Schon 2019 war kein leichtes Jahr für Huawei. Im Mai letzten Jahres traf US-Präsident Donald Trump eine folgenschwere Entscheidung und verbaute dem Unternehmen die Aussicht, bald Smartphone-König Samsung übertrumpfen zu können. Ein Jahr später ist die Lage nur schlechter geworden – und das Schlimmste könnte noch kommen.
Dabei hatte Huawei dringend auf Besserung erhofft. Während der Rest der Weltwirtschaft unter den Folgen der Coronakrise ächzt, hatte der Smartphone-Riese seinen härtesten Schlag schon letztes Jahr abbekommen: Die US-Regierung verhängte ein Geschäftsverbot für amerikanische Unternehmen mit Huawei und dem kleineren Konkurrenten ZTE. Die beiden chinesischen Firmen seien ein Sicherheitsrisiko, so die offizielle Begründung. Jetzt hat US-Präsident Trump das Dekret erneuert: Bis mindestens Mai 2021 ist Huawei weiter ausgesperrt. Es ist eine Hiobsbotschaft.
Die schweren Folgen des Banns
Denn obwohl sich Huawei seit Anfang des Banns kämpferisch gibt, dürfte der Konzern nichts so sehr herbeigesehnt haben, wie eine Lockerung oder gar ein Aufheben der Sperre. Der Bann hatte schon letztes Jahr seine Folgen deutlich spüren lassen. Mindestens 10 Milliarden Euro hätte Huawei dadurch verloren, verkündete der Konzern in seinem Jahresbericht für 2019. Im letzten Jahr ließ sich das noch gut verkraften: Trotz des Einschnittes hatte Huawei am Ende mit 110 Milliarden Dollar Einnahmen zu vermelden, ein sattes Plus von 19 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Das ist für dieses Jahr aus gleich mehreren Gründen nicht mehr zu erwarten. Zum einen, weil die Coronakrise in den ersten Monaten den Heimatmarkt China quasi lahmgelegt hat. Zum anderen, weil Donald Trumps Bann langsam aber sicher sein volles Ausmaß spüren lässt.
Ohne Google kein Stich
Die für die Kunden sichtbarste Folge ist die verbotene Zusammenarbeit mit Google. Nachdem letztes Jahr nur eines der wichtigen Modelle, das Mate 30 und seine Varianten, von der Sperre betroffen war, muss Huawei mittlerweile bei allen aktuellen Geräten auf die Installation von Googles Apps verzichten. Das bedeutet, die Smartphones und Tablets kommen zwar mit Android, aber ohne wichtige Apps wie Chrome oder Google Maps auf den Markt. Noch viel schwerwiegender: Der Play Store ist nicht installiert – und damit fehlt der einfach Zugriff auf Millionen von Apps.
Die Alternative, Huaweis Eigenkreation App Gallery, funktioniert zwar tatsächlich gut, viele relevante Apps fehlen aber nach wie vor. So bieten das aktuelle Spitzenmodell Huawei P40 Pro etwa keine Möglichkeit, eine native Instagram-App zu installieren. Für eine Smartphone, das mit seiner starken Kamera punkten will, ist das eine Katastrophe.
Nimmt man die Verkaufspreise als Indikator, dürften die Modelle kein Verkaufsschlager sein. Nur eine Woche nach dem Verkaufsstart ist der Preis des Huawei P40 schon um 200 Euro gefallen, von den angepeilten 800 Euro krachte es schon unter die 600-Euro-Marke. Das hat aber sicher auch damit zu tun, dass zwischen Ankündigung und Verkauf wegen der Corona-Situation mehr als vier Wochen vergingen.
Die schwerste Folge kommt noch
Noch schwerer dürfte aber die zweite Folge des Trump-Banns sein. Der betrifft nämlich nicht nur die Software, sondern auch die Hardware, musste Huawei im Jahresbericht einräumen. Einige Bauteile der Geräte stammen demnach auch von US-Konzernen – und nun fehlt der Zugang dazu. "Wir hatten vor dem Verbot große Vorräte an Bauteilen und fertigen Geräten. Dadurch konnten wir den Einbruch der Verkaufszahlen geringhalten", erklärte der Konzern. Dieses Jahr fällt diese Möglichkeit weg, räumt der Konzern ein. "Anders als bei den Konkurrenten gehen Huawei die Vorräte an Bauteilen langsam aus. Es wird essenziell sein, die Lieferkette maximal zu nutzen."
Sollte tatsächlich die Produktion unter einem Teilemangel leiden, könnte das auch Huaweis bisher wichtigstes Standbein einknicken lassen: den enorm starken Heimatmarkt. Da in China die Google-Dienste keine Rolle spielen und auch nicht vorinstalliert sind, konnte der Konzern dort trotz des Banns konsequent weiter zulegen. Ganze 36 Prozent wuchs Huawei 2019 in seiner Heimat, nur 0,7 Prozent waren es in Europa, dem Nahen Osten und Afrika. Ein Mangel an Bauteilen dürfte auch diese feste Bank zum Wanken bringen.
Dass es schwer werden würde, hatte Huawei schon im März vorhergesagt. "2020 wird das schwerste Jahr für Huawei“, gab der rotierende Vorsitzende Eric Xu unumwunden zu. Da war noch nicht öffentlich bekannt, dass Huawei im ersten Quartal diesen Jahres in Folge des chinesischen Lockdowns nur noch ein Wachstum von 1,4 Prozent vorweisen konnte. Immerhin gab es noch Hoffnung, dass sich die Lage bald bessern könnte. Die ist nun deutlich dünner geworden.