Für die Geflügelhalter gibt es nach dem Durchzug von besonders für die Vogelgrippe anfälligen Kranichen keine Entwarnung. "Wir müssen abwarten, wie sich das weiter entwickelt", sagte eine Sprecherin des Friedrich-Loeffler-Instituts. Es werde bislang weiter davon ausgegangen, dass auch andere Wildvogelarten das Virus tragen. Möglicherweise hätten sich die empfindlichen Kraniche an Rastplätzen bei anderen Wildvögeln infiziert.
Nicht mehr die hohe Dynamik
Vor drei Wochen seien bei der Vogelgrippe noch stark steigende Zahlen verzeichnet worden. So eine Dynamik, wie sie in diesem Jahr von Mitte Oktober an verzeichnet worden sei, habe man zuvor noch nicht erlebt. Das habe sich nicht in diesem Ausmaß fortgesetzt: "Die Fallzahlen gehen nicht mehr so rasant hoch", erklärte die Sprecherin weiter. Das Infektionsgeschehen habe sich in Deutschland nach Westen, also auch nach Nordrhein-Westfalen, verlagert.
Bundesweit über 2 Millionen Tiere getötet
Seit dem 1. September seien bundesweit insgesamt etwa 2,3 Millionen Tiere bei Geflügelhaltern an der Vogelgrippe verendet oder wegen einer Infektion in dem jeweiligen Tierbestand getötet worden. Die weitere Entwicklung bei der Vogelgrippe hänge von verschiedenen Faktoren ab, zu denen auch das Winterwetter zähle, erklärte die Sprecherin. Bei einem heftigen Kälteeinbruch könnten weitere Wildvögel aus dem Osten Richtung Deutschland ziehen.
Nach einer Übersicht des Instituts zu Tierseuchen sind in diesem Jahr mit Stand Freitagabend 2.056 Fälle von Vogelgrippe bei Wildvögeln registriert worden – so viele wie in keinem Jahr zuvor in der bis zum Jahr 2000 reichenden Zeitreihe. Bei den Geflügelbeständen in Betrieben sind es bundesweit 181 Fälle.
Auf NRW entfallen 148 Fälle bei Wildvögeln – wie bundesweit ein langjähriger Höchststand. In Tierhaltungen sind es 28 Fälle. Das ist nah dran an dem langjährigen Höchststand von NRW-weit 30 Fällen aus dem Jahr 2022.
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Nach Angaben des Landesagrarministeriums sind in Nordrhein-Westfalen in diesem Jahr rund 230.000 Tiere in den Geflügelbeständen der Betriebe durch das Virus verendet oder infolge einer Infektion in dem Geflügelbestand getötet worden. Von Infektionen betroffen sind nach Auskunft des Landesministeriums unter anderem Regionen im Kreis Paderborn, im Kreis Kleve, im Kreis Wesel, im Kreis Coesfeld, im Kreis Gütersloh, im Rhein-Erft-Kreis sowie im Kreis Soest.
Besondere Schutzmaßnahmen
Das Landesministerium verwies darauf, dass das Friedrich-Loeffler-Institut das Risiko des Eintrags der Erkrankung in Geflügelhaltungen und bei Wildvögeln als "hoch" eingestuft hat. Wo es die Lage erfordere, seien beziehungsweise werden Sperrzonen eingerichtet, in denen besondere Schutzmaßnahmen gelten. Derzeit gebe es acht Sperrzonen – darunter Regionen in den Kreisen Recklinghausen, Kleve, Wesel, Paderborn, Gütersloh sowie im Raum Köln.
Ministerium richtet sich an Verbraucher
Außerdem erklärte das NRW-Agrarministerium: "Verbraucherinnen und Verbraucher in NRW können unverändert davon ausgehen, dass sie sichere, frische und hochwertige Lebensmittel kaufen können, dazu gehört auch der Einkauf von Eiern oder Geflügelfleisch", betonte die Ministeriumssprecherin.
Wie groß sind die Bestände?
Nach Daten des Statistischen Landesamtes sind 2024 in NRW 36,8 Millionen Tiere im Geflügelbereich geschlachtet worden. Darunter waren knapp 10.000 Enten und 23.000 Gänse. Mit 58,3 Millionen Tonnen war das die höchste Schlachtmenge der vergangenen 15 Jahre. In NRW haben 2024 mehr als 300 Betriebe insgesamt 5 Millionen Legehennen gehalten. Darunter waren 3,5 Millionen in Bodenhaltung. Die Legehennen in NRW legten 1,4 Milliarden Eier. Knapp die Hälfte der Eier wurde im Regierungsbezirk Münster produziert.