Gammelfleisch-Anbieter sollen nach Willen von Bundesverbraucherschutzminister Horst Seehofer künftig öffentlich genannt werden dürfen. Die entsprechende Gesetzeslücke solle mit dem neuen Verbraucherinformationsgesetz geschlossen werden, sagte der CSU-Politiker der "Bild"-Zeitung. "Wer schlechtes Fleisch in Umlauf bringt, soll öffentlich genannt werden."
Außerdem forderte Seehofer, den Strafrahmen bei Verstößen gegen das Lebensmittelrecht voll auszuschöpfen. Im Sinne der Verbraucher sollten die Gerichte hier härter vorgehen. "Für Verstöße gegen das Lebensmittelrecht sind Gefängnisstrafen bis zu fünf Jahren möglich. Ich denke, dass die Gerichte hier im Sinne der Verbraucher sicherlich härter vorgehen könnten", sagte er. Auch sollten die Länder häufiger von der Möglichkeit gebrauch machen, gegen Gammelfleisch-Händler lebenslange Berufsverbote auszusprechen.
Mit diesen Forderungen verschärft sich der Konflikt Seehofers mit den Ländern. Ihre Zuständigkeit für das Lebensmittelrecht wirke sich verbraucherfeindlich aus, sagte Seehofer der "Süddeutschen Zeitung". Er forderte eine Mitwirkung des Bundes bei der Überprüfung von Lebensmittelkontrollen. Der Bundesminister kündigte an, er wolle ein einheitliches Lebensmittel-Kontrollsystem der Länder durchsetzen.
Der bayerische Umweltminister Werner Schnappauf (CSU) hingegen lehnt länderübergreifende Qualitätskontrollen mit Verweis auf den finanziellen und bürokratischen Aufwand ab. Seine Position würde auch von den zuständigen Ministern anderer Bundesländer geteilt, ließ Schnappauf mitteilen.
Sondersitzung der Verbraucherminister
Nach den Funden von Gammelfleisch bei zwei Großhändlern in Bayern wollen die Verbraucherminister von Bund und Ländern zu einer Sondersitzung zusammenkommen. Die Vorsitzende der Konferenz, die rheinland-pfälzische Verbraucherschutzministerin Margit Conrad (SPD), sagte, dabei werde es auch um die Umsetzung des bestehenden Maßnahmenprogramms gehen.
Damit Probleme in Fleischbetrieben schneller ans Tageslicht kommen, verlangt der Vorsitzende der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), Franz-Josef Möllenberg, einen Informantenschutz deren Mitarbeiter, wenn diese die Behörden über Missstände in den Firmen informieren. Denn seiner Ansicht nach, gibt es zum Teil dramatische Missstände in einzelnen Schlachthöfen. Der Gewerkschafter sagte in der "Neuen Presse", dass die Mitarbeiter bisher jedoch mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen müssten, wenn aus den Akten der Ermittler ersichtlich werde, dass sie den Behörden entsprechende Hinweise gegeben hätten.
"Skandal wird sich nicht ausweiten"
Das Bundesverbraucherschutzministerium rechnet aber nicht damit, dass der Gammelfleisch-Skandal noch größere Dimensionen annehmen wird. "Ich glaube, er wird sich nicht ausweiten“, sagte der Leiter des Krisenstabes im Verbraucherschutzministerium, Gert Lindemann. Die wesentlichen Punkte seien aufgeklärt. Jetzt müssten die Vorfälle aufgearbeitet werden, damit sich der Skandal nicht wiederholen könne.
Er warf den bayerischen Behörden vor, Informationen über das Gammelfleisch nicht schnell genug weitergegeben zu haben. In Bayern sei der Fund von Gammelfleisch bereits in der letzten Augustwoche bekannt gewesen. Der Bund sei aber erst am 1. September informiert worden. Dies sei nicht in Ordnung, da die Bundesregierung daran gehindert worden sei, ihren Informationspflichten gegenüber der Europäischen Union nachzukommen.