Ein Laptop besteht aus einem Bildschirm und einer Gehäusehälfte mit Technik, Tastatur, Akku und Trackpad. Meistens. Mit dem Lenovo Yoga Book 9i der achten Generation betritt der chinesische Hersteller ungewohntes Terrain und hat ein Gerät auf den Markt gebracht, das aus zwei Bildschirmen besteht, zusammengehalten von einem Lautsprecher – mehr nicht.
Auf den ersten Blick wirkt das zwar mutig, aber riecht schon nach Kompromissen. Mit dem mitgelieferten Zubehör wird aber ein Schuh draus. Mehr im folgenden Test.
Erst mit Zubehör wird das Lenovo Yoga Book 9i richtig gut
Im Paket des Lenovo Yoga Book 9i befinden sich neben dem Gerät ein Stift, eine Bluetooth-Tastatur, das Netzteil mit 65 Watt und der sogenannte Folio-Ständer. All das benötigt man, damit das Gerät sein volles Potential entfalten kann.
Denn "nackt" bietet das Lenovo Yoga Book 9i vor allem eine Menge Arbeitsfläche. Gleich zwei Monitore mit 13,3 Zoll und einer Auflösung von jeweils 2880x1800 Pixeln präsentieren sich beim Aufklappen – einer oben, einer unten. Die klassische Handablage mit Tastatur und Trackpad gibt es nicht.
Die Bildschirme sind technisch auf dem neuesten Stand – die hohe Auflösung, 60 Hertz Bildwiederholrate und eine maximale Helligkeit von 400 Nits im Normalbetrieb sind gängig für hochpreisige Arbeitstiere. Gamer könnten an dieser Stelle schon seufzen, dazu aber später mehr.
Im Inneren des Lenovo Yoga Book 9i arbeitet ein effizienter Intel Core-i7-Prozessor, Modell 1355U. Das "U" steht für "Ultra Low Voltage" und zeigt an, dass der Prozessor zwar keine Geschwindigkeitsrekorde bricht, aber dafür sehr energiesparend arbeitet. Ihm stehen 16 Gigabyte verlöteter Arbeitsspeicher und eine schnelle SSD mit 512 Gigabyte oder einem Terabyte zur Seite.
Der Akku bietet 80 Wattstunden, die Webcam am oberen Bildschirmrand arbeitet mit 5 Megapixeln. Das Scharnier arbeitet bei diesem Gerät gleichzeitig als Lautsprecher von Bowers & Wilkins. Das Gesamtgewicht beträgt 1,34 Kilo und die Verarbeitung des in Aluminium gefassten Rechners ist ohne jeden Makel – solange man es nicht berührt. Seitlich befinden sich drei USB-C-Anschlüsse und ein mechanischer Schalter für die Webcam. Einen Kopfhörer-Anschluss gibt es nicht.
Durchschnittliche Leistung für alltägliche Arbeiten
Rein technisch handelt es sich also um einen edlen Laptop für unterwegs, der nicht durch seine Leistung, sondern seine Effizienz und Laufleistung überzeugt. In der Praxis kommt das hin. Die meisten Aufgaben meistert der Lenovo Yoga Book 9i mit Bravour, die Laufzeit beträgt bei 80 Prozent Bildschirmhelligkeit etwa neun Stunden. Dank Schnellladefunktion kommt er auch wieder schnell zu Kräften.
In Benchmarks zeigt sich ein gesundes Mittelmaß. Im "PC Mark 10" schafft er 5746 Punkte, was etwa einem älteren Gaming-Rechner gleicht. Im Grafik-Test "3D Mark" bringt er es im "Time Spy"-Test auf 1661 Punkte, was etwa einem Drittel der Leistung gängiger Gaming-Laptops entspricht. In den synthetischen Tests bestätigt sich: Arbeit hui, Spiele pfui. Immerhin: Auch wenn der Rechner Leistung bringen muss, geht das Geräusch des eingebauten Lüfters nicht über ein wahrnehmbares leises Brummen hinaus.
Aktuelle Spiele kann der Rechner durchaus darstellen, hektische Spiele oder grafisch aufwändige Werke sind allerdings zu viel für die integrierte Intel-Grafikkarte. Besonders, wenn man die hohe Auflösung eines Bildschirms ausreizen will, verkommen die meisten Titel zur Diashow.
Eingabe per Bildschirm möglich, aber unangenehm
Theoretisch kann man den Lenovo Yoga Book 9i auch ohne jegliches Zubehör nutzen. Denn der untere Bildschirm lässt sich auf Wunsch in eine Tastatur samt Trackpad verwandeln, mit der man den oberen Teil wie gewohnt bedienen kann. Das funktionierte im Test einwandfrei, war dennoch nicht nur ungewohnt, sondern fast unangenehm. Zwar hat Lenovo der virtuellen Tastatur ein haptisches Feedback in Form von Vibrationen spendert, aber auf Glas zu tippen und zu wischen, fühlt sich unnatürlich und beinahe hinderlich an. Für den Notfall reicht es, aber ohne Maus und Tastatur macht dieser Rechner eigentlich keine besonders gute Figur.
Einzige Ausnahme ist der Tablet-Modus, wenn man die Bildschirme rückseitig zusammenklappt. Dann schaltet sich ein Display vollständig aus und das andere ist eine Art großes Tablet. Hier bedient man das System gewohnt per Touch-Eingaben, was einwandfrei funktioniert. Auch das Zeichnen mit dem Stift geht leicht von der Hand, ist jedoch weniger präzise als beispielsweise mit iPad und Apple Pencil.
Auftritt Zubehör: Lenovo legt dem Yoga Book 9i eine faltbare Halterung, einen Stift und eine Tastatur bei. Damit lässt sich das Gerät in unterschiedlichen Modi nutzen. Stellt man das Gerät aufgeklappt in die Halterung und klemmt an der unteren Seite die Tastatur an, erhält man einen 13,3-Zoll-Laptop mit zwei Bildschirmen übereinander. Das eröffnet zahlreiche Möglichkeiten, etwa beim Videoschnitt oder im Bereich Multitasking, zum Beispiel bei der Medienwiedergabe bei gleichzeitigem Spielen. Dreht man den Rechner um 90 Grad, erhält man zwei sehr hohe Bildschirme, mit denen sich beispielsweise Dokumente sehr gut bearbeiten lassen. Diese Flexibilität ist beachtlich.
Lenovo hätte dem Rechner allerdings unbedingt eine Maus beilegen sollen, denn die beschriebenen Szenarien sind nur dann wirklich toll, wenn man einen Mauszeiger hat und nicht ständig auf den Bildschirm grapschen muss, um Eingaben zu tätigen. Denn ein Trackpad hat die externe Tastatur leider nicht.
Dieser Modus hat noch einen Vorteil: Das Arbeiten auf dem höheren Bildschirm fühlt sich sehr natürlich an und schont gefühlt den Nacken, da man einen sehr geraden Blick auf das Geschehen hat und nicht hinunterschauen muss. Außerdem sind Videokonferenzen aus diesem Winkel sehr gut, denn man schaut gerade und ohne Doppelkinn in die Kamera.
Bei der Halterung handelt es sich um eine faltbare Lösung aus dünnem Material. Der Rechner liegt nur auf und wird nicht durch Magnete gehalten. Das macht sich beim Auf- und Zuklappen negativ bemerkbar, denn dann wackelt die ganze Konstruktion. Noch dramatischer ist das Anheben und Umstellen – man weiß nie so recht, wo man das Gebilde anfassen soll.
Tragetasche inklusive
Immerhin: Der Transport ist recht pfiffig. Während man das Lenovo Yoga Book 9i einfach zugeklappt ins Laptop-Fach gängiger Taschen steckt, werden Stift und Tastatur in die faltbare Halterung gepackt und fliegen nicht lose umher. Die Tastatur, anders als der Laptop, wird per Magnet gehalten.
Es gibt noch einen vierten Modus (bisher: nur Bildschirme, auf Halterung, als Tablet), in dem man das Lenovo Yoga Book 9i nutzen kann. Die externe Tastatur lässt sich auf den unteren Bildschirm legen und dort mit Magneten fixieren. Darunter erscheint dann ein Trackpad. Das ist der Modus, der einem herkömmlichen Gerät schon sehr nahekommt, sich aber dennoch etwas merkwürdig anfühlt. Aber: So lässt sich arbeiten, das ist unterwegs absolut okay.
Unglaublich aufdringliche Software
Das Lenovo Yoga Book 9i leistet sich aber, wie schon andere Modelle des Herstellers, einen wirklich großen Schwachpunkt: die Software. Es reicht nicht, dass Windows 11 Home ein oftmals nerviges und fast übergriffiges System ist, das besonders in der Anfangsphase nicht aufhören will, den Anwender mit nervigen Hinweisen und Aufforderungen zu stören. Lenovo schließt sich diesem Benachrichtigungs-Bombardement auch noch an.
Im Zuge der Einrichtung wird man erst gefragt, ob man gerne ein kostenpflichtiges McAfee-Abo hätte, um den Rechner sicher zu halten – obwohl bekannt ist, dass der eingebaute Windows Defender vollkommen ausreicht. Im Anschluss bittet Lenovo um die Entscheidung, ob man einen erweiterten Service kaufen möchte – und schlägt nonchalant einen Tarif in Höhe von 360 Euro für gleich mehrere Jahre vor. Danach soll man Amazon Music ausprobieren, ein Dropbox-Konto erstellen und am besten auch die Spiele-Bibliothek Legion Arena installieren.
Selbst wenn man alles ablehnt, nervt McAfee wenige Stunden später nochmal und zwei Verknüpfungen auf dem Desktop erinnern daran, dass Lenovo ein Service-Programm in petto hätte.
Das ist schlicht zu viel und nervt unglaublich. In Fachkreisen nennt man diese Art der Software "Bloatware" – und in keinem Szenario stehen die Anbieter in einem guten Licht da, wenn sich die Programme so aufdrängen.
Fazit: Perfekt für eine besondere Nische
Für sich genommen ist das Lenovo Yoga Book 9i der achten Generation ein tolles Gerät. Es ist qualitativ hochwertig, bietet viele Einsatzmöglichkeiten und ist, je nach Aufgabe, Geräten mit nur einem Bildschirm überlegen.
Die wenigsten würden an ihrem Desktop-PC, sofern die Wahl besteht, nur einen Monitor bevorzugen – das lässt sich durchaus auch auf mobile Rechner übertragen.
Aber: Nutzt man den Lenovo Yoga Book 9i nicht auf der Halterung und ohne externe Tastatur (und Maus!), muss man viele Kompromisse eingehen. Die Bildschirmtastatur ist nicht besonders angenehm zu benutzen, das Glas-Trackpad fühlt sich nicht so gut an und eine externe Tastatur auf dem Bildschirm wirkt trotz magnetischer Befestigung wie ein Fremdkörper.
Im Prinzip lohnt sich das Gerät also nur, wenn man es oft im sinnvollsten und einzigartigen Modus nutzt. Ist man eher traditioneller unterwegs, ist der hohe Preis von rund 2500 Euro in anderen Geräten besser angelegt.
Sollte man sich für den Kauf entscheiden, sollte man allerdings genug Zeit für die Einrichtung und das Löschen der vielen aufdringlichen Programme einplanen.
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