Tim Mälzer auf dem Skateboard, das ist in etwa so abwegig wie ein Nilpferd beim Ballett. Als ihm Sternekoch Sven Wassmer beim ersten "Kitchen Impossible"-Date mit wehendem Haar und Zahnpastalächeln auf dem Brett entgegen cruiste, grummelte er daher eher miesmuschelig: "Das ist die perfekte Welt: jung, gutaussehend, talentiert." Demoralisieren ließ er sich von so viel jugendlicher Coolness aber nicht. Schließlich hatte er sich kurz zuvor noch zum "Heiland der Kulinarik" ausgerufen. Also schnappte er sich das Brett und ... nun, naja, ähm.
Dafür hat Mälzer nach 50 Folgen "Kitchen Impossible" inzwischen bei etwas anderem den Meisterbrief: die Konkurrenz mit abenteuerlichen und unlösbaren Aufgaben zu triezen. Beim Blick in die Box fiel dann sogar dem so gelassenen Schweizer das Lächeln aus dem Gesicht. Er bekam es mit "richtigen Schweineaufgaben" zu tun. Und war kurzzeitig so neben der Spur, dass er den Telefonjoker bemühte. Omas Tipps sollten ihn auf die Siegesstraße führen.
Die Highlights des Duells Mälzer vs. Wassmer
Das Konzept ist wie gehabt: Tim Mälzer duelliert sich mit einem Koch oder einer Köchin. Es müssen je zwei Aufgaben an je zwei Orten mit vier Originalköchen (deren Gerichte die Kontrahenten nachkochen müssen) bestritten werden. Eine Jury bewertet das Ergebnis und verteilt Punkte. Der Gewinner des Duells ist derjenige mit den meisten Punkten.
Diese Köche mussten sich beweisen:
Tim Mälzer kann es nicht lassen. Er liebt es, sich mit dem Who's who der Spitzengastronomie zu messen. Oder wie er sagte: "Herausforderer, denen ich auf dem Papier noch nicht mal die Trinkflasche reichen dürfte." Sven Wassmer ist daher ein gefundenes Fressen für ihn. Seit 2019 ist Wassmer Culinary Director im Grand Resort in Bad Ragaz in der Schweiz. Damit ist der 35-Jährige Chef des Zwei-Sterne-Restaurants "Memories" und dem mit ebenfalls einem Stern ausgezeichneten "Verve by Sven". Wassmer zählt zu den "jungen Wilden" der Neuen Schweizer Alpinen Küche und zaubert genau das auf die Teller, was Mälzer hasst: Firlefanz mit Pinzetten. Dennoch bezeichnet der Hamburger ihn als einen der drei besten Köche der Schweiz.
Diese Aufgaben mussten sie bewältigen:
Tim Mälzer muss im veganen Restaurant KLE in Zürich (Schweiz) bei Originalköchin Zineb "Zizi" Hattab kochen: Geräuchertes Karotten-Tatar und BBQ-Pilz-Sandwich
Sven Wassmer kocht in München bei Köchin Graciela Cucchiara im Feinkostladen mit Restaurant: Vincisgrassi (eine spezielle Lasagne)
Tim Mälzer bekommt es im Restaurant Klösterle in Lech am Arlberg (Österreich) mit moderner alpiner Küche von Ethel Hoon und Jakob Zeller zu tun: Tirtten & Pfefferoni-Dip sowie Saibling & Brennnessel
Sven Wassmer kocht in der Metzgerei von Markus Dirr in Endingen am Kaiserstuhl ein Traditionsgericht: Tellersülze.
Die Scheu vorm Risiko
Wenn die Kontrahenten aus den letzten Staffeln etwas gelernt haben, dann dass Mälzer ungern moderne Klein-Klein-Avantgardeküche nachbaut. Wenn es dann auch noch in die vegane Ecke geht, ist das Grauen für den Hamburger perfekt. Wassmers Entscheidung, Mälzer genau dies kochen zu lassen, war daher kaum überraschend. Er ging auf Nummer sicher.
Nicht nur für Mälzer ist der Mangel an Risikofreude bei den Herausforderern mitunter ermüdend. Es heißt ja nicht umsonst so schön: No Risk, no fun. Ein bisschen mehr Gezocke und Augenzwinkern anstelle von verbissenem Ehrgeiz und Angst vor der Niederlage wäre dem Unterhaltungsfaktor zuträglich. Zumal Mälzer inzwischen so oft Gerichte aus dieser Kulinarikecke nachkochen musste, dass er sich bestens in ihr zurechtfindet. Spaß macht ihm das dennoch keinen. Immer wieder klagte er zuletzt, dass er sich bei den Aufgaben mehr Herz wünsche weniger intellektuelles Gefummel.
Sein Wunsch war mitnichten Wassmers Befehl. Der ließ ihn in Zürich vegane Gerichte im "Fleisch-Gewand" kochen aka "neuen modernen Lumpenkram"(Mälzer). Am Arlberg versuchte sich Mälzer dann noch an naiver Hoffnung und träumte von einem echten Senner. Stattdessen bekam er moderne alpine Küche vorgesetzt. "Das ist wie Free Jazz, das macht keinen Sinn", moserte und stänkerte er. Der sonst so sichere Analytiker strauchelte.
Kitchen Impossible: Das sind die Furchtlosen, die Tim Mälzer das Kochen lehren wollen

Nett ist der kleine Bruder von …
Dennoch: Auf dem Spielbrett von "Kitchen Impossible" weiß sich keiner so galant zu bewegen wie Tim Mälzer. Nicht zuletzt, weil er Meister mentaler Kinnhaken, charmantem Psycho-Terror ist. Aber auch, weil er sich darin versteht, Aufgaben zu wählen, die Emotionen, Traditionen, Kultur transportieren. Dabei scheut er sich nicht davor edgy zu sein, Extravaganz walten zu lassen. Das ist Entertainment.
So ließ er Wassmer als Möchtegern-Südstaaten-Cowboy mit Lederjacke auf der Vespa durch München "reiten" (die Peinlichkeit war Sinn der Sache), um ihm dann vom großen Drei-Sterne-Koch Jan Hartwig erst einschüchtern und dann eine vermeintlich schnöde Lasagne servieren zu lassen. Die aber hatte es in sich und entpuppte sich als analytische Puzzlearbeit. Darin war nichts, aber auch wirklich gar nichts klassisch zubereitet. Unkonventionell war auch die Originalköchin Graciela Cucchiara - eben ein echtes Original.
So wie auch Markus Dirr, in dessen Metzgerei Wassmer erst das Fleisch selbst vom Schwein schneiden musste, um dann eine Tellersülze zu basteln. Ein Gericht, das Wassmer die Nackenhaare aufstellte. "Eine richtige Schweineaufgabe", schimpfte er. Und rief sodann erst einmal seine Oma an. Ihre Tipps waren pures Gold wert.

Tim Mälzer: "Deine Leistung: mörder"
Während Mälzer beim Kochen inflationär mit Vokabeln wie "génial" und "brillant" um sich warf, sich selbst lobte, übte Wassmer sich in Schweigen. Er kämpfte, er kämpfte gut, aber er kämpfte für sich. Statt Gefühlsausbrüchen à la Mälzer, zeigte sich der Schweizer emotional eher untertourig. Unsympathisch war das nicht, mitreißend aber auch nicht. Ruhig wurstelte er sich fern seiner Komfortzone, ohne Waage oder gar Pinzette, durch die wahrlich sauschweren (Sorry!) Aufgaben.
Von den Originalrezepten war Wassmer zwar mitunter meilenweit entfernt, der Jury aber schmeckte es. Sie belohnten das Durchhaltevermögen und den Fleiß des Kochs mit einem warmen Punkteregen. Mit 14 Punkten im Schnitt zeigte er Mälzer (12,6) eine lange Nase. Der musste am Ende wohlwollend zugeben: "Deine Leistung: mörder!"
Nach dem Sieg zum Auftakt der Staffel gegen Björn Swanson musste Mälzer sich mit der zweiten Niederlage in Folge abspeisen lassen. In der kommenden Ausgabe geht es gegen Köchin Viktoria Fuchs.
"Kitchen Impossible" ist immer sonntags ab 20.15 Uhr bei Vox zu sehen und im Online-Stream bei RTL+