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Photovoltaik Private Solaranlagen – so versackt die Energiewende in der deutschen Bürokratie

Viele wünschen sich Solarenergie - aber es wird ihnen nicht leicht gemacht.
Viele wünschen sich Solarenergie - aber es wird ihnen nicht leicht gemacht.
© Getty Images
Solar boomt – für private Immobilienbesitzer ist es die einfachste Möglichkeit, regenerative Energie zu nutzen, und Solar wird durch die Preisexplosion beim Netzstrom immer attraktiver – doch leider stößt die Nachfrage auf bürokratische Hemmnisse. 

Bei einem Neubau oder einer Haussanierung spricht nichts gegen eine Solaranlage. Der Strom zum Eigenbedarf ist weitgehend von Abgaben befreit und der Preisverfall von Solarpanels und auch von Stromspeichern macht die Eigenproduktion von Elektrizität rentabel. Politisch sind die Anlagen erwünscht, tatsächlich erschwert eine unnötige Bürokratie die Einrichtung, das beklagt Markus Meyer, der bei Enpal für Energiepolitik zuständig ist. Enpal vertreibt bundesweit Solaranlagen in einem Rundum-Sorglos-Paket mit einem Mietmodell. Die Idee, eine Solaranlage mit 0 Euro Anschaffungskosten zu beschaffen, lockt viele Kunden. Sie müssen kein Erspartes einsetzen und nicht mit der Bank nach der Hausfinanzierung nun auch noch über einen Solarkredit verhandeln. 

Genehmigung für Solaranlagen

Doch so einfach Investition und Installation auch gestaltet sind, die Probleme fangen bei den Genehmigungen an. Jede Anlage muss beim zuständigen Netzbetreiber angemeldet werden. Davon gibt es rund 900 in Deutschland und es gibt keine einheitlichen Anforderungen – geschweige denn ein Portal, bei dem man seinen Antrag bundesweit stellen könnte. Firmen wie Enpal müssen sich daher mit 900 verschiedenen Versorgern herumplagen. Der Einzelkunde muss damit leben, dass er keine verbindliche Anleitung finden wird, die ihm bei seinem Antrag hilft. Und einen Antrag stellen heißt nicht, dass er sofort bearbeitet wird. "Was die schnelle Installation blockiert, sind die unterschiedlichen Bearbeitungszeiten der Netzbetreiber, die wir natürlich nicht beeinflussen können", sagt Markus Meyer.

Lange Wartezeiten für Solaranlagen

Für die Kunden sei das frustrierend. Viele entscheiden sich im Juli oder August, wenn draußen die Sonne scheint für eine Solaranlage. "Unter Umständen haben manche dann das Pech, dass sie in dem Gebiet eines Netzbetreibers sind, der gerade lange braucht und sie erst im November oder Dezember die Solaranlage tatsächlich anschalten dürfen", so Meyer. Die Prozesse selbst sind nicht einheitlich und auch noch weitgehend manuell. "Da sitzen häufig Sachbearbeiter und gucken sich PDF-Formulare an und übertragen die Daten dann von Hand in das System."

Die jetzigen ärgerlichen Wartezeiten werden sich weiter verlängern, denn die Zahl derer, die eine Solaranlage aufbauen, wird sich massiv vergrößern. Bei Neubauten ist ein Anteil an regenerativer Energie in einigen Bundesländern inzwischen vorgeschrieben und die derzeitigen Preiserhöhungen für den Netzstrom macht eine Eigenproduktion der Elektrizität immer attraktiver.

Den an sich wünschenswerten Ansturm kann aber die bestehende Struktur nicht verarbeiten. Der Kunde ist dabei weitgehend rechtlos gegenüber den Netzbetreibern. Er soll und will die Energiewende voranbringen, hat aber keinen Anspruch darauf, dass seine Anlage in einer bestimmten Frist angeschlossen wird. Und das ist nicht nur eine Frage des Abwartens. Es ist möglich, dass eine Anlage gar nicht so genehmigt wird wie gewünscht. "Es kann auch Einzelfälle geben, dass der Netzbetreiber sagt: 'Lieber Kunde, sorry, das ist jetzt deine zweite Wallbox. So viel Kapazität habe ich hier gar nicht, das geht im Moment leider nicht.'"

Betreiber können das Problem aussitzen 

"Ärgerlich ist, dass keine Folgen für den Netzbetreiber vorgesehen sind, der kann das einfach aussitzen," so Meyer. "Wir brauchen jetzt das Recht des Kunden auf einen Anschluss, eine klare Frist und Sanktionen."

Potenzial ist vorhanden. In Deutschland gibt es etwa 16 Millionen Einfamilienhäuser und bei den meisten würde sich die Installation einer Solaranlage lohnen. Es sind aber nicht die Netzbetreiber allein, weitere überbordende Vorschriften hemmen die Entwicklung. Denn auch dann, wenn der Eigenstrom weitgehend abgabenfrei ist, muss man doch Ertragssteuer und unter Umständen Umsatzsteuer zahlen. Der Aufwand ist immer gleich hoch, auch wenn es nur um kleine Beträge geht. Die Grenze zur Freistellung bei der Ertragssteuer liegt derzeit bei 10 KW Kapazität, doch das reicht heute häufig nicht aus. Gerade weil die Technik immer preiswerter wird, lohnt es sich, in größere Anlagen zu installieren, denn mit ihnen kann man auch dann noch Strom ernten, wenn der Himmel nicht strahlend blau leuchtet. "Da könnte der Gesetzgeber von heute auf morgen schnell Abhilfe schaffen, indem er die Größe von jetzt 10 KW auf 30 KW anhebt, damit wäre viel geholfen." 

Tücke im Detail

Dazu kommt eine Reihe schlichter Absurditäten. Etwa, dass ein Ehepaar so eine Anlage theoretisch nicht gemeinsam anmelden kann, wenn der Stromanschluss auf eine Person läuft. Ein weiterer Punkt ist auch, dass die Abgabenbefreiung für Kleinanlagen an zahlreiche praxisfremde Auflagen gebunden ist. Zwei Nachbarn in einem Doppelhaus können als Privatpersonen nicht eine gemeinsame Anlage betreiben. Nachbarschaftsgemeinschaften, bei der sich mehrere Parteien zu einer eG oder GbR zusammenschließen, würden die private Energiewende deutlich voranbringen. Dann könnten sie den Solarstrom nutzen, indem die Besitzer von Reihenhäusern zum Beispiel ihre Parkzone mit einer gemeinsamen Anlage überdachen. "Dann werden sie zum Stromlieferanten, müssen Meldepflichten einhalten und werden so behandelt, als wären sie eine Firma wie E.ON."

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