NEULICH IM NETZ T-ramatisch: der helle Wahnsinn

Die Aktie der Deutschen Telekom durchbricht im Sturzflug alle Negativmarken. Jetzt bringt die T-Aktie nicht einmal mehr zehn Euro.

Die Aktie der Deutschen Telekom durchbricht im Sturzflug alle Negativmarken. Jetzt bringt die T-Aktie kaum noch zehn Euro.

1996: Die Republik geht zur Börse. Gekauft wird alles, Hauptsache Internet - oder wie das Tier mit dem Rüssel heißt. Mit Tamtam im XXL-Format kündigt Ron Sommer die Einführung der T-Aktie an. Die Werbeaktion kostet rund 50 Millionen Euro. Als Rattenfänger gewinnt T-Chef Sommer Krug - und zwar Manfred alias Liebling Kreuzberg (selig). Krug lügt oder lügt nicht, dass sich die Balken biegen. »Der helle Wahnsinn, was die Telekom alles drauf hat.« Millionen von Bundesbürgern gehen dem T-rommler auf den Leim, vergessen allen Ärger vom letzten Telefonummelden und flehen um T-Aktien. Am Tag der Einführung, dem 18. November, steigt der Kurs innerhalb weniger Stunden um fast 20 Prozent. Deutschland flippt aus.

Wer ganz oben ist, kann tief fallen

2000: Und sie steigt und steigt. Am 6. März ist sie ganz oben: 103,50 Euro. Gegenüber dem Ausgabekurs von 1996 hatte sich der Wert etwa versiebenfacht. Nichts scheint sie aufhalten zu können. Ein Irrtum. Denn wenige Tage später bricht der internationale Aktienmarkt zusammen. Während Tausende von dot.coms in den Abgrund gerissen werden, kann sich die T-Aktie noch halten. Doch die neue Richtung ist klar. Ab jetzt geht es talwärts.

2001: Ron Sommer hat den Schuldigen für die Talfahrt entdeckt: die Medien. Am 21. Februar fällt die Aktie unter 25 Euro. Auch die Aktionäre haben einen Schuldigen gefunden: Ron Sommer. In der Folge gibt es mehrere Klagen gegen die Telekom und ihren Vorsitzenden. Als die Deutsche Bank im August ein riesiges Bündel T-Aktie verschleudert, sackt das Papier wie ein aus den Tauen gerissener Fahrstuhl in die Tiefe und verkeilt sich bei weniger als 20 Euro. Doch da geht noch was. Am 10. September fällt die Aktie unter ihren ursprünglichen Ausgabewert.

Es geht aufwärts - um ein paar Cents

2002: Für den kleinen Katastrophenhunger zwischendurch legt die Telekom ihre Bilanz vor. Im Geschäftsjahr 2001 gab es ein Minus von 3,5 Milliarden Euro. Peanuts gegen das durch die T-Aktie vernichtete Börsenkapital von rund 350 Milliarden Euro. Am 14. Juni sackt das Papier auf das neue Rekordtief von weniger als zehn Euro. Immerhin: Schon im Jahr zuvor hatte Sommer eingeräumt, dass die Kursentwicklung »absolut unbefriedigend« sei. Das könnte man Weitblick nennen. Oder auch nicht. Am Montagmorgen hangelte sich die T-Aktie wieder ein paar Cent hoch. Wenn das nichts ist.

Thomas Hirschbiegel

PRODUKTE & TIPPS

Mehr zum Thema