Die Note-Serie ist Samsungs Vorzeige-Smartphone. Und auch das neue Galaxy Note 9 bringt alles mit, was das Technik-Herz begehrt: ein riesiges Display, Top-Technik, starke Fotos und einen ewig lang haltender Akku. Und mit seinem S-Pen hat es sogar ein echtes Alleinstellungs-Merkmal. Nur eines ist es nicht: aufregend. Samsung hat mit Detailverbesserungen ein nahezu perfektes Smartphone gebaut. Und steht nun vor einem Dilemma.
Das Note 9 ist einfach zu sehr schon mal dagewesen. Das Design: Kennt man vom ebenfalls schon sehr schicken Note 8. Die abgerundeten Kanten liegen immer noch gut in der Hand, der Fingerabdruck-Sensor ist unter die Kamera gewandert, tatsächlich tatscht man nicht mehr ständig mit dem Finger darauf. Samsung hat hier auf Kritik reagiert, es ist aber nur Fein-Tuning. Ein spannendes, neues Design wie letztes Jahr beim Galaxy S8 oder dem iPhone X fehlt.
Tolles Bild, alter Look
Auch das 6,4 Zoll Riesendisplay kann eigentlich voll überzeugen. Es ist mit 2960 x 1440 Bildpunkten knackscharf, auch wenn diese Auflösung erst nach Umschalten im System zu sehen ist. In der Standardeinstellung werden aus Energiespargründen nur 2.220 x 1.080 Pixeln gezeigt. Immer zu sehen sind der beeindruckende Farbraum sowie die sehr gute Helligkeit und der hohe Kontrast. Wie bei jüngeren Samsung-Smartphones gewohnt, nimmt der Bildschirm fast die ganze Front ein, eine Aussparung ("Notch") wie beim iPhone X und den meisten aktuellen Android-Smartphones gibt es nicht. Der Nachteil: Es wirkt dadurch leicht altbacken. Feinde der Notch wird es aber sicher freuen.
Während Apple seit dem iPhone X seine Gesichtserkennung Face ID verbaut, setzt das Note 9 auf eine Kombination aus Front-Kamera und Iris-Scanner, es prüft also sowohl das Aussehen des Gesichts als auch die bei jedem Menschen unterschiedliche Iris. Das funktioniert tatsächlich sehr schnell. Im Alltag kann es aber nerven: Weil das Note beim Einschalten des Displays auch gleich die Erkennung startet, springt es meist gleich auf den Homescreen. Der Sperrbildschirm wird dann einfach ausgelassen - inklusive etwaiger Benachrichtigungen. Wer die wenigstens ab und zu sehen möchte, sollte lieber den Fingerabdruckscanner zum Entsperren nutzen.
Spitzenknipsen
Bei den Kameras spielt das Note ganz vorne mit. Die Technik ist dieselbe wie beim S9+, das Note 9 besitzt also ebenfalls eine mechanische Blende. Die kann je nach Bedarf zwischen f1,5 und f2,4 hin- und herwechseln und so bei schlechten Lichtverhältnissen trotzdem für ausreichend Licht einfangen. Bei Dämmerlicht fängt das Note 9 im Vergleich zu einem iPhone X tatsächlich deutlich hellere Bilder mit mehr Details ein. Das Note erkennt und zeigt dadurch auch mehr Farben, die Bilder wirken deshalb aber teilweise zu bunt. Das ist aber Jammern auf sehr hohem Niveau.
Auch bei Videos überzeugt das Note. Die Aufnahmen sind scharf und enorm flüssig. Dafür sorgt etwa der flotte Autofokus, der sehr schnell reagiert, wenn sich die Distanz der Bildobjekte verändert. Die Kameras des Note 9 gehören klar zu den besten Smartphone-Knipsen. Ein Wow-Effekt wie bei der Dreifach-Kamera des Mate 20 Pro und bei der Einführung der mechanischen Blende beim Galaxy S9+ fehlt aber.
Toptechnik ohne Wow
Technisch gibt es am Note 9 sonst nichts zu meckern, der Wow-Effekt bleibt aber aus: Mit dem selbstentwickelten Prozessor Exynos 9810 und 6 GB RAM hat es dieselbe Ausstattung wie das sehr potente Galaxy S9+, die Version mit 512 GB Speicher hat sogar 8 GB Arbeitsspeicher. Das sorgt für eine rasante Bedienung, selbst schwierigste Aufgaben bringen das Note 9 nicht zum Schwitzen. Das Dilemma: Für die meisten Nutzer ist es schlicht überdimensioniert. In den meisten Alltagsaufgaben ist das Plus an Leistung gegenüber dem Vorgänger kaum zu bemerken. Ein Problem, das Samsung mit den anderen Herstellern von Spitzensmartphones teilt.
Wirklich stark ist der Akku: Mit 4000 mAh ist das Note bestens bestückt, hält auch im Alltag in der Regel zwei Tage durch. Das bieten immer noch zu wenige Hersteller.
Ein echtes Alleinstellungsmerkmal hat der Note-Reihe ist der S-Pen getaufte Stift, der in der unteren, rechten Ecke verschwindet. Wie bei den Vorgängern funktionieren auch beim Galaxy Note 9 Notizen, Skizzen und die Bedienung wirklich erstklassig. Selbst auf dem abgeschalteten Display lassen sich so unkompliziert Gedanken niederschrieben und werden digital erfasst. Die neu hinzugekommenen Features fügen sich ebenfalls gut ein. So kann man mit dem Stift nun Präsentationen durchklicken oder die Kamera auslösen.
Fazit: Spitze - aber für den Preis nicht gut genug
Das Note 9 zeigt Samsungs Dilemma für seine Vorzeige-Serie: Es ist in jederlei Hinsicht ein extrem potentes Gerät und spielt ganz vorne mit. Echte Schwächen hat es keine, Samsung hat alle größeren Kritikpunkte der letzten Jahre nach und nach ausgebügelt. Gleichzeitig hat es aber ein wenig seine Daseinsberechtigung verloren. Groß sind mittlerweile viele Smartphones, das Note 9 ähnelt technisch und beim Design frappierend dem mittlerweile sechs Monate alten Galaxy S9+. Der tolle S-Pen ist ein echtes Alleinstellungsmerkmal, dürfte aber nur einer kleinen Nische als Kaufgrund ausreichen. Vor allem, wenn man den enorm hohen Preis ab 850 Euro bedenkt.
So kann man das Note 9 gleichzeitig als bestes Smartphone des Jahres sehen und eigentlich vom Kauf abraten. Den allermeisten Kunden dürfte das Galaxy S9+ (ab etwa 600 Euro) völlig ausreichen. Wer unbedingt den Stift braucht, darf aber zuschlagen. Auch wenn man sich überlegen sollte, ob der tatsächlich einen Aufpreis von knapp 250 Euro wert ist.
Pro | Kontra |
Extrem Leistungsfähig | Sehr hoher Preis |
Starkes Display | Keine echte Neuerung |
Tolle Fotos und Videos | |
S-Pen als Alleinstellungsmerkmal | |
Lange Laufzeit |
