Auch mehr als 30 Jahre nach dem Beitritt der DDR zur BRD will sich keine rechte Einheit zwischen Ost und West einstellen. Es gibt noch immer ein Lohngefälle, Ostdeutsche sind in den Führungspositionen von Politik und Wirtschaft stark unterrepräsentiert - und nach wie vor gilt die westdeutsche Identität als Norm: Wer in den alten Bundesländern geboren wurde, ist deutsch ohne Präfix. Alle anderen sind Ost-Deutsche.
In seinem Podcast "Einheit gut, alles gut" möchte Toni Willkommen die Gründe dafür erkunden. Dafür lädt sich der 1988 in Stolpen bei Dresden geborene Medienmanager verschiedene Gäste mit ostdeutscher Vergangenheit ein und spricht mit ihnen darüber, wie ihre Herkunft sie beeinflusst hat.
Es geht um Repräsentation und Diversität
"Wenn sich Menschen mit ihren Gedanken, ihren Wünschen, ihren Einstellungen und Merkmalen nicht entsprechend repräsentiert sehen, dann hat das Auswirkungen auf das Funktionieren unserer Gesellschaft", sagt Willkommen dem stern. "Ich möchte, dass wir vor dem Hintergrund der Diskussionen rund um Diversität diese eine für Deutschland so besondere Dimension nicht aus den Augen verlieren."

Wichtig ist ihm dabei, eine konstruktive Haltung zu bewahren: "Meckern und Zurückblicken nützt nichts - was wir in der Hand haben liegt vor uns, nicht hinter uns."
Das zeigt sich gleich im Gespräch mit seinem ersten Gast, dem Journalisten und Filmemacher Prof. Olaf Jacobs, der sich als Herausgeber der Studie "Der lange Weg nach oben" wissenschaftlich mit dem Thema Integration in den Toppositionen der Gesellschaft beschäftigt hat.
"Einheit gut, alles gut": Der Osten als Seismograph
Jacobs bringt immer wieder neue Perspektiven in die Debatte. Dem häufig im Westen geäußerten Lamento, dass "der Osten anders wähle" setzt er einen anderen Blickwinkel entgegen. Man könne die neuen Bundesländer auch als Seismographen betrachten. Die Zersplitterung der Parteienlandschaft und die Regierungsbildung mit mehr als zwei Parteien gab es in ostdeutschen Bundesländern lange bevor sich mit der Ampelkoalition im Bund ein Dreiparteienbündnis konstituierte. Hier könnte der Osten sogar ein Vorreiter von gesellschaftlichen Entwicklungen sein, die mit Zeitverzug das ganze Land betreffen.
In der zweiten Folge spricht Willkommen mit dem Initiator und Autor Michael Bohmeyer, der sich für das bedingungslose Grundeinkommen einsetzt. Das beschreibt er im Gespräch "als Synthese zwischen Freiheit und Sicherheit, aus Ost und West, aus Liberalismus und Sozialismus". Hört man Bohmeyers Ausführungen zu, stößt man schnell auf einen Vorteil der ostdeutschen Identität: Wer in der DDR geboren wurde, hat bereits eine Systemtransformation durchgemacht - und ist damit offener dafür, das bestehende System zu hinterfragen und vielleicht zu ändern.
Die durch diese Gespräche gewonnenen Denkanstöße sind mithin auch geeignet, auch Wessis zum Nachdenken zu bringen. Ein Podcast also für jeden Deutschen. Somit passt der Titel perfekt: Einheit gut, alles gut.
Die Folgen gibt es unter www.einheitgutallesgut.de und überall, wo es Podcasts gibt