Während des Vietnam-Kriegs, der 1975 zu Ende ging, brauchte der Filmbericht eines Korrespondenten noch 36 bis 72 Stunden bis in die TV-Nachrichtensendungen. Heute flimmern Bilder vom Kriegsgeschehen auch aus entlegenen Regionen live über die Fernsehschirme, übertragen mit modernen Bildtelefonen, so genannten Videophones.
Übertragung in Echtzeit
Spätestens seit dem Angriff der Alliierten auf das Taliban-Regime in Afghanistan Ende 2001 sind Fernsehzuschauer in aller Welt mit den leicht unscharfen, etwas wackeligen Bildern vertraut. Der Ton hinkt ein wenig hinter den Mundbewegungen des Reporters her, die Bewegungen wirken etwas verschwommen, aber die Übertragung in Echtzeit vermittelt Authentizität.
Drei Komponenten
Weil kein Studio und keine fest installierte Fernsehkamera benötigt wird, sind die Videophones praktisch überall einsetzbar. Drei Komponenten braucht der Reporter, um seine Berichte zu übermitteln: eine digitale Videokamera, wie man sie auch im Laden kaufen kann, einen Coder, der das Kamerasignal für den Satellitenkanal aufbereitet, und ein Satellitentelefon.
Technische Möglichkeiten
Bei RTL schildert man die gegenwärtigen Möglichkeiten, etwa aus Bagdad zu berichten, so: Zum einen ist da immer noch die Korrespondentin Antonia Rados, die vor der professionellen TV-Kamera ihren Beitrag spricht. Dieser Bericht kommt in bester Studioqualität beim Sender an. Dann gibt es das "store and forward"-System, bei dem ein Beitrag auf dem Computer gespeichert und später mit hoher Geschwindigkeit überspielt wird. Dadurch werde die Qualität im Vergleich zur Live-Übertragung gesteigert. Und schließlich ist da die Originalüberspielung mit dem Videophone.
Militär-Kontrolle
Da die Journalisten aus jedem Winkel des Landes ihre Beiträge absetzen können, achtet das Militär genau darauf, dass nur gesendet wird, was nicht die eigenen Ziele gefährdet. Bei n-tv heißt es beispielsweise: "Die Videophones sind eine unserer Quellen, und letzten Endes entscheidet das Militär darüber, was übermittelt werden darf. Entsprechend kennzeichnen wir die Beiträge."
Nicht live auf Sendung
Auch das ZDF hat mehrere Videophones im Irak im Einsatz, nutzt aber derzeit nur eines im Nordirak. "Wir gehen jedoch nicht damit live auf Sendung", betont Elmar Thevesen, Chef vom Dienst Aktuelles. Das gleiche gelte für Videophone-Aufnahmen, die von den Sendern El Dschasira oder NBC zur Verfügung gestellt werden. Erst werde das Material geprüft, dann über die Ausstrahlung entschieden.
Neue Formen der Berichterstattung
Nach Ansicht des Politologen Ulrich Sarcinelli von der Universität Koblenz-Landau bewirken die Videophones historisch noch nie da gewesene Formen von Kriegsberichten, wenn so genannte eingebettete Journalisten im Gleichschritt mit den Militärs marschieren und live von der Front berichten. Dabei werde die Technik zu einem "ambivalenten Instrumentarium: Die Strategie, Journalisten einzubetten, ist nur durch die moderne Digital- und Satellitentechnik möglich - aber über diese Technik verfügen auch die anderen". So werde die Kriegsführung in Zeiten von High Tech immer mehr davon bestimmt, "dass die militärische Lufthoheit leichter zu sichern ist als jede Art von Informationsmonopol".