Seit dem Start seines Podcasts im Juni vergangenen Jahres hat Ulrich Wickert mit sieben hochrangigen Spitzenpolitikern aus allen großen demokratischen Parteien gesprochen. Zum Finale der ersten Staffel wechselte der langjährige "Tagesthemen"-Moderator ausnahmsweise einmal die Seiten - und stellte sich den Fragen von Redakteurin Ivy Haase. Sie betreut das Projekt von Anfang an und pflegt einen vertraulichen Umgang mit Wickert, was sich auf das Gespräch äußerst belebend auswirkte.
Denn es ging ohne Abtasten und Vorgeplänkel los. "Was machst du abends als letztes vorm Zubettgehen?", wollte die junge Journalistin wissen. Der 78-Jährige outete sich als passionierter Krimi-Leser, der auf Ross Macdonald, Lawrence Block und Raymond Chandler steht. Die Vorliebe geht auf seine Studienzeit in den USA zurück, dort lernte er den Schöpfer von Privatdetektiv Philip Marlowe kennen. Zudem sah er den ersten James-Bond-Film im Kino und las daraufhin alle Bücher Ian Flemings. Sein Entschluss stand schon damals fest: "Sowas willst du auch mal machen."
Seit 2005 hat er tatsächlich sechs Krimis veröffentlicht, aktuell schreibt Wickert an einem weiteren. Doch bevor er sich diesem Hobby widmen konnte, führte der Journalist ein abwechslungsreiches Leben, das ihn in in zahlreiche Länder auf verschiedenen Kontinenten führte. Geboren wurde Ulrich Wickert 1942 in Tokio, sein Vater war Mitarbeiter der deutschen Botschaft. Seine Kindheit verbrachte er ab 1947 in Heidelberg, von 1956 bis 1959 lebte die Familie in Paris.
Ulrich Wickert führte ein bewegtes Leben
Die vielen Ortswechsel in seiner Kindheit haben dem Weltmann nichts ausgemacht. Im Gegenteil: "Ich bin immer gerne umgezogen." In den 60er Jahren studierte er zeitweise in den USA. Alles Erfahrungen, die Wickert bereichert haben. Im Verlauf des Gesprächs schöpfte er, animiert durch Ivy Haases interessiertes Nachfragen, aus einem gewaltigen Fundus an Erlebnissen, Beobachtungen und Anekdoten.
Dass Wickert auch im Alter noch offen für neue Erfahrungen ist, zeigt sein Podcast. Wer alle Folgen gehört hat, wird mit besonderem Interesse hören, wie der Moderator seine Gäste im Rückblick bewertet. Gleich sein erster Gast Markus Söder hat ihn beeindruckt. Er habe seine Vorurteile gegen den CSU-Chef durch dieses Gespräch abgebaut, gesteht Wickert. Söder sei sehr ehrlich und offen gewesen, vor allem aber habe er einen Fehler zugegeben.
Mit dessen Parteikollegin, Digitalministerin Dorothee Bär lief das Gespräch im vergangenen Dezember weniger glücklich. Das fing schon mit dem Termin an. Man sei zwar für ein Online-Gespräch verabredet gewesen, doch die Politikerin konnte nicht pünktlich erscheinen. Der Grund: Bär musste ihr neues Handy updaten. Darauf befanden sich offenbar so viele Fotos, dass der Prozess mehrere Stunden in Anspruch nahm. "Vielleicht kann man das als Digitalministerin wissen", so Wickerts süffisanter Kommentar.
Lob für Kevin Kühnert
Auch inhaltlich herrschte zwischen den Gesprächspartnern damals nicht nur Harmonie. Wickert bedauert, dass Bär bei zu vielen Themen keine Position hatte und sie oft auswich. "Wenn man Staatsministerin ist, dann muss man auch eine Position haben", urteilte er rückblickend. Die damalige CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer empfand er dagegen als sehr direkt und offen. Hier sagt Wickert: "Ich hatte nicht das Gefühl, dass sie ausgewichen ist."
In guter Erinnerung ist ihm auch das Gespräch mit dem damaligen Juso-Vorsitzenden Kevin Kühnert geblieben. Durch Wickerts ungewöhnliche Fragestellung lernte man den Politiker hier von einer ganz neuen, privaten Seite kennen. Den Moderator beeindruckte, dass Kühnert mit großem Ehrgeiz Geige geübt hat, weil er auf ein besonderes Gymnasium mit Orchester wollte. "Da kommen nur die Besten rein. Und er übt und er übt – und er schafft es tatsächlich. Das sagt über ihn viel aus." Wickert sagt dem Sozialdemokraten eine große Karriere voraus. Das dauere allerdings noch eine Weile, denn in der Politik müsse man ein gewisses Alter erreichen und benötige Erfahrungen. Mit Kühnert sei aber zweifellos zu rechnen.

Nächster Kanzler: Armin Laschet
Und eine weitere Voraussage wagt Wickert: Er glaubt fest daran, dass der neue CDU-Chef Armin Laschet der nächsten Kanzlerkandidat der Union werde - und damit wohl der nächste Kanzler Deutschlands. Söder habe dagegen keinen Grund zur Eile - er habe noch viel Zeit vor sich.
An den CSU-Ministerpräsident wird Wickert dennoch täglich erinnert: Markus Söder habe ihm nach dem Gespräch im vergangenen Juni eine Kaffeetasse mit bayerischem Wappen geschenkt. "Aus der trinke ich jeden Vormittag meinen Kaffee."
Die neue Folge des Podcasts "Wickert trifft" ist ab dem 28. Januar auf Audio Now und anderen bekannten Podcast-Plattformen abrufbar.