Die Streaming-Box Apple TV war für Apple lange Zeit nichts weiter als ein Hobby. Das sagte nicht irgendein Analyst, sondern Firmengründer Steve Jobs höchstpersönlich. Neben iPhone und iPad schien lange Zeit nicht genügend Platz zu sein. Das schien sich 2015 zu ändern: Mit dem runderneuerten Apple TV 4 wollte der Konzern nach der Hosentasche auch die Wohnzimmer erobern und Amazon mit seinen populären Fire-TV-Sticks Konkurrenz machen. Zwei Jahre später brachte dann eine 4K-taugliche Version die Box technisch auf Stand.
Nun, nach vier Jahren, legt Apple mit einem neuem Apple TV 4K nach. Allzu viel hat sich nicht geändert, das zeigt allein der Name, der identisch ist mit dem Vorgänger. Doch in den technischen Details gibt es einige spannendere Neuerungen. Fragt sich bloß: Wer ist eigentlich die Zielgruppe dieses Geräts? Unser Test verrät's.
Die wichtigsten Neuerungen im Überblick:
- schnellerer Prozessor
- überarbeitete Fernbedienung
- Wifi 6 und Thread an Bord
- HDMI 2.1 (Vorgänger: 2.0)
Einrichtung in wenigen Minuten
Optisch bleibt alles beim Alten: Das Apple TV 4K (2021) ist mattschwarz, handtellergroß und hat abgerundete Ecken. Da die Box ein Dasein unter dem Fernseher fristet, ist das Aussehen im Grunde aber auch egal. Angeschlossen ist sie im Handumdrehen: Stecker in die Steckdose, HDMI-Kabel in den Fernseher (welches trotz des hohen Preises von 199 Euro nicht im Lieferumfang enthalten ist) und los geht’s.
Wer bereits ein iPhone besitzt, kann bei der Einrichtung das Telefon in die Nähe des Apple TV halten, anschließend zieht sich die Box die Wlan-Einstellungen direkt aus dem Smartphone. Praktisch!
Endlich eine neue Fernbedienung
Die Siri Remote, die Apple jahrelang dem Apple TV beilegte, galt als eines der schlechtesten Produkte des Unternehmens. Zum einen waren die Knöpfe nicht intuitiv zu finden, zum anderen hielt man sie ständig verkehrt herum, weil man auf den ersten Blick oben von unten nicht unterscheiden konnte.
Nach sechs Jahren zog Apple nun die Reißleine und änderte das Design radikal, es erinnert nun ein wenig an einen iPod. Die neue Siri-Fernbedienung ist länger, dicker und hat eine etwas gewölbte Rückseite, wodurch sie besser in der Hand liegt. Auf der Oberseite findet sich statt eines riesigen Trackpads nun ein Kreis mit vier Richtungsbuttons und einer Touchpad-Taste in der Mitte, mit der man etwa durch Filme spulen kann. Der Fokus weg von Touch hin zu einer angenehmen Haptik ist begrüßenswert.
Die Fernbedienung besitzt keinen integrierten Bewegungssensor und Gyroskop mehr, weshalb sie sich nicht mehr als Controller verwenden lässt. Aber ganz ehrlich: Fast niemand dürfte mit der alten Fernbedienung gespielt haben, zumal sich das Apple TV mit einem Xbox- oder Playstation-Controller verbinden lässt.
Nettes Detail: Die Fernbedienung besteht zu 100 Prozent aus recyceltem Aluminium. Apple verwendet außerdem erneuerbare Energie für die Endmontage. Mehr zu den Umweltauswirkungen der Streaming-Box wird im Product Environmental Report aufgeschlüsselt
Ein neuer, alter Prozessor
Im Inneren taktet nun der A12-Chip, der bereits im iPhone XS steckte. Im Vorgänger war der A10X-Chip die Schaltzentrale. Das klingt nach einem großen Sprung, allerdings war bereits der "alte" Apple TV 4K so schnell, dass sich alles ohne spürbare Ruckler bedienen ließ. Am ehesten spürt man die höhere Performance noch bei Games, wobei hier der neue M1-Chip - der neben dem knallbunten iMac auch im aktuellen Macbook Air steckt - deutlich mehr Power geliefert hätte. Der A12-Cip fühlt sich deshalb ein wenig nach Kompromiss an.
Die höhere Rechenpower ermöglicht einen besseren Video-Decoder, der nun in der Lage ist, 4K-Filme mit 60fps - also 60 Bildern pro Sekunde - mit HDR abzuspielen. Beim vorherigen Apple TV war bei 4K und HDR bei 30 Bildern pro Sekunden Schluss. Diese Qualitätsstufe findet sich bislang allerdings nur in den wenigsten Streaming-Apps (etwa Red Bull TV). 8K-Auflösung wird nicht unterstützt, allerdings dürften sich die entsprechenden Fernseher ohnehin nur in sehr wenigen deutschen Wohnzimmern stehen.
Verbesserungen im Detail
Unter der Haube hat Apple viele Details verbessert. So besitzt das Apple TV 4K (2021) die neueste HDMI-2.1-Spezifikation zur Verbindung mit dem Fernseher. Dieser Standard ist bei modernen Fernsehern und Soundbars immer häufiger zu finden. Selbstverständlich ist er auch mit älteren Fernsehern kompatibel.
Die Unterstützung des HDMI Audio-Return-Channel (ARC) hat noch einen interessanten Nebeneffekt: Das Apple TV 4K kann damit zur Audiozentrale des eigenen Zuhause gemacht werden, wodurch damit gekoppelte HomePods nun auch den Sound von anderen Geräten - etwa der Playstation 5 oder der Nintendo Switch - wiedergeben. Und das sogar in Dolby-Atmos-Qualität. Umso merkwürdiger erscheint Apples vor Kurzem gefällte Entscheidung, die HomePods einzustellen. Dabei werden diese auf der Verpackung sogar als kompatibles Zubehör groß beworben. Mein Tipp: Die HomePods werden ein Comeback erleben.
Ebenfalls unterstützt wird Wifi 6. Besitzt man einen kompatiblen Router, sind so höhere Datenraten möglich. Der neue Smart-Home-Standard Thread ist ebenfalls an Bord (mehr dazu können Sie hier nachlesen).
Wozu braucht man ein Apple TV?
Beim neuen Apple TV 4K wurden die Stellschrauben an vielen Stellen optimiert. Es ist fraglos eine der besten Streamingboxen am Markt. Und eine der teuersten. Daher stellt sich die grundlegende Frage: Braucht man überhaupt eine Streaming-Box? Denn in vielen Fernsehern sind Apps wie Netflix, Amazon Prime Video oder TV Now bereits integriert. Hier kommt es auf das Modell an: Moderne Fernseher lassen sich meist ebenso komfortabel bedienen, hier kann man sich den Kauf einer Streaming-Box im Grunde sparen.
Anders sieht es für Besitzerinnen und Besitzer von älteren oder abgespeckten Modellen aus. Diese Geräte sind meist langsam oder leiden an chronischem App-Mangel. Die Klassiker wie Amazon oder Netflix werden zwar zum Download angeboten, doch längst nicht alle Anbieter am Markt sind verfügbar. Bei betagten Modellen sucht man etwa Dienste wie Twitch, Sky oder Disney+ vergebens. Wer seinen alten Fernseher behalten, ihn jedoch ins Jahr 2021 hieven möchte, kommt um eine Streaming-Box nicht herum.
Dann ist allerdings auch der deutlich günstigere Fire TV Stick von Amazon eine Option. Der kostet mit 40 Euro einen Bruchteil und unterstützt ebenfalls die wichtigsten Apps. Für die meisten Menschen dürfte er die vernünftigste Wahl sein. Für das Apple TV sollte man sich entscheiden, wenn man bereits andere Geräte des Herstellers besitzt und Dienste wie iCloud nutzt. So kann man mit der Box zwei Paar AirPods koppeln, um Zuhause auf dem großen Fernseher Blockbuster zu schauen, ohne die Nachbarn zu nerven. Oder das iPhone zur Fernbedienung umfunktionieren.
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