Als noch der träge Internet Explorer das Netz beherrschte, war Mozillas Firefox wie ein Befreiungsschlag. Über Jahre eroberte der freie Browser aus der Open-Source-Gemeinde immer größere Marktanteile, wurde gar zum beliebtesten Browser weltweit. Dann kam Google Chrome und krallte sich den Thron. Bei Mozilla arbeitet man fieberhaft daran, den Firefox wieder auf ein Niveau mit der Konkurrenz zu bringen. Den Plan, ihn ganz neu zu erfinden, hat man aber wieder verworfen.
Seine einstigen Vorteile hat der Firefox längst eingebüßt. Früher war er schneller als die Konkurrenz, zudem ließ er sich mit Plug-ins immer weiter an den eigenen Geschmack anpassen. Das einst so schlichte Design wirkt im Vergleich zu Googles Chrome oder dem Windows-10-Browser Edge mittlerweile ziemlich überladen. Und in einigen Bereichen hinkt der Firefox den Konkurrenten einfach unerträglich hinterher.
Endlich auf dem Stand von 2009
Während Chrome und auch der Edge-Vorgänger Internet Explorer schon seit 2009 eigene Prozesse für einzelne Tabs nutzen, hat Mozilla das Feature immer noch nicht für alle Nutzer ausgerollt. Dabei hat das spürbare Vorteile: Während beim Firefox ein einzelner abgestürzter Tab den ganzen Browser abschießen kann, reicht es in Chrome, diesen einzelnen Tab zu schließen. Alle anderen funktionieren normal weiter.
Im Firefox wurde diese Funktion das erste Mal im August dieses Jahres mit Version 48 eingeführt - aber nur für die Hälfte der Nutzer. Das ist besonders schade, weil durch Unterstützung mehrerer Firefox-Prozesse nach Angaben von Mozilla auch die Surf-Geschwindigkeit dramatisch gesteigert wird. Mittlerweile ist man bei Version 50 und hat das Feature immer noch nicht für alle Nutzer freigegeben. Schuld sind mögliche Probleme mit Erweiterungen, erklärt Mozilla in einem Blogpost zu kommenden Updates. Auch Version 51 soll nur weitere, aber immer noch nicht alle Nutzer ins Boot holen.
Auch in Bezug auf Sicherheit will Mozilla aus der Umstellung Kapital schlagen. Durch die Aufteilung auf mehrere Prozesse soll der Firefox in Zukunft auch "Sandboxing" lernen. Dabei wird der in einem Prozess ausgeführte Programm-Code auf diesen Prozess beschränkt, mögliche Angreifer können nicht auf andere Systemteile zugreifen. Bei anderen Programmen ist das Standard. Eine erste, rudimentäre Version hat Mozilla jetzt in der aktuellen Version integriert, man will darauf weiter aufbauen. Ein längst überfälliger Schritt.
Der komplette Neustart fällt aus
Der Plan, den Browser komplett neu zu erfinden, wurde indes wieder gekippt. Unter dem Namen "Tofino" hatte Mozilla ab April damit experimentiert, das Interface und die Benutzerführung seines Browsers von Grund auf neu zu erfinden und an die geänderten Bedürfnisse eines immer mehr von Bildern und Videos dominierten Internet anzupassen. Das Ergebnis war etwas ernüchternd, berichtet der Projektleiter in einem abschließenden Blog-Post. Die Nutzer waren mit den vielen Neuerungen schlicht überfordert - und wollten das alte Interface zurück. Daraus gelernt hat man aber trotzdem, die Gruppe arbeitet aktuell daran, zumindest einige der Änderungen in den klassischen Firefox zu übertragen.
Damit wählt man die sichere Variante, der komplette Neustart fällt aus. Ob er den Firefox tatsächlich wieder auf den ersten Platz gebracht hätte, sei einmal dahingestellt. Sicher ist aber: Jahre später mit längst überfälligen Features nachzuziehen, mag etwas Boden gutmachen, die Herzen der Nutzer gewinnt man so nicht zurück. Ein bisschen mehr Mut könnte dem Firefox gut tun.