Der Sieg von Klaus Blettner (CDU/FWG) bei der Oberbürgermeisterwahl in Ludwigshafen hat eine scharfe Kontroverse zwischen CDU und SPD nach sich gezogen. CDU-Generalsekretär Johannes Steiniger warf der SPD vor, Blettner mit "haltlosem und lächerlichem Geraune" im Wahlkampf in eine "vermeintliche AfD-Nähe" gestellt zu haben. Das habe der SPD letztlich selbst geschadet. "Hoffentlich lernt sie daraus", schrieb Steiniger beim Kurznachrichtendienst X.
SPD-Generalsekretär Gregory Scholz gratulierte Blettner und kritisierte seinerseits Steiniger. "Stillos-Steiniger, der Generalsekretär der CDU RLP, kennt leider auch jetzt nur das Motto "Dreckwerfen"", schrieb er unter anderem bei X. "So gehen Leute vor, denen nur der Machtgewinn wichtig ist, denen die Demokratie aber egal ist. Stillos und schamlos."
Experte: Kommunalpolitische Aspekte waren entscheidend
Bei der Wahlentscheidung in der zweitgrößten rheinland-pfälzischen Stadt haben nach Einschätzung des Politikwissenschaftlers Uwe Jun vor allem kommunalpolitische Aspekte eine Rolle gespielt. Insbesondere der bundesweit beachtete Ausschluss des AfD-Kandidaten von der Wahl habe polarisiert, sagte der Experte von der Universität Trier der Deutschen Presse-Agentur.
Was es für die beiden größten Städte in Rheinland-Pfalz bedeutet
"Aber sicherlich ist das für die SPD enttäuschend, dass sie jetzt nach Mainz die zweite große Stadt verloren hat, auch wenn sie in Trier, Koblenz und Kaiserslautern weiterhin die Oberbürgermeister stellt", sagte Jun.
Der Politologe gibt auch zu Bedenken: "Die CDU hat in Ludwigshafen ja nicht zum ersten Mal gewonnen." Vor der scheidenden Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (parteilos) hatte die CDU-Politikerin Eva Lohse das Amt von 2002 bis 2017 inne.

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Parallelen zwischen Ludwigshafen und Mainz
"Die Bürgerinnen und Bürger hatten die Wahl zwischen zwei Kandidaten, die den Persönlichkeitsfaktor nicht so stark haben wirken lassen können", sagt Jun zum Wahlergebnis. "Mit Steinruck hatte die SPD bei der letzten Wahl eine prominente Kandidatin. Es ist für eine Partei nicht einfach, wenn so eine Kandidatin nicht mehr antritt und sogar aus der Partei austritt." Amtsinhaberin Steinruck war 2023 im Streit aus der SPD ausgetreten und stand jetzt nicht mehr zur Wahl.
Ähnlich wie in Mainz sei es der SPD auch in Ludwigshafen nicht gelungen, nach einem populären Oberbürgermeister erneut einen wählerwirksamen Kandidaten zu präsentieren, sagte Jun.
In Mainz war nach dem Wechsel des langjährigen Oberbürgermeisters Michael Ebling (SPD) ins Innenministerium 2023 die Vielen unbekannte SPD-Kandidatin Mareike von Jungenfeld schon im ersten Wahlgang durchgefallen. Mit Nino Haase hat seither ein Parteiloser den Posten in der Landeshauptstadt inne, den zuvor die SPD seit 1949 ununterbrochen für sich beanspruchen konnte.
Blettner, der gemeinsame Kandidat von CDU und Freien Wählern (FWG), hatte sich in der Stichwahl am Sonntag gegen den SPD-Bewerber Jens Peter Gotter durchgesetzt. Auf den 57 Jahre alten Hochschulprofessor entfielen dem amtlichen Endergebnis zufolge 58,46 Prozent der gültigen Stimmen. Der 53 Jahre alte IT-Unternehmer Gotter errang 41,54 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei 24,1 Prozent. Die achtjährige Amtszeit beginnt am 1. Januar 2026.
Die Wahlbeteiligung sei zwar sehr gering ausgefallen, Ludwigshafen damit aber kein Einzelfall, sagte Jun. Dass in der Stichwahl noch weniger Menschen abgestimmt haben, als im ersten Wahlgang, sei nicht selten der Fall.
Warum das Ergebnis vor Gericht landen könnte
Bundesweite Schlagzeilen im Wahlkampf hatte der Ausschluss des AfD-Politikers Joachim Paul gemacht. Der Wahlausschuss von Ludwigshafen hatte Paul wegen Zweifeln an dessen Verfassungstreue nicht zur Abstimmung zugelassen. Paul wies die Vorwürfe am Wahlabend erneut zurück. "Meine Anwälte haben schon Einspruch gegen die erste Runde eingelegt, und wir werden auch Einspruch gegen die zweite Runde einlegen, wir werden das anfechten", sagte er der Deutschen Presse-Agentur.
Die scheidende Oberbürgermeisterin Steinruck ist seit dem Ausschluss von Paul das Ziel von Anfeindungen etwa in sozialen Medien. Die Polizei ermittelt dazu. "Die Härte, mit der manche Diskussionen geführt wurden, gibt mir zu denken", sagte Steinruck der dpa. "Die Frage ist, wie agiert unsere Gesellschaft bei unterschiedlichen Meinungen? Wohin soll das führen, wenn solche Debatten teilweise unter der Gürtellinie geführt werden?"
Was auf den neuen OB zukommt
Mit "Oh, wie ist das schön"-Sprechchören und langem Applaus feierten Unterstützerinnen und Unterstützer am Wahlabend den Sieger, als das Resultat bei der Versammlung im Wilhelm-Hack-Museum aufleuchtete. "Das ist ein überwältigendes Ergebnis", sagte Blettner. Die Wahlbeteiligung von rund 24 Prozent sei "natürlich unbefriedigend". Trotzdem sehe er das Resultat als "klaren Wählerauftrag". Ganz oben auf seiner To-do-Liste stünden nun "Sicherheit und Sauberkeit" in Ludwigshafen. Er wolle ein "OB für alle" sein.
Wahlberechtigt waren in der zweiten Runde etwa 118.300 Menschen. Es wurden auch 1.570 ungültige Stimmen abgegeben (5,5 Prozent). Die Stichwahl war nötig, weil kein Kandidat in der ersten Runde die absolute Mehrheit erreicht hatte. Blettner war auf 41,2 Prozent gekommen, Gotter auf 35,5 Prozent.
Zu den vordringlichen Aufgaben des künftigen Oberbürgermeisters gehört eine bessere Finanzausstattung von Ludwigshafen. Die Industriestadt gehört zu den am stärksten verschuldeten Kommunen Deutschlands.