Eine Straße, viel Grün, ganz viel Nichts. Mitteltal ist der Schwarzwald, wie man ihn sich träumt: unberührt und idyllisch, etwas aus der Zeit gefallen. Und Kulinarik-Hotspot. Dort, in Baiersbronn, haben gleich zwei von Deutschlands besten Küchen überhaupt ihre Adresse. Die Hotels "Traube Tonbach" und "Bareiss". In letzterem rührt Claus-Peter Lumpp im Topf. Die Geschichte eines Kochs, der für seine drei Sterne jeden Tag aufs Neue zum Marathonläufer wird.
Wäre es nach Lumpp gegangen, er würde heute an Autos basteln und nicht an Rezepten. Sicher, er hatte lieber das Abschmecken als das Lesen gelernt, früh in der familieneigenen Gaststätte ausgeholfen. Aber Koch werden, wie es die Oma ihm einst prophezeit hatte, das wollte er auf keinen Fall. Am Ende war es eine Verkettung glücklicher Umstände – angefangen bei der Vision eines Berufsberaters und einem Kurhotel, das zwar keinen Lehrling suchte, aber dann doch einen nahm – die dafür sorgte, dass Lumpp seinem Schicksal nicht entkam. Vier Jahrzehnte ist das jetzt her. Seither hat der Koch nach den Sternen gegriffen, um sie nicht mehr loszulassen.
Lumpps heilsame Entscheidung fürs "Bareiss"
Das Kurhotel von einst ist heute das Hotel "Bareiss". Und Claus-Peter Lumpp ist noch immer dort. Dabei gab es einmal eine Zeit, da dachte er, seine Horizonte verschieben zu müssen. Die Landflucht trieb ihn nach Düsseldorf, in die Arme von Sternekoch Günter Scherer. Es wurde ein kurzes Intermezzo. In das Stadtleben hatte er sich verlieben wollen, doch das Stadtleben wollte ihn nicht. "Die Stadt machte mich krank", erzählt Lumpp. Es dauerte kein Jahr, dann fielen ihm die Haare aus, er bekam einen Hautausschlag. Die Ärzte sprachen von Karriereende. Aber Lumpp wusste, was ihm fehlte: der Schwarzwald. Der Koch kehrte heim, zurück ins "Bareiss". Eine heilsame Entscheidung.
Lumpp ist einer vom alten Schlag. Das sagt er selbst. Einer, der mit Leib und Seele klassisch französisch kocht. Dessen Gerichte den Anspruch haben, makellos zu sein und so elegant wie opulent. Opulent wie das Restaurant, wo drei Tischdecken übereinander auf den Tischen liegen, die Gläser mundgeblasen und die Stoffe aus güldenem Brokat sind. Dinge, die für einen Luxus stehen, der wie ein Kontrapunkt zum Minimalismus-Trend wirkt. "Das "Bareiss" scheut den großen Auftritt nicht", sagt Lumpp. Und das Restaurant kann es sich leisten laut zu trommeln.
Deutschlands beste Restaurants: Dieser Koch hat ab jetzt drei Michelin-Sterne

Der dritte Stern ließ lange auf sich warten
Es war an einem Dienstagmorgen 2007, zehn Uhr. Lumpp erinnert sich an diese Details. Denn an diesem Tag wurde ein Traum wahr, auf den er 15 Jahre lang hingearbeitet hatte: der dritte Michelin-Stern. Er hatte ihn schon fast abgeschrieben. Claus-Peter Lumpps Weg zu den Sternen sei untrennbar mit dem "Bareiss" und der Inhaberfamilie verknüpft, sagt er. Schnell nach der Rückkehr hatte er den Ein-Sterner des Hauses übernommen. Später wurde er zum neuen Chef des kulinarischen Aushängeschilds "Bareiss" aufgebaut.
Dazu gehörte ein Jahr Wanderschaft, das ihn in die besten Küchen Europas brachte, wo er von Größen wie Alain Ducasse, Eckart Witzigmann und Heinz Winkler einen Feinschliff bekam. Dann 1992, 28 Jahre alt war er damals, übernahm er das Zepter in dem Zwei-Sterne-Restaurant. Ein Jahr später durfte er sich jüngster Zwei-Sterne-Koch Deutschlands nennen. Doch der dritte Stern, der ließ auf sich warten. 15 Jahre hatte er sich gegeben. 15 Jahre wollte er um den dritten Stern kämpfen, danach sollte Schluss sein. Er sagt: "Das Schicksal wollte es zum Glück, dass ich mir um das Danach keine Gedanken machen musste."

Lumpp ist im Kocholymp angekommen, gehört zu derzeit neun Köchen, die sich mit drei Michelin-Sternen schmücken dürfen. Darum, dass das so bleibt, kämpft er jeden Tag. Von einem Drei-Sterne-Koch, erzählt er, werde lückenlose Kontinuität erwartet, hervorragendes Niveau ohne Schwankungen. Dafür erbringe er mit seinem Team Tag für Tag so etwas wie eine olympiareife Leistung – "einen Marathon, der allerdings nicht nach 42,195 Kilometern endet, sondern am nächsten Tag weitergeht".
Mehr zu Claus-Peter Lumpp und den weiteren Drei-Sterne-Köchen, dazu wie sie ticken und was sie antreibt, haben Isolde Heinz und Gunnar Meinhardt in der Porträt-Sammlung: "Drei Sterne: Mehr geht nicht" aufgeschrieben. Die Zitate sind dem Buch entnommen.
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