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Bundes-Marine Pannen, Kosten, Verzögerungen - Problemfregatte F125 "Baden Württemberg" endlich übergeben

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150 Meter Länge. 7000 Tonnen Gewicht. Die Fregatte "Baden-Württemberg" ist das größte Kampfschiff, das Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg bauen ließ.

Zusammen mit drei weiteren Modellen der F125-Klasse soll sie acht alte Fregatten der Marine ersetzen. Hauptaufgaben des 750-Millionen-Euro-Schiffs: Seeraumüberwachung, Unterstützung von Spezialkräften und der Beschuss von Landzielen. Dabei kommt die "Baden-Württemberg" mit einer halb so großen Besatzung aus wie ihre Vorgänger. 120 Soldaten sollen pro Schiff zeitgleich im Einsatz sein. Ausgestatt ist die Fregatte mit fünf Maschinengewehren, zwei Nahbereichsflugabwehrsystemen und einem 127mm-Marinegeschütz. Gebaut wurde das Schiff in Kiel und Bremen. Ab Sommer soll es dann mit bis zu 28 Knoten über die Weltmeere schippern.







Als Superfregatte wurde die F125 angekündigt, dann wurde sie wegen beispielloser Mängel an die Hersteller zurückgegeben. Nun hat die Marine das übergewichtige Schiff doch noch abgenommen.

Die gute Nachricht: Die Fregatte "Baden Württemberg" wurde an die Marine übergeben und geht in den Dienst. Bisher ist die F125 allerdings nur in den Bereichen "Pleiten und Pannen" aufgefallen. Nicht nur, dass die Fregatte mit vier Jahren Verspätung geliefert wird, eine echte Einsatzbereitschaft wird das Schiff erst nach 2020 erreichen.

Als die "Baden Württemberg" – das erste von vier Schiffen dieser Klasse – im Jahr 2017 getestet wurde, zeigten sich so viele Mängel, dass die Fregatte an die Hersteller zurückgegeben wurde.

Lesen Sie hierzu: Der Marine reicht es - deutsche Problemfregatte geht zurück an die Werft

Gravierende Mängel

Neben kleineren Problemen, wie sie jedem Projekt dieser Größenordnung eigen sind, hat die F125 zwei gravierende Problemzonen. Das eine ist ihr Übergewicht, die Fregatte ist zu schwer geworden und das Gewicht war zudem ungleich verteilt. Das Schiff lag nicht sauber im Wasser. Übergewicht ist bei Schiffen eine Todsünde, denn es lässt sich kaum kurieren. Vor allem aber bedeutet es eins: Wenn die F125 schon bei Indienststellung über keine Gewichtsreserven besitzt, werden spätere Modernisierungen und Umbauten sehr viel aufwendiger, weil für jedes neu an Bord kommenden Teil bei bestehenden Systemen zunächst Gewicht eingespart werden muss. Das zweite Hauptproblem sind Mängel in der fortgeschrittenen Elektronik des Schiffes.

Ganz beseitigt wurden diese Mängel bislang nicht. Sie werden weiter abgearbeitet.

Schiff für eine Aufgabe aus der Vergangenheit

Doch neben den technischen Mängeln gibt es ein weiteres Problem: Die Welt ist an der F125 vorbeigezogen. Mun wo sie mit deutlicher Verspätung fertig wird, ist das Schiff seltsam aus der Zeit gefallen. Die "Baden Württemberg" wurde für einen speziellen Zweck hin konstruiert: Sie soll fern des Heimathafens sehr lange Patrouilleneinsätze absolvieren. Das Schiff kann zwei Jahre ohne Werftaufenthalt im Einsatz bleiben. Gedacht wurde dabei an Einsätze wie die gegen Piraten am Horn von Afrika. Eine Fregatte soll daher zwei komplette Besatzungen erhalten. Die Mannschaft kann so während des Einsatzes rotieren. Technisch ist der Bau eines solchen Schiffes eine Meisterleistung. Allerdings muss sich erst zeigen, ob das Schiff die versprochenen Eigenschaften im Praxiseinsatz einlösen kann. Unklar ist auch, ob und wann die Marine über so viele Spezialisten verfügt, dass sie tatsächlich eine zweite Besatzung pro Schiff stellen kann.

Putin statt Piraten

Konzipiert als Super-Patrouillen-Boot wurde davon ausgegangen, dass mögliche Gegner nur leicht und altmodisch bewaffnet sind – so wie die somalischen Piraten. Doch während an der "Baden-Württemberg" gearbeitet wurde, hat sich die politische Lage verändert. Somalische Piraten tauchen schon seit Jahren nicht mehr in den Nachrichten auf. Heute wird die Sicherheitsdebatte von der Konfrontation zwischen Russland und den Nato-Staaten und dem schnellen Aufbau der chinesischen Marine bestimmt. Auf diese Herausforderungen haben die Fregatten der "Baden Württemberg"-Klasse keine Antwort. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Schiffe alsbald entsprechend umgerüstet werden müssen - soweit es die Gewichtsprobleme zulassen.

Bei der ersten Fahrt mit dem Schiff sagte der Marine-Typenbeauftragte Christoph Mecke dem Fach-Blog "Augen geradeaus" rundheraus, heute würde die Marine eine Fregatte in der Konzeption der F125 nicht mehr in Auftrag geben. In der NATO wünscht man sich kampfstarke Einheiten. Mecke damals: "Das nächste Schiff wird ein Warfighter."

Die "Baden Württemberg"-Klasse

Die Fregatten des Typs messen etwa 150 Meter Länge und 19 Meter Breite. An Bord befinden sich 120 Mann Besatzung. Generell gilt: je weniger Besatzung, umso moderner das Boot. Die Personalkosten sind ein großer Kostenblock, außerdem benötigen mehr Menschen auch mehr Raum an Bord - Raum, den sie dem wichtigen technischen Gerät wegnehmen. An Bord befinden sich vier Einsatzboote und zwei Hubschrauber vom Typ Sea Lynx. Die Bewaffnung besteht aus einem 127-Millimeter Marinegeschütz Oto Melara. Derzeit hat das 127-Millimeter-Geschütz eine Reichweite von 30 Kilometern. Es ist geplant, das Geschütz mit gelenkter Munition mit einer Reichweite von über 80 Kilometern auszustatten. Die USA scheiterten allerdings daran, diese Art von Munition zu bezahlbaren Preisen für die USS Zumvalt zu beschaffen

Dazu kommen zwei Maschinenkanonen vom Kaliber 27 Millimeter sowie Maschinengewehre. Noch eindrucksvoller sind die acht Anti-Schiff-Raketen vom Typ RGM-84 Harpoon. Gegen angreifende Raketen kann die Fregatte zwei Starterbatterien mit Abwehrraketen vom Typ RIM-116 Rolling Airframe Missile einsetzen. Die F125 verfügt allerdings über keine Luftabwehrsysteme mittlerer beziehungsweise großer Reichweite und auch nicht über Waffen, um U-Boote anzugreifen. Die Kosten der leichtbewaffneten Fregatte haben inzwischen fast das Preisschild des chinesischen Raketen-Zerstörers vom Typ 055 erreicht. Typ 055 verfügt über 112 Startzellen für weitreichende Marschflugkörper, Seezielflugkörper und Anti-U-Boot-Raketen, dazu kommt noch ein Starter für 24 Flugabwehrraketen. Ein echter "Warfighter".

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