Ungesunder Lebensstil Wie chronische Entzündungen das Altern beschleunigen – und was wir dagegen tun können

Ein gesunder Lebensstil mit gesunder Ernährung kann chronische Entzündungen in Schach halten
Gut für die Gesundheit: Pflanzliches Protein, das in Linsen, Bohnen und Nüssen steckt
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Chronische Entzündungen lassen unsere Körperzellen schneller altern und erhöhen das Risiko für viele Krankheiten. Die gute Nachricht: Wir können den Prozess verlangsamen. 

Wie schnell oder langsam wir "im Großen" und nach außen sichtbar altern, hat viel mit winzigen und sehr kleinteiligen Prozessen in unseren Zellen und Geweben zu tun: Dreh- und Angelpunkt dieser Zell-Alterung sind chronische, "stille" Entzündungsprozesse, die oft lange unbemerkt bleiben. Sie können das Altern massiv beschleunigen und gelten als Hauptursache vieler typischer Altersleiden wie Diabetes, koronarer Herzkrankheit oder Arthrose. Denn ein ungünstiger Lebensstil mit Fast Food, Übergewicht, ständigem Sitzen und vielen Zigaretten schadet unseren Körperzellen nicht nur direkt durch Nikotin, Transfette und andere giftige Substenzen. Er triggert auch unser Immunsystem in unheilvoller Weise.

So bringt ein Übermaß an Fettgewebe am Bauch proinflammatorische, also entzündungsfördernde Prozesse in Gang: Die dort sitzenden Fettzellen und ins Fett eingewanderte Immunzellen produzieren reichlich Entzündungssubstanzen wie Interleukine und proteinzersetzende Enzyme, die über die die Blutbahn in den Körper gelangen und das Altern und Erkranken vieler Gewebe befeuern. Entzündungsstoffe greifen die Innenseite der Blutgefäße an, die dadurch weniger elastisch werden und anfälliger für Bluthochdruck, Ablagerungen und Gerinnsel – was wiederum Infarkte und Schlaganfälle begünstigt. Entzündungsenzyme sind beteiligt an der Zerstörung von Hautkollagen oder Knorpelpolstern in Knie oder Hüfte, wodurch Falten und Arthrose entstehen.

Zellen im Party-Modus

Die gute Nachricht: Ein aktiver Lebensstil kann eine chronische Entzündung wieder in ihre Schranken weisen. Wer aktiv lebt und aufs Rauchen verzichtet, hat meist viel weniger proinflammatorische Substanzen im Blut und schützt so seine Organe und Gewebe.

Zusätzlich ist unser Körper zum Glück mit diversen Wartungs- und Reparaturprogrammen ausgestattet, die es möglich machen, das Altern zwar nicht zu verhindern, wohl aber etwas zu verlangsamen – und die wir ebenfalls durch unseren Lebensstil beeinflussen.

So können wir unseren Zellen zum Beispiel helfen, regelmäßig gründlich auszumisten: Solange wir unseren Körper reichlich füttern und insbesondere mit Zucker, tierischem Eiweiß oder Fast Food überernähren, bemerken das unsere Zellen mit speziellen Sensoren und schalten in den Wohlstands- oder Party-Modus. Sie wachsen und teilen sich ständig auf Teufel komm raus – man hat’s ja…

Stoffwechselmüll triggert chronische Entzündungen

Leider bleibt dabei die zweite wichtige Aufgabe einer gesunden Zelle liegen, nämlich die, regelmäßig alle schädlichen Abbauprodukte des Zell-Lebens abzubauen. Ein wenig wie auf einer außer Kontrolle geratenen Party, bei der immer weiter gefeiert wird, obwohl längst Müllberge auf der Tanzfläche liegen und die Toiletten überlaufen. Zellulär betrachtet triggert auch dieser Stoffwechselmüll chronische Entzündungen und fördert Altersleiden wie Diabetes.

Die Lösung dafür liegt in ein wenig Sparsamkeit: Weniger essen oder der Verzicht auf bestimmte Lebensmittel befrieden die wilde Party, sodass unsere Zellen wieder auf Alltag und Aufräumen umschalten können. Weshalb auch dem Fasten verjüngende Wirkung zugeschrieben wird. Eine Art Detox-Kur von innen, nur ohne teure Wundermittelchen. Man muss sich dazu noch nicht einmal einer radikalen Hungerkur unterziehen. Studien zufolge scheint es schon zu reichen, sich bei Eiweißen – insbesondere tierischen – ein bisschen einzuschränken: Forschende der Universitäten in Los Angeles und Harvard konnten belegen, dass der Ersatz von Fleisch und Wurst durch Pflanzenprotein in Form von Linsen, Bohnen oder Nüssen offenbar lebensverlängernde Wirkung hat. Vor allem, wenn es die Probandinnen und Probanden geschafft hatten, ihre Ernährung bereits in mittleren Jahren umzustellen und nicht erst im Rentenalter.

Besonders fürsorglich kümmert sich unser Körper um den Schutz seiner lebensnotwendigen Erbsubstanz DNA oder Desoxyribonukleinsäure. Sie ist in unseren Körperzellen in Form von meist x-förmigen Chromosomen verpackt und muss bei jeder Zellteilung (möglichst fehlerfrei) verdoppelt werden, damit die Tochterzellen alle Informationen mitbekommen, die sie für ihr Funktionieren benötigen. Allerdings passieren bei diesen Verdopplungen mit der Zeit immer wieder Fehler, sodass die Enden der Chromosomen über die Jahre erodieren und immer kürzer werden. Was dazu führt, dass unsere Körperzellen sich nicht endlos teilen können, sondern nach einer bestimmten Zahl Verdopplungen vergreisen und absterben.

Puffer gegen das Altern

Um das möglichst lange hinauszuzögern, sitzen auf den Erbgutspitzen Schutzkappen, die als Telomere bezeichnet werden, und die unser Körper sogar regenerieren kann. Dazu besitzt er das Telomer-Verlängerungs-Enzym Telomerase, das in unseren Stammzellen hochaktiv ist – den quasi ewig jungen Zellen im Knochenmark und Teilen des Immunsystem, die den Nachschub für alternde und absterbende Zellen liefern sollen.

Das Enzym Telomerase ist in der Lage, bereits verschlissene Schutzkappen der Stammzellen wieder zu verlängern – und bildet so eine Art Puffer gegen das Altern. Eine Pionierin auf diesem Forschungsfeld ist die australo-amerikanische Molekularbiologin Elizabeth Blackburn, die dafür 2009 den Medizin-Nobelpries erhielt. In Studien an Menschen konnten sie und andere Forscherinnen und Forscher nachweisen, dass sich die Telomerase durch gesunden Lebensstil sogar stärker aktivieren lässt: So hatten Männer, denen reichlich Pflanzenkost, Spaziergänge sowie Übungen zur Stressreduktion verordnet wurden, in ihren Zellen besonders viel Telomerase – und nach einigen Jahren sogar längere Telomere als Vergleichspersonen, die eher ungesund gelebt hatten.

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