Erst lachten Mälzer, Herrmann und Raue noch gemeinsam, am Ende lachte nur noch einer. Beim großen Staffelfinale von "Kitchen Impossible" hieß es noch einem Anpfiff zum großen Ellenbogengehakel in der Küche. Im Kampf um die Punkte wurden Mittelfinger gezückt, Spionagefähigkeiten ausgepackt, Bündnisse geschlossen und Freundschaften auf die Probe gestellt.
Drei Köche, drei Freunde: Mälzer, Herrmann, Raue
Tim Mälzer und Tim Raue sind "Best Buddies" - zumindest abseits des Herds. Bei "Kitchen Impossible" streiten sich die beiden seit Jahren um die Krone. Im vergangenen Jahr machte Mälzer zum Staffelfinale alles klar. Beide hatten bis dahin zwei Siege auf ihrem Konto stehen, beim fünften Schlagabtausch hatte Mälzer den stärkeren Punch. Dass sich die beiden auch in der sechsten Staffel ein Duell Tim gegen Tim nicht nehmen lassen würden, war keine Überraschung. Dass sie sich mit einem Duett aber nicht mehr begnügten und stattdessen auch noch Freund und Sternekoch Alexander Herrmann, den "fränkischen Baron", dazu holten, das war ein Novum.
Das neue Konzept: Jeder gegen Jeden
Zum Grande Finale wurde noch einmal richtig aufgedreht. Denn das "Double Trouble"-Traum-Kontrahenten-Team Mälzer und Raue wurde aufgestockt. Für das besondere Extra hatte man Sternekoch Alexander Herrmann mit ins Boot geholt, das Konzept kurzerhand umgemodelt. Die Köche traten in wechselnden Paarungen gegeneinander an. Die Aufgabe vergab jeweils der, der pausierte. Wie immer verkostete eine Jury das Ergebnis und verteilte Punkte, der Koch mit den meisten Punkten aus zwei Duellen gewann.
Hier wurde gekocht:
In der Vergangenheit schickten sich die Köche gegenseitig rund um die Welt. In Staffel sechs spielte sich alles auf deutschsprachigem Terrain und coronakonform ab. Zum Staffelfinale besuchten die Köche die Städte Darmstadt, Berlin und Bamberg.
Das wurde gekocht:
Tim Raue und Alexander Herrmann in Darmstadt: Ghorme Sabzi mit Bssmati-Safran-Reis // Tajin Mahitsche Beryani mit Dill-Bohnen-Reis
Tim Mälzer und Alexander Herrmann in Berlin: Sushi und Sashimi Platte /The Duc Ngo
Tim Mälzer und Tim Raue in Bamberg: Kalbsleberparfait im Baumkuchenmantel
Freundschaft, was ist das?
Wenn drei Freunde bei "Kitchen Impossible" antreten, dann heißt das Ärger. Denn gewinnen wollen sie alle. Und weil sich die Köche gut kennen, wissen sie um die Schwächen der anderen. Es wurde mal wieder mit ganz harten Bandagen um jeden Punkt gekämpft. "Für alle, die jetzt zugucken, das ist nichts, was man unter Freundschaft versteht", konstatierte Tim Raue im Nachgang. Mälzer schickte seine Kontrahenten nach Darmstadt, dort mussten Herrmann und Raue persische Küche nachkochen. Nach dem ersten Blick in die Box zeigten sich beide ernüchtert. "Ich finde, Mälzer ist so ein Mansche-Mansche-Koch. Der kann nicht auf den Punkt kochen, der wichst sich irgendwas zusammen. Er hat sich gedacht, die möchten immer was Klares und Strukturiertes und Differenziertes", fasste Raue zusammen. Daher sei es eine tolle Herausforderung, "ein Arschloch ist er trotzdem".
Dieses Spiel beherrscht aber auch Raue aus dem Effeff. Denn in Boshaftigkeit steht der einem Mälzer in nichts nach. Seine Aufgabe hatte es nicht minder in sich. "Menschlich und sozial am meisten verkrüppelt, ist immer noch der Raue, der kennt bei der Aufgabenstellung gar keine Freundschaft mehr“, so Mälzer. Gemeinsam mit Herrmann musste er in Berlin im Restaurant von The Duc Ngo antreten und dort ein japanisches Gericht umsetzen. Raue selbst lachte diabolisch. Die Aufgabe entpuppte sich als Gemüse-Schnippel-Marathon.
Alexander Herrmann pfiff auf die Böswilligkeiten der anderen. Er ließ sie mit einer weißen Hummer-Stretch-Limo zum Oberbürgermeister Bambergs kutschieren, wo sie sich ins Goldene Buch der Stadt eintragen durften. Das war den beiden erst peinlich, "eine richtige Dorf-Prügel-Karre" (Tim Raue), dann waren sie aber doch angetan davon, wie sehr sie hofiert wurden. So weit so gut. Das Gericht aber, dass er den beiden ans Bein band, war dann weniger nett. Wie fies die Aufgabe war, zeigte sich bei der Zubereitung - denn am Ende scheiterten die Tims beide, allerdings auf unterschiedlichen Levels.
Wenn man bedenke, dass sie in einer "sehr hinterfotzigen Dreier-Konstellation unterwegs waren", sei es doch schön, dass sie noch alle zusammen am Tisch sitzen, lachte Mälzer. Und dort herrschte ausgelassene Stimmung, es wurden Tränen gelacht.
Von Spionage und Bündnisse
Bei Dreier-Konstellationen hat einer meist das Nachsehen, in diesem Fall war das im Zweifel immer der, der nicht anwesend war. In Abwesenheit des dritten Kochs wurde ordentlich gelästert und: Bündnisse geschlossen. In Berlin verbündeten sich Mälzer und Herrmann kurzerhand, aus Kontrahenten wurden zwischenzeitlich Partner. Herrmann, smart wie er ist, hatte sich vorsorglich einen Hobel für die Schnippelarbeiten besorgt, mit dem er Mälzer gerne aushalf. Eine Geste mit Seltenheitswert. Und weil die Aufgabe Raues beiden an die Substanz ging, beschlossen sie obendrein, ihm mit Arbeitsteilung ein Schnippchen zu schlagen. Einer kümmerte sich um den Reis, der andere ums Gemüse. "Ist ja egal, ob der Orang-Utan oder der Schimpanse das Gemüse in Streifen schneidet", so Mälzer grinsend. Raue war entsetzt.
Raue hatte es ohnehin nicht leicht. Dass Herrmann und Mälzer sich in ihren Duellen mit Raue die Küche teilen durften, entpuppte sich für beide zum Vorteil. Sie konnten sich bei diesem so manches abschauen. Beide luscherten dem Kontrahenten über die Schulter, spionierten bei ihm aus, was sie selbst nicht wussten - lernten auch von dessen Fehlern. Sie nutzten gnadenlos aus, dass der Kontrahent in Sichtweite war. Während Herrmann seine Spionage-Aktionen charmant kaschierte und die beiden Köche auch sonst blendend miteinander auskamen, sich noch im Nachgang köstlich über die Zeit zu Zweit amüsierten, lief es zwischen Tim und Tim weniger freundschaftlich ab.
Nervenkitzel
Welch Belastungsprobe es sein kann, wenn zwei Köche gegeneinander antreten, aber dabei nebeneinander kochen müssen, zeigte die Sendung. In den Paarungen mit Alexander Herrmann gab es auch Sprüche, es wurde gefrotzelt, aber vor allem wurde viel gelacht. Trotz Wettkampf überwog die freundschaftliche Atmosphäre, bei den Tims hingegen knallte es gewaltig. Nach der ersten Begehung der Küche stand für Mälzer fest: "Wir schlagen uns nach zehn Minuten tot". Ganz so schlimm war es nicht, aber nahe dran.
Denn während Raue hochkonzentriert arbeitete, machte Mälzer vor allem Schabernack. Er spazierte durch die Küche, trank erst einmal einen Kaffee, kostete bei Raue, stichelte und nervte. Das aber nicht zu gering. Dann kippte es, denn plötzlich wurde die Zeit knapp und das große Mälzer-Chaos brach aus. Und Raue litt. "Das Nervigste ist für mich, mit Tim Mälzer in einer Küche zu stehen", so Raue, "der hat so eine Unruhe, die mich einfach wahnsinnig macht, der einfach durch die Küche rennt, der schreit, der irgendwas hinwirft. Sich da nicht ablenken zu lassen ... ."

Raue kochte - auch innerlich. Wie sehr er am Nervenkostüm des Kontrahenten gerüttelt hatte, merkte Mälzer erst im Nachgang. Etwas zerknirscht ob der Laune Raues sagte er: "Ich hätte es niemals gedacht, ich entschuldige mich bei dir. Leck mich am Arsch, bin ich eine Nervensäge".
Dabei ist Raue selbst nicht ohne. In Berlin sammelt er die beiden erst einmal ein, verteilt "Fanboys Raue"-Shirts, ließ sie im eigenen Restaurant kochen. "Ernsthaft. Wie erniedrigend ist das", urteilte Herrmann. Raue lachte sein böses, böses Lachen, amüsierte sich köstlich. Die Köche waren ordentlich genervt. Als Raue bei der tatsächlichen Aufgabe später auf ein kurzes Hallo hineinschneite, kanzelten sie ihn mit kühler Ignoranz ab. "Ich habe sofort gemerkt, ich bin nicht richtig willkommen, da war Tension", so Raue. Er machte sich schnell wieder aus dem Staub.
Vom Kochen und anderen Desastern
Kochen können sie, das muss keiner von den Dreien noch irgendwem beweisen. Aber bei "Kitchen Impossible" geht es eben um viel mehr als nur darum, leckere Gerichte zu produzieren. Es geht darum, möglichst nah am Gericht des Originals zu sein - angefangen beim Geschmack bis hin zur Präsentation. Ob es nun traditionelle persische Küche ist, die japanische Kulinarik oder eben um ein meisterlich angerichtetes Leberparfait im Baumkuchenmantel. Die Aufgaben werden so gewählt, dass die Konkurrenz nur abstinken kann.
Alexander Herrmann scheiterte an seinem Laissez-faire, unterschätzte die Details, versagte an der Präsentation - statt japanische Ästhetik nachzuempfinden, begnügte er sich mit einer Art "fränkischer Fischplatte". Tim Mälzer hingegen wurde einmal mehr das innere Chaos, sein Zeitmanagement zum Verhängnis. Dass er beim Leberparfait nicht mehr punktete, lag am mangelhaften Abschluss. Sein Gericht sah am Ende nicht nach hoher Küchenkunst, sondern nach Unfall aus. Ein unglückliches Ende, denn die Jury sah ihn geschmacklich mitunter vor Raue.
Raue blieb von großen Fehlern verschont. Er zog seinen Stiefel durch. Gröbere Schnitzer leistete er sich nicht. Dass ihm am Ende einige Schönheitsfehler unterliefen, lag vor allem an Mälzer. Von dem ließ sich der Koch aus dem Konzept bringen, vergaß darüber hinweg Arbeitsschritte und biss sich im Nachhinein in den Hintern.
Alte Hasen im Vorteil
Mälzer und Raue sind alte Hasen im "Kitchen Impossible"-Business. Für Alexander Herrmann hingegen war es erst der zweite Auftritt in der Kochshow. In Staffel eins, das ließ er sich nicht nehmen zu erwähnen, holte er als erster Koch eine 10-Punkte-Wertung der Jury. Doch die Tims haben aus den letzten Staffeln gelernt. Wissen, worauf es zu achten gilt. Sie kaufen in den einschlägigen Geschäften ein, nehmen beim Verkosten auch mal eine Waage zur Hand, wenn es darum geht, akkurat arbeiten zu müssen. So lachte Herrmann noch, als er Mälzer dabei beobachtet, wie der sich haarklein Größe und Gewicht der Fischstücke notierte.
"Was zur Hölle machst du da? Du bist ja noch gestörter als der Raue", meinte er und nahm das Ganze eher auf die leichtere Schulter. "Der hanseatische Straßenköter wird doch gegen den fränkischen Baron nicht gewinnen", meinte er. Zwischen den Ehrgeizlingen Raue und Mälzer wirkte Herrmann wie ein Fels in der Brandung. Verrückt machen ließ er sich nicht. Während Raue schon längst zum Shoppen ging, tüftelte Herrmann noch gemütlich an seiner Analyse. "Soll der Raue schon mal gehen, bin ich halt morgen ein bisschen mehr unter Zeitdruck", so Herrmann. Anmerken ließ er sich aber auch am nächsten Tag nichts vom Druck. Er schlenderte gemütlich in die Küche des Originalkochs, in der Raue, "der Streber" (Herrmann), längst am Werkeln war, musste dann doch zugeben: "Ist ein blödes Gefühl, weil du merkst, du hängst hinten dran".
Pöbeleien und Punkte
Zwischen Tim und Tim war Alexander Herrmann vor allem eines: ein Harmoniebringer. Anstelle von sturem Ellenbogengehakel brachte er eine lockere, nette Dynamik in die Runde. Allerdings kostete ihm das am Ende auch Punkte. Denn das Mälzer und Raue auch bei einer "Best Friends Edition" nicht zimperlich sein würden, änderte sich auch durch den dritten Koch im Bunde nicht. Und so kam es, dass die Drei zwar Tränen miteinander lachten, am Ende aber nur einer bis über beide Ohren strahlte. So war es mal wieder ein Tim, der zum Staffelfinale feiern durfte, mal wieder war es der Gastgeber.
Tim Mälzer verwies die Konkurrenz zum großen Staffelfinale in die Schranken. Es war ein hauchdünner Sieg. "Du Stück Scheiße hast um 0,1 Punkte gewonnen", ärgerte sich Raue, der sich mit dem zweiten Platz begnügen musste. Für Mälzer der optimale Ausstieg aus einer durchwachsenen Staffel.