Anzeige
Anzeige

Im Nahverkehr und Einzelhandel FFP2-Masken werden in Bayern Pflicht: Wie sollen sich Ärmere das leisten? – und andere (offene) Fragen

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder schützt sich und andere mit einer FFP2-Maske vor einer Coronavirus-Infektion
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder schützt sich und andere mit einer FFP2-Maske vor einer Coronavirus-Infektion (Archivbild)
© Lino Mirgeler / DPA
Bayern verschärft seine Schutzmaßnahmen vor dem Coronavirus. In Zukunft gilt in Bussen und Bahnen sowie beim Einkaufen die Pflicht zum Tragen einer FFP2-Maske. Der stern mit den wichtigsten Fragen zur Neuregelung – von denen einige noch unbeantwortet bleiben.

Der Freistaat Bayern führt eine Pflicht zum Tragen einer FFP2-Maske in Öffentlichen Verkehrsmitteln und im Einzelhandel ein. Das hat die Staatsregierung unter Leitung von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Dienstag beschlossen. Bayern ist das erste Bundesland, dass eine solche Regelung getroffen hat.

Eine Entscheidung, die viele Fragen aufwirft – von denen die bayerische Regierung noch nicht alle beantworten kann:

Warum führt Bayern eine FFP2-Maskenpflicht ein?

Die bisher in vielen Bereichen verpflichtenden "Alltagsmasken" seien in der Coronavirus-Pandemie zum Schutz der anderen, so Söder nach der Kabinettssitzung in München. FFP2-Masken schützen auch den Träger selbst. Ziel sei, die Sicherheit im Öffentlichen Personennahverkehr und im Handel zu verbessern. Hintergrund für die beschlossene FFP-2-Maskenpflicht seien die weiterhin hohen Infektionszahlen im Freistaat. Binnen 24 Stunden habe es in Bayern 1740 Neuinfektionen gegeben. Das sind zwar fast 500 weniger als vor einer Woche, die Sieben-Tage-Inzidenz der Neuinfektionen auf 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner liegt jedoch bei 158,8 – und damit weiterhin deutlich höher als der Zielwert von 50.

Zudem macht Söder eine möglicherweise verstärkte Ausbreitung des Coronavirus durch mutierte Virenformen Sorge. Er verglich die Maßnahmen gegen die Mutationen mit "einem Wettlauf gegen die Zeit". Weitere Regeln wie Abstandhalten, ausreichende Handhygiene, regelmäßiges Lüften oder das Verwenden der Corona-Warn-App werden durch das Tragen einer FFP2-Maske nicht ersetzt sondern lediglich ergänzt.

Was sind FFP2-Masken und wie werden sie verwendet?

FFP steht für "Filtering Face Piece", also etwa "filtrierendes Gesichtsteil". Damit ist ihr Sinn und Zweck schon recht gut beschrieben. Sie sollen durch ihre Beschaffenheit dafür sorgen, dass keine gefährlichen Stoffe (wie das Coronavirus) in die Atemwege gelangen können. FFP-Masken gibt es in drei Klassifikationen, wobei FFP1-Masken mehr Partikel durchlassen, FFP3-Masken am wenigsten. Laut Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte schützen FFP2- und FFP3-Masken Trägerinnen und Träger sowie Umstehende vor Tröpfchen und Aerosolen. Erkennbar sind sie am CE-Prüfzeichen.

Eine typische FFP2-Maske
Eine typische FFP2-Maske
© Friso Gentsch / DPA

Wann und wo soll die FFP2-Maskenpflicht gelten?

Ab Montag, 18. Januar, Mitternacht, müssen Menschen auf dem Gebiet des Freistaates Bayern eine FFP2-Maske tragen, wenn sie ...

  1. ... den Öffentlichen Personennahverkehr nutzen, also in Bus, Straßenbahn, Bahn oder Taxi unterwegs sind.
  2. ... den Einzelhandel betreten (sofern er geöffnet ist).

Nicht betroffen von der neuen Regel sind offenbar Fabriken, Büros oder andere Arbeitsstätten.

Die bisher geltende Maskenpflicht erstreckt sich nicht auf Kinder vor dem siebten Lebensjahr. Ob dies bei der künftigen Regelung so bleibt, ist offen. Die endgültige Formulierung der entsprechenden Verordnung liegt noch nicht vor.

Wie lange die neue Pflicht gilt, ist nicht abzusehen. "Ziel ist, eine Sieben-Tages-Inzidenz von unter 50 Fällen pro 100.000 Einwohner zu erreichen", heißt es von der Bayerischen Staatsregierung. Wann es soweit sein wird, ist vollkommen ungewiss. Ministerpräsident Söder betonte: "Corona nimmt sich jeden Freiraum, den man ihm lässt – erst wenn wir ausreichend geimpft sind, ist der Spuk beherrschbar."

Sollte die Grafiken an dieser Stelle nicht oder nicht richtig dargestellt werden, klicken Sie bitte hier

Wo können FFP2-Masken gekauft werden?

"Die Verfügbarkeit im Handel ist ausreichend gewährleistet, also es gibt keine Mangelware FFP2", meint Ministerpräsident Söder. Als wie tragfähig sich diese Einschätzung erweisen wird, müssen die kommenden Tage und Wochen zeigen. Unter anderem führen Drogerien, Supermärkte und Apotheken FFP2-Masken in ihrem Sortiment, aber auch in Tankstellen oder Kiosken sind sie mancherorts erhältlich. Ebenso bieten etliche Internethändler FFP2-Masken an.

Wie sollen sich Ärmere die Masken leisten können?

FFP2-Masken sind wirksam, aber im Vergleich zu Alltagsmasken auch teuer: Preise von vier Euro pro Stück sind keine Seltenheit. Für Arbeitslosengeld-II-Empfängerinnen oder -Empfänger, deren Familien und andere ärmere Bevölkerungsgruppen kann der effektive und vorgeschriebene Schutz vor dem Coronavirus schnell eine finanziell starke Belastung werden, zumal die Masken nach Empfehlung des Robert-Koch-Instituts nicht mehrere Tage am Stück getragen werden sollen: "FFP2-Masken (sollten) grundsätzlich nicht mehrfach verwendet werden, da es sich in der Regel um Einmalprodukte handelt."

Zu dem Aspekt, wie sich auch ärmere Menschen die notwendige Zahl von FFP2-Masken leisten können sollen, sagten Ministerpräsident Söder und der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) auf der Pressekonferenz nichts. Der stern fragte direkt bei der bayerischen Regierung nach – auch von dort gab es zunächst keine Antwort. "Die Umsetzung und die sich daraus ergebenden Detailfragen werden derzeit noch innerhalb der Staatsregierung abgestimmt", teilte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums mit. Ob es also zum Beispiel eine Erhöhung der Arbeitslosengeld-II-Zahlungen, eine subventionierte oder gar kostenlose Abgabe von FFP2-Masken an bestimmte Gruppen geben wird, ist damit noch offen.

Einem alleinstehenden Empfänger von Arbeitslosengeld II ("Hartz IV") stehen monatlich 446 Euro als Regelbedarf zur Verfügung, davon entfallen laut aktuellem Regelbedarfsgesetz rund 17 Euro auf den Bereich "Gesundheitspflege".

Update, 13. Januar 2021: Bedürftige sollen in Bayern kostenlos FFP2-Schutzmasken zur Verfügung gestellt bekommen. Insgesamt sollen voraussichtlich 2,5 Millionen Masken bereitgestellt werden. Das kündigte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) an. Zuvor hatte die "Süddeutsche Zeitung" darüber berichtet.

Damit will die Staatsregierung Härten abfedern, wenn vom kommenden Montag (18. Januar) an eine FFP2-Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr und beim Einkaufen gilt. Sie reagiert damit auf vielfältige Forderungen von Sozialverbänden und der Opposition. 

Die FFP2-Maskenpflicht in Bussen, Bahnen und Geschäften wird erst für Jugendliche ab 15 Jahren gelten. Kinder bis einschließlich 14 Jahre bleiben ausgenommen.

Welche Strafen drohen bei Nichtbeachtung der Maskenpflicht?

Ein Verstoß gegen die Pflicht, Mund und Nase zu bedecken, kostet in Bayern laut der aktuell geltenden Fassung des Bußgeldkatalogs 250 Euro. Ob die Höhe ab dem 18. Januar unverändert gelten wird, ist nicht bekannt.

Coronavirus: Chuck Stacy – Mann aus Florida fordert US-Amerikaner zum Tragen von Masken auf

Kommt die FFP2-Maskenpflicht auch in anderen Bundesländern?

Noch bleibt Bayern das einzige Bundesland, dass auf dem Tragen von FFP2-Masken besteht. Dass es dabei bleibt, ist aber alles andere als sicher. Schon in der Vergangenheit wurden in der Coronavirus-Pandemie von einzelnen Bundesländern Regeln verschärft, ehe andere nachzogen oder eine bundesweit einheitliche Regelung erfolgte. Die Blicke dürften sich zunächst nach Sachsen, Thüringen und Brandenburg richten – in diesen drei Ländern gerät das Infektionsgeschehen mehr und mehr außer Kontrolle. Nach dem Beschluss des sogenannten harten Lockdowns in der vergangenen Woche bleiben den Landesregierungen nicht mehr viele Möglichkeiten zu weiteren Verschärfungen – die Einführung einer FFP2-Maskenpflicht wäre eine von ihnen.

Quellen: Bayerische Staatsregierung, Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Robert-Koch-Institut (1)Robert-Koch-Institut (2), Corona-Bußgeldkatalog Bayern, Regelbedarfsgesetz, Nachrichtenagenturen DPA und AFP

Mehr zum Thema

Newsticker

VG-Wort Pixel