Video-Communities Sprungbrett für No-Names

Das eigene Musikvideo im Fernsehen sehen - wahrscheinlich ein Traum für viele Bands. Für die meisten wird diese Vorstellung nicht in Erfüllung gehen. Eine Alternative ist das Internet.

Im Netz lässt sich der Wunsch nach Selbstdarstellung mit selbst gedrehten Filmchen leicht erfüllen. "Das Internet wird da immer mehr eine Konkurrenz zum Fernsehen", ist sich Ole Seelenmeyer, Sprecher vom Deutschen Rock und Pop Musikerverband (DRMV) in Lüneburg, sicher. Auf Videoportalen wie "Youtube.com" und "Clipfish.de" können Internetnutzer in der Kategorie Musik unter tausenden Videos ihre Favoriten auswählen. Und anders als auf Musiksendern, haben dort auch weniger massentaugliche oder bisher unbekannte Musiker die Möglichkeit, sich einem großen Publikum zu präsentieren.

"Im Internet kann jeder etwas Passendes finden"

Neben den großen Videoportalen gibt es allerdings immer mehr Webseiten, die ausschließlich Musikvideos zusammentragen. So lassen sich beispielsweise auf der Seite "Findvideos.com" auch Links zu Videos international bekannter Künstler finden. Die Internetseite "Musiker-online.tv" des DRMV legt ihr Augenmerk hingegen auf deutsche Bands, die sich dort mit professionell aufbereiteten Videos präsentieren können. Bei einer solchen Vielfalt steht für Ole Seelenmeyer fest: "Im Internet kann jeder etwas Passendes finden."

Auch die Bands können von den neuen Möglichkeiten profitieren: "Das Internet kann ein Sprungbrett sein", sagt Seelenmeyer. Er weist auf Bands hin, die allein durch das Internet bekannt geworden sind. So habe es beispielsweise die britische Band Arctic Monkeys geschafft, durch die Veröffentlichung von Videos im Internet ihre Fangemeinde zu vergrößern. Anfang 2006 haben die Briten ihr erstes Album herausgebracht.

Hype übers Netz

Diese "virtuelle Mundpropaganda", wie Seelenmeyer es nennt, möchten auch "Die Querschläger" aus Gelsenkirchen für sich nutzen. Vor etwa einem halben Jahr haben die vier Musiker ihr erstes Video online gestellt. Zunächst nur auf die eigene Homepage. Es folgten öffentliche Videoportale wie "Youtube.com" und "Clipfish.de".

Schon kurz danach waren die ersten Auswirkungen zu spüren. "Die Besucherzahl unserer Homepage stieg an und wir bekamen häufiger Anfragen zu Konzertterminen", fasst Bandmitglied Christof Grossheim zusammen. "Jetzt machen wir fast nichts mehr ohne Kamera". Denn durch die Aufnahmen ließen sich nicht nur neue Musikbegeisterte anlocken, auch die bestehende Fangemeinde schaue sich die Videos gerne an.

Zwar sei das Internet bisher vor allem für unbekannte Künstler eine Option gewesen, die selbst gedrehten Filme zu veröffentlichen. Inzwischen wird das Internet laut Ole Seelenmeyer vom DRMV jedoch auch verstärkt dazu genutzt, professionell produzierte Videos der Hörerschaft zu präsentieren.

Optik und Akustik müssen stimmen

Seelenmeyer rät den Musikern deshalb ihre Filme so professionell wie möglich zu drehen: "Die Bands sollten sich nicht nur für 2000 Euro eine Gitarre kaufen, sondern auch eine Videokamera für 2000 Euro". Und damit nicht nur die Optik, sondern auch die Akustik stimmt, empfiehlt Seelenmeyer, den Film im Studio nachzusynchronisieren. Diese Methode sei wesentlich einfacher und billiger als ein Live-Mitschnitt.

Damit auch die Musikfans im Zweifel billiger davon kommen, sollten sie möglichst keine Videos einer Band ungefragt ins Internet stellen. "Besonders bei professionellen Musikern ist Vorsicht geboten", sagt Petra von Rhein, Juristin bei der Verbraucherzentrale Bayern in München. Aus urheberrechtlicher Sicht könne es von Seiten der Musiker sonst schnell zu hohen Schadensersatzansprüchen kommen. Auch wenn es sich um wenig bekannte Künstler handelt, sollten diese vor der Veröffentlichung gefragt werden.

Die Querschläger werden wohl weitere Videos ins Netz stellen. Wenn es trotzdem mit dem großen Erfolg nicht klappen sollte, kann Christof Grossheim dem Versuch etwas Positives abgewinnen: "Wir hatten auf jeden Fall viel Spaß bei der Videoproduktion."

DPA
DPA

PRODUKTE & TIPPS