Pandemie Kritische Lage erwartet: Mit diesen Maßnahmen soll Deutschland in den Corona-Herbst gehen

Olaf Scholz und Karl Lauterbach
Die Corona-Pandemie ist noch nicht vorbei. Welche Maßnahmen planen Scholz und Lauterbach für den Herbst?
© Michael Kappeler/ / Picture Alliance
Die Corona-Pandemie ist noch nicht vorüber, spätestens im Herbst erwarten Experten wieder eine kritischere Infektionslage. Diesmal will die Politik vorbereitet sein. Das sind die geplanten Maßnahmen.

Die Temperaturen steigen, die Corona-Zahlen fallen. Aber wie lange? Kanzler Olaf Scholz sprach nach Beratungen mit den Ministerpräsidenten am Donnerstag in Berlin davon, dass im Herbst und Winter möglicherweise wieder andere Voraussetzungen herrschen könnten. Ein Gedanke, der nicht aus der Luft gegriffen ist. In Portugal steigen die Infektionszahlen derzeit wieder. Schuld ist die Omikron-Subvariante BA.5. Expert:innen erwarten, dass sie sich auch hierzulande weiter ausbreiten wird. Bund und Länder wollen entsprechend vorbauen, frühzeitig für eine möglicherweise wieder kritischere Corona-Lage im Herbst Vorkehrungen treffen. 

Nach dem geänderten Infektionsschutzgesetz sind seit Anfang April die meisten staatlichen Schutzvorgaben im Alltag weggefallen. "Wir haben jetzt Sommerreifen drauf", formulierte der Kanzler. Nun gehe es darum, "die richtigen Winterreifen" bereit zu haben, wenn es darauf ankomme – und vielleicht weitere Maßnahmen. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) stagnierte der zuletzt deutliche Rückgang bei den Neuinfektionen in der aktuellen Woche. Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz gab das Institut am Freitagmorgen mit 261,3 an, vor einem Monat lag der Wert noch bei 632,2.

Scholz: "Die richtigen Winterreifen" bereit haben

Aber welches Profil sollen die erwähnten Winterreifen haben? Flächendeckende Schließungen von Schulen und Kitas jedenfalls solle es laut Scholz nicht mehr geben. Vor Entscheidungen zu möglichen weitergehenden Schutzvorgaben wie Maskenpflichten sollen aber noch angekündigte Experteneinschätzungen abgewartet werden. Die Länder forderten zudem, auch kostenlose Corona-Bürgertests zu verlängern.

Reicht das? Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU)  zumindest hat der Bundesregierung mangelnde Führung im Anti-Corona-Kampf vorgeworfen – und erneut zügige Vorbereitungen für den Herbst verlangt. "Auch wenn es nicht dem aktuellen Zeitgeist entspricht: Corona ist noch nicht vorbei. Wir müssen jetzt endlich die Weichen für einen sicheren Herbst und Winter stellen", sagte Holetschek der Deutschen Presse-Agentur in München. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) spreche davon, zur Vorbereitung auf den Herbst rechtzeitig Winterreifen aufzuziehen. "Um im Bild zu bleiben: Bisher kann ich noch nicht einmal ein fahrbereites Auto erkennen – und in der Bundesregierung niemanden, der es steuert", kritisierte Holetschek.

Die vielen Pläne des Karl Lauterbach

Gesundheitsminister Karl Lauterbach jedenfalls plant schon jetzt umfassende Vorkehrungen. Denn, so sagte er im Bundestag, "wir dürfen nicht erneut unvorbereitet wie im letzten Herbst in die Krise gehen". Dazu gehörten neben Änderungen im Infektionsschutzgesetz Konzepte zu Impfungen und Tests, genauere Daten zur Belastung von Kliniken, ein besserer Schutz von Risikogruppen etwa in Pflegeheimen. Das Impfkonzept sehe vor, dass es für alle Virusvarianten, die kommen könnten, den richtigen Impfstoff gebe. Die Länder-Gesundheitsminister hatten einstimmig einen möglichen Katalog etwa mit Maskenpflichten in Innenräumen und Zugangsregeln wie 2G und 3G (Zugang nur für Geimpfte, Genesene oder Getestete) zusammengestellt.

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Im ZDF-"heute journal" zeigte sich Lauterbach zudem zuversichtlich, den Koalitionspartner FDP von einer Verlängerung des Infektionsschutzgesetzes und der Maskenpflicht überzeugen zu können. Mit Blick auf den Herbst sagte der SPD-Politiker, Deutschland werde "auf jeden Fall über den 23.9. hinweg ein Infektionsschutzgesetz haben, was uns die Vorbereitungen gibt, die wir brauchen". Am 23. September läuft die bisherige Rechtsgrundlage für die Schutzmaßnahmen aus. Mit Blick auf die Maskenpflicht und die FDP fügte Lauterbach hinzu: "Ich glaube, dass wir da übereinkommen."

Corona-Vorkehrungen? Erst mal abwarten

Die FDP, die so wenig Corona-Schutzmaßnahmen wie möglich will, pocht darauf, zunächst mehrere Expertenberichte dazu abzuwarten.  In der nächsten Woche will der Corona-Expertenrat der Bundesregierung eine Stellungnahme zum Herbst und Winter vorlegen. Außerdem soll laut Gesetz bis 30. Juni eine Kommission zur Beurteilung der bisherigen Corona-Beschränkungen einen Bericht erstellen – auf Vorschlag der Union soll der Virologe Klaus Stöhr für den ausgeschiedenen Forscher Christian Drosten ins Gremium nachrücken, wie der Gesundheitsexperte Tino Sorge (CDU) mitteilte. Scholz erwähnte zudem eine Auswertung des einst eingerichteten Corona-Krisenstabs. Alle seien nun sehr dafür gewesen, den Expertisen nicht mit "Schnellschüssen" vorzugreifen.

Holetschek kritisiert das zögerlich Vorgehen. Karl Lauterbach rette sich von einer Ankündigung zur nächsten, "während der eigene Koalitionspartner FDP auf Zeit spielt". "Wir müssen befürchten, dass das Gutachten der Sachverständigenkommission zu spät kommt, um angemessen reagieren zu können. In wenigen Wochen verabschiedet sich der Bundestag in die Sommerpause."

dpa
tpo

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