Papst-Kontroverse Nonne ermordet - trotz Entschuldigung

In Somalia wurde vermutlich im Zusammenhang mit der Rede von Regensburg eine italienische Nonne erschossen. In einer persönlichen Reaktion hat Papst Benedikt XVI bedauert, dass seine Islam-Äußerungen missverstanden worden seien.

Mit seinem Bedauern konnte der katholische Kirchenführer die Empörung in der islamischen Welt zumindest teilweise besänftigen. Allerdings wurde in Somalia vermutlich im Zusammenhang mit der umstrittenen Rede von Regensburg eine italienische Nonne erschossen.

Nach einer ersten Reaktion des Vatikans vom Samstag distanzierte sich das Kirchenoberhaupt am Sonntag beim Angelusgebet in Castel Gandolfo von dem Zitat, der Prophet Mohammed habe nur Schlechtes wie die Ausbreitung des Glaubens durch Gewalt gepredigt. "Es handelte sich dabei um ein Zitat eines mittelalterlichen Textes, der in keiner Weise mein persönliches Denken widerspiegelt", sagte Benedikt. Er nahm aber keine Aussage zurück und entschuldigte sich auch nicht, wie es muslimische Geistliche verlangt hatten.

Die wirkliche Bedeutung seiner Ausführungen zum Thema Islam an der Universität Regensburg sei "eine Einladung zum aufrichtigen und ehrlichen Dialog" gewesen, sagte Benedikt. Zugleich verwies der Papst auf die Erklärung des Vatikans vom Vortag: "Ich hoffe, diese kann die Seelen beruhigen und die wirkliche Bedeutung meiner Rede erklären." Nach Drohungen aus dem Irak und Somalia hatte das italienische Innenministerium zuvor verstärkte Sicherheitsmaßnahmen angeordnet.

Muslimische Organisationen befriedigt

Muslimische Organisationen in Deutschland begrüßten die Klarstellungen Benedikts sowie sein Bedauern. Der Zentralrat der Muslime erklärte am Sonntag in Köln, die Papst-Erklärung sei der "wichtigste Schritt" gewesen, um den Protesten in der islamischen Welt entgegen zu wirken. Am Vortag hatten auch der französische Muslim-Dachverband CFCM und der Muslimrat von Großbritannien die Klarstellung des Vatikans begrüßt. Ein Sprecher der ägyptischen Muslimbruderschaft sagte am Sonntag in Kairo: "Gleichgültig, ob er (der Papst) es in guter oder schlechter Absicht gesagt hat, wir akzeptieren seine Entschuldigung, denn wir wollen keine Krise zwischen Muslimen und Christen heraufbeschwören."

Einer der beiden höchsten israelischer Rabbinern äußerte sein Bedauern über die Äußerungen von Benedikt. In einem am Sonntag von israelischen Medien zitierten Brief an führende muslimische Geistliche erklärte Rabbiner Schlomo Amar, er sei "sehr traurig" darüber, dass solche herabsetzenden Dinge über den Islam gesagt worden seien. Zugleich rief er Christen und Muslime auf, ihren Streit zu beenden.

Attentat auf Ordensschwester

In der somalischen Hauptstadt Mogadischu drangen zwei bewaffnete Männer in ein Krankenhaus ein und schossen einer 65-jährigen italienischen Ordensschwester in den Rücken. Wir nehmen an, dass die Tat im Zusammenhang mit den Äußerungen des Papstes steht", sagte Yusuf Mohamed Siad, der Sicherheitsbeauftragte der Union der Islamischen Gerichte, die Mogadischu kontrolliert. Zuvor hatten fundamentalistische Kleriker in Mogadischu zur "Jagd auf den Papst" aufgerufen.

Gregor Peter Schmitz mit den Buchstaben GPS

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In Teheran wurde der Botschafter des Vatikans ins iranische Außenministerium einbestellt. In verschiedenen Städten demonstrierten islamische Geistliche gegen die Papst-Worte. Auf einer Versammlung von rund 200 Klerikern und Studenten in der Heiligen Stadt Ghom wurde eine offizielle Entschuldungung Benedikts verlangt. Ahmad Chatami, Mitglied des höchsten islamisches Rates des Landes, warf dem Pontifex mangelnde Kenntnis der islamischen Lehren vor. Chatami kritisierte Bundeskanzlerin Angela Merkel, da sie die den Papst im Streit um seine Islam-Äußerungen unterstützt hatte. "Merkel sollte ihre bereits schon schlechte Bilanz nicht weiter schwärzen", sagte Chatami.

In Marokko protestierte König Mohammed VI. gegen die Äußerungen des Papstes. Der Monarch rief den marokkanischen Botschafter beim Vatikan zurück und übermittelte eine Protestnote. Der Mufti von Saudi-Arabien empfahl dem Papst am Sonntag, "sich eingehender mit dem Islam zu befassen". Dann werde Benedikt XVI. feststellen, dass der Islam nicht mit dem Schwert verbreitet worden sei, sondern durch "gute Worte" und überzeugende Argumente.

Umstrittenes Zitat

Die Türkei hält trotz der Kontroverse an der Einladung des Papstes für Ende November fest. Aus der Sicht Ankaras sei "von irgendwelchen Änderungen" am geplanten Papst-Besuch "keine Rede", sagte Außenminister Abdullah Gül. Der Vatikan gehe davon aus, "dass die Reise stattfindet", sagte Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone.

In seiner wissenschaftlichen Rede in Regensburg hatte der Papst ein Zitat eines christlichen Kaisers aus dem Mittelalter angeführt, das den Propheten Mohammed im Zusammenhang mit Gewaltanwendungen bei der Verbreitung des Glaubens scharf kritisiert. Dies hatte eine weltweite Welle der Empörung unter Muslimen ausgelöst.

Erstmals seit der Papstwahl im April 2005 wurde innerhalb der Kurie (den römischen Mitarbeitern des Papstes bei der Führung der Weltkirche) Kritik an Benedikt XVI. laut. Die Turiner Zeitung "La Stampa" sprach von "Missstimmung in der Kurie" wegen der umstrittenen Papstäußerungen. Das Blatt zitiert ein Kurienmitglied: "Mit Karol Wojtyla (Papst Johannes Paul II.) wäre das nicht passiert."

DPA
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