Es ist ein Besuch in besonderen Zeiten: Inmitten transatlantischer Spannungen fliegt der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer am Samstag mit einer Delegation in die USA. Für den SPD-Politiker ist es die erste große Delegationsreise ins Ausland, seit er das Ministerpräsidentenamt im Sommer 2024 von Malu Dreyer übernommen hat.
"Ich möchte unsere gute Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten von Amerika bekräftigen und für die transatlantische Freundschaft sowie Kontinuität in den Beziehungen auf allen Ebenen werben - auch in geopolitisch schwierigen Zeiten", sagt Schweitzer. Bereits vor Kurzem hatte er betont: "Wir wissen, wie viel wir den USA zu verdanken haben - das darf nie in Vergessenheit geraten."
Kein Grund zur Beunruhigung – aber zur Zusammenarbeit
"Es ist eine Reise in fordernden Zeiten", sagt auch der USA-Experte David Sirakov der Deutschen Presse-Agentur. Rheinland-Pfalz wolle in Washington zeigen, was es längst sei: "ein wichtiger und verlässlicher Partner". Der Chef der Atlantischen Akademie Rheinland-Pfalz berät die Regierung – und reist mit.
Nirgendwo sonst in Deutschland sei die Verbindung zu den USA so eng, sagt Sirakov. Mehr als 50.000 US-Amerikaner leben in Rheinland-Pfalz. "Diese Verwurzelung ist einmalig." Sie zeige sich nicht nur im Alltag, sondern auch in der Sicherheitspolitik – durch Standorte wie Ramstein und Spangdahlem.
"Rheinland-Pfalz kommt große strategische Bedeutung zu", betont er. Nicht nur militärisch – auch wirtschaftlich sei man stark vernetzt. Die USA sind nach Frankreich der zweitwichtigste Handelspartner von Rheinland-Pfalz. Hinzu kommen Bildungskooperationen, Städtepartnerschaften und Kulturprojekte. "Was hier gelebt wird, geht weit über normale bilaterale Beziehungen hinaus."
Wer reist in der Delegation mit?

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Präsenz und Bedeutung der Amerikaner sind dem 52 Jahre alten Schweitzer auch persönlich seit Kindertagen vertraut: Der Pfälzer ist nur gut 50 Kilometer vom Raum Kaiserslautern aufgewachsen, dem Hauptstützpunkt der US-Streitkräfte in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg. In der Region, in Weilerbach, entsteht derzeit die größte US-Armeeklinik außerhalb der Vereinigten Staaten.
Die Reise steht unter dem Motto: "Common Heritage – Shared Security – Joint Future". "Diese Gemeinsamkeiten wollen wir auch bei den Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit hervorheben, die wir am 30. September mit der Deutschen Botschaft ausrichten", so Schweitzer. Rückreise ist am 2. Oktober.
Mehrere Kabinettsmitglieder fliegen mit, darunter die stellvertretende Regierungschefin und Familien- und Integrationsministerin Katharina Binz (Grüne), Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt (FDP) sowie der für den Kontakt zu den US-Truppen zuständige Innenminister Michael Ebling (SPD).
Geplant sind Gespräche im Kongress, im Pentagon und im Weißen Haus mit dem National Security Council sowie in Ministerien. Darüber hinaus stehen Begegnungen mit Vertretern etwa aus Wirtschaft, Zivilgesellschaft, Think Tanks und Kultur auf dem Programm. Ein wichtiges Thema sind Handel und Zölle.
Was der Ministerpräsident in Washington konkret plant
Schweitzer will auch einen Kranz auf dem Nationalfriedhof in Arlington niederlegen und das Grab von US-General Henry T. Allen besuchen. Er war Oberbefehlshaber der US-Truppen in Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg mit Hauptquartier in Koblenz und hat sich für einen versöhnlichen Umgang mit der Zivilgesellschaft des ehemaligen Kriegsgegners Deutschland eingesetzt, wie die Staatskanzlei erläutert.
Geplant ist auch eine Diskussion an der Georgetown University zum Thema "Möglichkeiten des Wissenschaftsaustauschs als Brückenbauer in der transatlantischen Zusammenarbeit". Ein Besuch des Hirshhorn Museums - eines der renommiertesten Museen für zeitgenössische und moderne internationale Kunst in Washington D.C. - ist ebenfalls geplant.
Es gehört zur Smithsonian Institution, einer Forschungs- und Bildungseinrichtung, die unter Druck steht. Im August hatte das Weiße Haus die Einrichtung aufgefordert, der Regierung Konzeptentwürfe, Ausstellungspläne sowie Kataloge und Programme aller laufenden Schauen vorzulegen, um diese auf unliebsame Darstellungen der US-Geschichte zu überprüfen.
Rheinland-Pfalz als Brückenbauer über den Atlantik
Die Botschaft der Reise lautet Beobachtern zufolge: Rheinland-Pfalz möchte mitgestalten – nicht nur empfangen. Deshalb gehe es um frühzeitigen Dialog mit Ministerien, Behörden und Thinktanks, sagt Experte Sirakov. Rheinland-Pfalz wolle sich als konstruktiver Gesprächspartner positionieren. Besonders im Fokus stehe die Nationale Sicherheitsstrategie der USA. "An ihr wird sich auch die künftige Stationierungspraxis der Trump-Administration orientieren."
Die gemeinsame Ausrichtung des Tags der Deutschen Einheit sei mehr als Protokoll, unterstreicht Sirakov. "Das ist ein sichtbares Zeichen gelebter Partnerschaft". Diese Partnerschaft sei belastbar. "Die US-Beziehungen in Rheinland-Pfalz sind oft stabiler als auf Bundesebene."
Rund 200 Jahre Auswanderungsgeschichte verbinden die USA und Rheinland-Pfalz eng, wie Schweitzer betont. Das vom deutschen Immigranten John Hockemeyer gebaute German-American Heritage Museum steht auch auf dem Programm. Es thematisiert die deutsche Einwanderung in die "Neue Welt".
Trumps Spuren in der Pfalz
Berühmtester Ort ist wohl das pfälzische Weindorf Kallstadt, aus dem die Familien von Heinz Ketchup und von US-Präsident Donald Trump stammen.
Mit an Bord bei Schweitzers Reise ist auch Thomas Jaworek. Der Bürgermeister von Kallstadt nimmt ein Stück Heimatgeschichte mit. Die Gemeinde an der Weinstraße ist der Herkunftsort der Vorfahren väterlicherseits von Trump. "Natürlich kommt mir eine besondere Rolle zu, ob ich will oder nicht", sagt Jaworek. "Kallstadt ist nun mal der Ort, der mit Trump eng zusammenhängt."
Jaworek sieht sich in erster Linie als Vertreter der Kommunalpolitik. "Das ist für mich ein Zeichen der Wertschätzung meiner Arbeit als Ortsbürgermeister." Doch auch, wenn Trump nicht Thema Nummer eins der Reise sein sollte - er wird wohl unausweichlich präsent sein. "Ja, klar kann das Thema sein", räumt Jaworek ein. Doch er relativiert: "Kallstadt ist ein kleines Winzerdorf, aus dem seine Vorfahren ausgewandert sind – nicht mehr und nicht weniger."
Ein Höhepunkt wird für ihn der Empfang in der Botschaft anlässlich des Tags der Deutschen Einheit mit rund 3.000 Gästen sein. "Ich freue mich, dass wir Kallstadter Weine ausschenken dürfen – einen Roten und einen Weißen vom Weingut Köhler-Ruprecht", sagt Jaworek stolz. "Das ist eine tolle Gelegenheit, ins Gespräch zu kommen und unsere Region zu präsentieren."
Sorgen, während der Reise in politische Diskussionen verwickelt zu werden, hat Jaworek nicht. "Warum soll es mir unangenehm sein? Ich bin gerne Ortsbürgermeister – und auch stolz auf das, was in Kallstadt passiert." Trump sei ein amerikanischer Präsident mit einem amerikanischen Lebensweg. "Dass seine Großeltern aus der Pfalz stammen, ist ein Teil der Familiengeschichte – aber das war es auch schon. Wir haben keinen Anteil an seiner Politik."
Ist das Thema Teilabzug noch aktuell?
Trump hatte in seiner ersten Amtszeit mit einer Reduzierung von US-Truppen in Deutschland gedroht, das würde Rheinland-Pfalz in besonderem Maße treffen. Allerdings machte er jüngst Hoffnung, die Truppenstärke zu belassen.
Schweitzer hatte unlängst gesagt, er vernehme aktuell keine Signale für eine Veränderung der Präsenz. "Ich sehe zurzeit überhaupt keinen Grund zur Beunruhigung, aber es ist wichtig, dass wir in Gespräche investieren, damit wir nahe beieinander bleiben", hatte der Ministerpräsident betont.