Gestern vor zehn Jahren enthüllte Apple-Chef Steve Jobs das iPhone und veränderte die Geschichte des Computers. Tony Fadell hatte zu diesem Zeitpunkt bereits zweieinhalb Jahre in Apples erstes Smartphone investiert - und dabei fast seinen Job verloren. In einem Interview mit der "BBC" hatte der ehemalige Chef der iPod-Sparte spannende Details aus der geheimen Entwicklung des iPhone parat.
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Der iPhone-Prototyp in der Sitzspalte
Fadell, der als "einer der Väter des iPods" bezeichnet wird, arbeitete von 2001 bis 2008 bei Apple und leitete bis zu seinem Ausscheiden zwei Jahre lang die iPod-Sparte. Und so kam es, dass auch Steve Jobs Idee, aus dem MP3-Player ein Telefon zu bauen, unter seine Verantwortung fiel. Natürlich fand alles unter höchster Geheimhaltung statt. "Steve hatte mir explizit gesagt, er würde jeden feuern, der der Welt verriet, an was wir arbeiten", erzählte Fadell.
Und ausgerechnet er selbst hätte es beinahe vermasselt. Als er mit einem Prototyp des iPhone in der Tasche einen Flug antrat, fiel ihm erst nach Verlassen des Flugzeuges auf, dass die Taschen leer waren. "Ich ging im Kopf jedes Szenario durch, was nun passieren konnte." Und keines hatte ein gutes Ende. Zum Schluss tauchte das Gerät doch wieder auf - obwohl keiner der Suchenden wissen durfte, worum es eigentlich ging. Der wertvolle Prototyp war schlicht in die Sitzspalte gerutscht. Und Fadell konnte seinen Job behalten.
Smarter iPod statt Mini-Computer
Bis zu dem Prototyp war es aber ein weiter Weg. Aus dem extrem erfolgreichen iPod war zunächst ein Video- und irgendwann auch ein Spielgerät geworden. "Wir dachten uns: Moment mal, es gibt bald mobile Datennetze. Wir sollten es vielleicht als allgemein benutzbares Gerät betrachten." Statt wie Microsoft einen Computer schrumpfen zu wollen, versuchte man, vom iPod her zu denken.
Ein Hit wären sicher nicht alle Varianten des Gerätes geworden: Ein früher Prototyp hatte zwar einen Touchscreen, darauf drehte man aber eine virtuelle Version des bekannten Click Wheel, mit dem der iPod gesteuert wurde. "Eine Variante erinnerte an ein Wählscheibentelefon. Wir verwarfen die Idee wieder, weil es viel zu kompliziert zu bedienen war."
Touchscreens und Industriespionage
Der Touchscreen war trotzdem das Geheimnis des Erfolges. Ursprünglich wollte Apple welche für den Mac entwickeln. "Er war so groß wie ein Tischtennis-Tisch. Steve zeigte ihn mir und sagte 'Ich möchte, dass du das in einen iPod packst'", erinnert sich Fadell. Trotz Einwänden, dass die Umsetzung zeitintensiv und teuer werden würde, bestand Jobs darauf, weiterzumachen. Eine Entscheidung, die die Technik-Welt verändern sollte.
Weil Apple bei seinem ersten Telefon keine eigene Expertise vorweisen konnte, reiste Fadell um die Welt, um Ratschlag von Experten einzuholen. Ein Plan, der nicht nur Vorteile brachte. Der Besuch eines Herstellers im schwedischen Malmö hatte etwa ein unschönes Ende. "Sie wussten, wir bauen ein Telefon. Wir fragten, wo man etwas essen könnte und bekamen ein Lokal empfohlen. Weil wir müde waren, dauerte das Essen dort nur 20 oder 30 Minuten. Als wir wiederkamen, war absolut alles aus dem Auto verschwunden. Wir sind hundertprozentig sicher, dass es Industriespionage war." Wichtige Geheimnisse konnte der Konkurrent aber wohl nicht erbeuten.
Selbst Jobs wusste nicht alles
Wichtige Streits gab es aber auch innerhalb des Teams. Ein Teil bestand auf einer physischen Tastatur wie bei den damals wichtigsten Smartphones aus dem Hause Blackberry. "Der Streit hielt gute vier Monate an, eine unschöne Situation." Jobs war vom Touchscreen überzeugt - und zog einen klaren Schlussstrich. "Bis ihr nicht unserer Meinung seid, braucht ihr nicht mehr in diesen Raum zu kommen", sagte er nach Fadell zu den Tastatur-Anhängern. "Wenn ihr nicht Teil des Teams sein wollt, dann seid nicht Teil des Teams." Einer musste danach noch mal den Raum verlassen, dann war das Thema beerdigt.
Auch bei der Frage der Stiftbedienung hatte Jobs eine klare Vorstellung: Alles sollte mit dem Finger getan werden. Trotz der Multitouch-Bedienung mit mehreren Fingern sorgte Fadell hinter Jobs Rücken dafür, dass Stifte nutzbar blieben. "Wir wussten, es war das Richtige", erklärt er. "Irgendwann würde der Punkt kommen, an dem man einen Stylus braucht." Dabei riskierte er durchaus seinen Job. "Wir taten das ohne sein Wissen, im Hintergrund. Er hätte mir den Kopf abgerissen, wenn er davon erfahren hätte."
Fadell wusste: Jobs hätte im Nachhinein nichts gegen die Entscheidung - solange ihm der Erfolg recht geben sollte. "Es war dasselbe, als wir den iPod mit dem PC kompatibel machten." Apples MP3-Player lief am Anfang nur mit Macs, Jobs wollte es unbedingt dabei lassen. Dann stagnierten die Verkäufe. "Und wir sagten, 'Oh, daran haben wir übrigens heimlich gearbeitet.'" Beim Stift sollte Fadell ebenfalls recht behalten, allerdings erst viele Jahre später. 2015 stellte Tim Cook zusammen mit dem iPad Pro den Bedienstift Apple Pen vor. Jobs war bereits vier Jahre vorher gestorben.
