarien durch. So bereitet man sich nicht nur auf eine allgemeine Ablehnung des Wahlergebnisses durch den mächtigen Wahlverlierer vor, sondern rechnet auch mit Kampagnen, die sich etwa gezielt gegen die Auszählung der Briefwahlzettel richten. In den letzten Wochen hatte Trump mehrfach die Briefwahl an sich angegriffen und sogar die Postbehörde USPS untergraben. Dafür war er von Vorgänger Barack Obama ungewohnt scharf angegangen worden.

Kill Switch für politische Werbung

Um eine mögliche Kampagne Trumps gegen das Wahlergebnis bei Facebook zu verhindern, erwägt das Unternehmen drastische Schritte. So soll der Konzern sogar darüber nachdenken, einen "Kill Switch" einzubauen, um auf einen Schlag sämtliche politische Werbung auszusetzen. Anders als bei anderen Werbeformen hält sich Facebook beim Factchecking von politischen Werbebotschaften zurück, erlaubt auch bekannt falsche Aussagen. Im Falle einer nicht anerkannten Wahl scheint man das aber für zu heikel zu halten.

Joe Biden vs. Donald Trump: Um welche Wähler kämpfen sie im November?

Facebook wollte die anonymen Aussagen nicht bestätigen, so die "NYT". Der Konzern ist dem Bericht zufolge mit seinen Plänen nicht alleine. Auch die Konkurrenten Twitter und Youtube sollen bereits über mögliche Folgen eines solchen Vorgehens Trumps und den daraus resultierenden Falschmeldungs-Kampagnen beraten. Während Google die grundsätzliche Erwägung bestätigte, aber nicht ins Detail gehen wollte, habe Twitter der Zeitung erklärt, man arbeite daran "die möglichen Folgen und Gefahren für die öffentliche Diskussion zu verstehen." Das treffe für die Situation vor und nach der Wahl zu. 

Erste Wahl nach der Fakenews-Katastrophe

Für die großen sozialen Netzwerke ist die Wahl eine bisher ungeahnte Herausforderung. Erst im Nachgang der letzten US-Wahl 2016 war bekannt geworden, in welchem Ausmaß die Netzwerke für die Verbreitung von Missinformationen und indirekte Wahlmanipulation genutzt worden waren. Seitdem hätten die Bemühungen durch Drittstaaten nicht abgenommen, sind sich die US-Geheimdienste sicher. 

Die Firmen haben sich in den letzten Jahren öffentlich deutlich verpflichtet, stärker gegen die Verbreitung von Falschmeldungen vorzugehen. In den letzten Monaten wurden vermehrt Verschwörungstheoretiker und ihre Facebook-Gruppen gesperrt, zuletzt war etwa Facebook massiv gegen die rechte Q-Anon-Szene vorgegangen. 

Wie erfolgreich die Netzwerke bei diesem Vorgehen sind, ist allerdings nicht ganz klar. Im Rahmen der Corona-Krise seien etwa allein durch die 42 größten Facebook-Gruppen zu dem Thema mehr als 800 Millionen Abrufe von Falschmeldungen generiert worden, meldete zuletzt eine Studie von Avaaz. Nur 16 Prozent der so verbreiteten Meldungen seien von Facebook als falsch markiert worden.

Eine völlig neue Situation

Die mögliche Nichtanerkennung der Wahl stelle die Internet-Giganten zudem vor eine völlig neue Situation, glaubt Alex Stamos. Er war während der letzten Wahl als Sicherheitschef bei Facebook für mögliche Angriffe verantwortlich. Nun ist er Leiter des "Internet Observatory" (etwa: Internet-Sternwarte), der etablierten Silicon-Valley-Uni Stanford. Es könne sein, dass die Konzerne sich in der Situation fänden, "den US-Präsidenten als einen Übeltäter behandeln zu müssen", der die Demokratie untergraben will. "Das hat es in der Geschichte der Vereinigten Staaten noch nie gegeben."

Quellen:New York Times, Avaaz

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