Schlank wie der Eiffelturm, aber nicht so drahtig - das verspricht die Dukan-Diät, benannt nach dem französischen Arzt Pierre Dukan, der mittlerweile seine Zulassung verloren hat. Das Konzept, mit dem Promis wie Jennifer Lopez oder Kate Middleton angeblich ihre Körper geformt haben, ist in Frankreich bereits seit mehr als zehn Jahren bekannt und ein Renner. Millionen Französinnen sollen damit abgenommen haben.
Über Hollywood und das royale England kam die Dukan-Diät auch in Deutschland an. Ende 2011 ist eine deutschsprachige Ausgabe des Buches erschienen, und das "Schlankheitsgeheimnis der Franzosen" findet auch hierzulande Anhänger. Doch was ist dran an diesem Diät-Trend? Und ist er für die Gesundheit empfehlenswert?
Die Idee
Das Konzept setzt auf eine proteinreiche, kohlenhydrat- und fettarme Kost. Eiweiße gelten als "Motor der Dukan-Diät", in deren Zentrum 72 proteinreiche Lebensmittel mit geringem Fettgehalt stehen.
Dukan zufolge haben Proteine einige Vorteile: Sie sind schwer verdaulich. Um die Eiweiß-Molekülketten aufzuspalten, braucht der Organismus Zeit - das Sättigungsgefühl halte daher länger an. Zudem verbrauche der Körper beim Abbau von Proteinen viele Kalorien, etwa 30, um ein proteinreiches Lebensmittel mit 100 Kalorien zu verarbeiten, schreibt Dukan.
Wichtigste Proteinquelle ist dem französischen Arzt zufolge Fleisch. Pflanzliche Eiweiße stuft er als weniger wertvoll ein, da sie nie alle acht vom Organismus benötigten Aminosäuren liefern würden.
Wichtig auch: Mindestens zwei Liter Wasser müssen laut Dukan pro Tag getrunken werden. Erlaubt sind auch ungesüßte Kräuter-, Grün- und Schwarztees. Sogar Softdrinks mit Süßstoff sind zugelassen. Hintergrund des hohen Flüssigkeitsbedarfs: Baut der Körper Eiweiße ab, fallen dabei Endprodukte wie Harnsäure an, die über die Nieren ausgeschieden werden. Ist der Eiweißkonsum übermäßig hoch, droht der Körper die giftigen Stoffwechselprodukte einzulagern - eine Gefahr, der Dukan zufolge durch ausreichend Flüssigkeitszufuhr entgegengewirkt werden kann.
Die Diät soll die besondere psychologische Verfassung übergewichtiger Menschen berücksichtigen, verspricht Dukan, indem klare und einfache Regeln vorgegeben werden. Kalorien müssen nicht gezählt werden, bei den meisten der erlaubten Lebensmittel (siehe Feinheiten) darf der Abnehmwillige nach Lust und Laune zugreifen.
Neben einer Ernährungsumstellung setzt das Konzept im Kampf gegen die Kilos auch auf Bewegung.
Die Feinheiten
Die Dukan-Diät besteht aus vier Phasen:
1. Angriffsphase:
Die erste Phase, die mindestens einen Tag und höchstens zehn Tage dauern kann, entspricht einer Blitzdiät: Mithilfe einer strikten Proteindiät sollen sich rasche Anfangserfolge einstellen, Übergewicht schnell abgebaut werden. Erlaubt sind in dieser Zeit Lebensmittel aus elf Gruppen - darunter mageres Fleisch, Innereien, Fische, Meeresfrüchte, Geflügel, Magermilchprodukte, Eier aber auch pflanzliche Proteine wie zum Beispiel aus Tofu. Essen dürfen Abnehmwillige davon sooft und soviel sie wollen.
Während der Angriffsphase "verordnet" Dukan zusätzlich täglich anderthalb Esslöffel Haferkleie, um mithilfe der Ballaststoffe Verstopfung vorzubeugen. Für den Geschmack sind neben Süßstoff auch Gewürze und entrahmte Milch erlaubt. Dauert die Angriffsphase länger als fünf Tage, empfiehlt der Franzose, zusätzlich einen Esslöffel getrocknete Goji-Beeren, um den Vitaminbedarf zu decken. 20 Minuten zu Fuß zu gehen sind in dieser Phase täglich ebenfalls Pflicht.
2. Aufbauphase:
In dieser Phase wechseln sich ein Tag mit ausschließlich proteinreicher Nahrung und ein Tag mit Proteinen plus Gemüse ab. Erwünscht und in beliebiger Menge erlaubt sind allerdings nicht alle Gemüsesorten. 28 sind auf der Diät-Seite im Internet aufgelistet. Grünes Licht gibt es zum Beispiel für Tomaten, Gurke, Spinat und Blattsalate. Stärkehaltige Gemüse wie Kartoffeln, Mais, Erbsen oder weiße Bohnen bleiben weiterhin verboten.
Daneben setzt die Dukan-Diät auch in dieser Phase auf Haferkleie (zwei Esslöffel täglich) und Bewegung (30 Minuten täglich). Die Phase endet, sobald das Wunschgewicht erreicht ist.
3. Stabilisierungsphase:
Die Länge dieser Phase hängt vom Gewichtsverlust ab: Pro verlorenem Kilogramm setzt Dukan zehn Tage an. Wer zehn Kilo abgespeckt hat, sollte also mit 100 Tagen Stabilisierungsphase rechnen.
Jetzt geht es darum, das erreichte Gewicht zu halten und den Jojo-Effekt zu vermeiden. Alle proteinreichen Nahrungsmittel aus Phase eins und alle Gemüsesorten aus Phase zwei sind erlaubt. Dazu kommen nun täglich: eine Portion Obst - außer Bananen, Trauben, Kirschen, Nüssen und Trockenfrüchten, die relativ viele Kalorien haben -, zwei Scheiben Vollkornbrot und 40 Gramm Hartkäse wie Gouda oder Emmentaler.
Zweimal in der Woche dürfen Abnehmwillige zu stärkehaltigen Lebensmitteln greifen - wie etwa Teigwaren aus Hartweizen. Auch Schlemmermahlzeiten wie ein deftiger Braten mit Klößen oder ein Schokoladenkuchen sind einmal, in der zweiten Hälfte der Stabilisierungsphase sogar zweimal in der Woche zugelassen. An einem Tag in der Woche muss allerdings die strenge Proteinkost aus der ersten Phase eingehalten werden. Die alten Bekannten, zwei Esslöffel Haferkleie und zwei Liter Wasser täglich, bleiben.
4. Erhaltungsphase Ein paar Regeln sollen garantieren, lebenslang das Gewicht unter Kontrolle zu halten:
- An sechs Wochentagen darf normal gegessen werden; an einem festen Tag gibt es streng proteinreiche Nahrung.
- Daneben verordnet Dukan: drei Esslöffel Haferkleie täglich, jeden Tag 20 Minuten Spazierengehen und niemals den Aufzug nehmen - und das lebenslang.
Im Internet bietet der Ernährungsmediziner unter www.dukandiaet.com ein persönliches Coaching an.
Praxis-Check
In dem Buch finden sich Rezeptvorschläge und Wochenpläne. Ein Tag könnte demnach wie folgt aussehen: Zum Frühstück gibt es mit Süßstoff gesüßten Kaffee, 200 Gramm fettarmen Frischkäse und eine Scheibe mageren Rinderschinken. Als Imbiss zwischendurch ist ein Joghurt oder eine Scheibe Putenschinken erlaubt. Mittags landen in der Angriffsphase vier Scheiben Bündnerfleisch, ein halbes Hähnchen und 200 Gramm Magerquark auf dem Teller. Abends darf zu gebratener Geflügelleber, Kaninchen in Senfsoße und zwei Joghurts gegriffen werden. Wahlweise sind auch eine Scheibe Kalbsfleischpastete und Lachs in Folie erlaubt.
Das Frühstück bleibt in der Aufbauphase gleich. Mittags sind nun zum Beispiel Chicoréegratin mit Schinken, dazu Kalbsleber mit Sherryessig, Spinat mit weißer Soße und im Anschluss zwei Joghurts zugelassen. Abends gibt es eine Zucchinicremesuppe, Hähnchen mit Estragon und gedünsteten Pilzen sowie als Nachtisch einen Joghurt.
Wissenschaftliche Einschätzung
Wer zur Dukan-Diät greift, läuft Gefahr, sich einseitig zu ernähren. "Besonders in der ersten Phase ist der Bestandteil von Eiweiß viel zu hoch", sagt Silke Schwartau, Ernährungsexpertin bei der Verbraucherzentrale Hamburg. Zuviel Protein wiederum belastet die Nieren, die nur in begrenztem Umfang Schadstoffe wie Harnsäure ausscheiden können. Für Menschen mit chronischem Nierenleiden ist diese Diät daher ungeeignet. "Wird zuviel Eiweiß aufgenommen, kann das Krankheiten wie Gicht begünstigen", kritisiert die Ernährungswissenschaftlerin.
Zusätzliches Minus: "Wegen des Verzichts auf Obst und Gemüse fehlen auch viele Vitamine", so Schwartau. Die französische "Agence nationale de sécurité sanitaire de l'alimentation, de l'environnement et du travail", die in etwa dem deutschen Bundesinstitut für Risikobewertung entspricht, stuft die Diät daher als gesundheitsgefährdend ein. "Dem schließen wir uns als Verbraucherzentrale an", sagt die Ernährungswissenschaftlerin. Die Britische Gesellschaft für Ernährung hat die Dukan-Diät drei Jahre hintereinander als gefährlichste aller Promi-Diäten eingestuft.
Auch was die Umsetzbarkeit angeht, hat Schwartau Bedenken. Die erste Phase kann schnell eintönig werden. "Mit einer rein proteinreichen Kost ist diese Diät zu weit entfernt von den Ernährungsgewohnheiten." Weiche eine Diät so stark vom Alltag ab, sei der Misserfolg programmiert. "Viele scheitern, der Jojo-Effekt macht eventuelle Erfolge zunichte", sagt Schwartau.
Dukans These, dass pflanzliche Eiweiße gegenüber tierischen minderwertig seien, ist so ebenfalls nicht haltbar. "Zwar weisen pflanzliche Lebensmittel tatsächlich nie alle acht Aminosäuren auf, aber in der Regel isst man ja zum Beispiel nicht nur Kartoffeln, sondern kombiniert diese mit Ei, Bohnen oder Mais", so Schwartau. "Dann ergänzen sich die Eiweißverbindungen." Kritisch zu sehen sei auch die Empfehlung Dukans, so häufig zum Süßstoff zu greifen, wie man will. Denn diese Stoffe stehen im Verdacht, das Hungergefühl anzuregen.
Fazit
Fleisch, Fisch und Krustentiere: Die Dukan-Diät ist nicht nur teuer, sondern auch unausgewogen und riskant. Dass sich damit wirklich dauerhaft und gesund abnehmen lässt, bezweifeln Ernährungswissenschaftler. Für Vegetarier dürfte dieses Konzept ohnehin wenig geeignet sein.
"Ich würde von dieser Diät abraten", sagt Silke Schwartau von der Verbraucherzentrale Hamburg, "Wer sie machen will, sollte zuvor unbedingt mit seinem Arzt sprechen."