Emma Watson im Interview "Bloß keine Aufmerksamkeit erregen"

"The Bling Ring" erzählt von reichen Teenies in Los Angeles, die Promi-Villen ausrauben. Ausgerechnet "Harry Potter"-Star Emma Watson spielt eine davon. Ein Gespräch über Ruhm, Ruhe und Redlichkeit.

Cannes im Mai. Während an der Croisette zum 66. Mal die Filmfestspiele toben, steigen Diebe in die Suite eines Hotels ein und nehmen den Zimmersafe mit. Der ist gut gefüllt mit Juwelen im Wert von rund einer Million Euro, die angeblich für die Stars auf dem roten Teppich bestimmt waren.

Am Tag danach sitzt Emma Watson - schwarze Pumps, schwarz-weißes Louis Vuitton-Kleid, knallroter Lippenstift - für Interviews im Luxushotel Carlton und spricht über ihren neuen Film "The Bling Ring". Darin spielt sie das verpeilte reiche Teenager-Mädchen Nicki, das mit ein paar Freunden in die Villen ihrer Idole einbricht. Sie stehlen Klamotten, Schmuck, Schuhe und Schosshündchen bei Lindsay Lohan, Orlando Bloom oder auch Paris Hilton. "Für gestern habe ich ein Alibi", sagt Watson und lacht.

Miss Watson, hat Sie dieser Film gereizt, weil Sie schon seit jungen Jahren selbst Teil dieses Prominenten-Zirkus sind?

Zum einen verehre ich die Regisseurin Sofia Coppola und wollte unbedingt mit ihr zusammenarbeiten, egal bei welchem Projekt. Zum anderen gehört das Berühmtsein natürlich seit Langem zu meinem Leben dazu. "Bling Ring" macht die Gefahren sehr deutlich, die das mit sich bringt. Was alles passieren kann, wenn Fans durchdrehen.

Können Sie denen entkommen?

Ich würde nie nach Los Angeles ziehen. Dort dreht sich alles nur um die Unterhaltungsindustrie, und es ist schwer, jemanden zu treffen, der andere Interessen hat. Glücklicherweise bin ich auf dem Land in England aufgewachsen.

Auch da gibt es Teenager mit Smartphones.

Das stimmt. Ohne die neuen Technologien wären die Auswüchse der Celebrity-Kultur gar nicht möglich. Ohne Google oder Google Maps hätten diese Teenager nie die Villen der Stars auskundschaften können. Ohne soziale Medien wie Facebook oder Twitter hätten sie nicht erfahren, ob die Prominenten gerade zuhause sind oder nicht. Aber man hätte sie wohl auch nicht so schnell geschnappt. Diese Geschichte ist sehr aktuell. Und weil alle pausenlos Fotos von sich und ihren Freunden schießen und online stellen, kann heutzutage jeder zum Star werden.

Wie sehr hat der Ruhm Ihr Leben verändert?

Es fällt mir schwer, spontan zu sein. Ich muss immer alles im Voraus planen. Muss mich fragen: Fühle ich mich wohl in dieser oder jener Umgebung? Kann ich das sagen oder machen, ohne dass es später falsch interpretiert wird? Ich muss viel denken und navigieren und in meinem Privatleben sehr vorsichtig sein. Bloß keine Aufmerksamkeit erregen.

Wie stellen Sie das an?

Ich versuche, dass der Fokus mehr auf meiner Arbeit liegt und nicht so viel auf den Klamotten, die ich anhabe. Ich gehe nie auf öffentliche Events, außer sie haben direkt mit meiner Arbeit zu tun. Ich meide Orte, die trendy sind oder cool. Ich wohne in einem Viertel, wo es keine jungen, hippen Leute gibt, die sich für die Entertainment-Industrie interessieren oder Klatschzeitschriften lesen.

Ist Ihr Studium auch so eine Art Flucht?

Die Universität ist mein Stück normales Leben. Eine Umgebung, die sehr ernsthaft und akademisch ist. Die Leute dort konzentrieren sich auf ihre Seminare und nicht auf mich - ein wunderbarer Ausgleich. Ein Ort, an dem ich einfach nur Emma sein kann.

Trotzdem wird es überall Leute geben, die nur mit Ihnen reden wollen, weil Sie berühmt sind.

Ja, aber ich habe dafür inzwischen einen ganz guten Radar entwickelt. Das sind meistens die, die sagen: Oh, ich bin nicht an dir interessiert, weil du berühmt bist.

Haben Sie eigentlich die echte Nicki je getroffen?

Nein, ich habe mich nur ans Drehbuch gehalten. Sofia Coppola hat sich mit ihr getroffen. Ich hätte mich dabei unwohl gefühlt. Ich wollte mich nicht lustig machen. Für mich war sie eine Mischung aus Paris Hilton und Kim Kardashian.

Was war für Sie am schwierigsten während der Dreharbeiten?

Die Szene, in der ich in Paris Hiltons privatem Club ausgelassen tanzen sollte. Also habe ich meinen besten Freund Roberto, ebenfalls ein Schauspieler, angerufen und er hat mir hinter der Kamera was vorgetanzt. So im Stil von Beyoncé. Das hat mich gerettet.

Meinen Sie damit auch die Lapdance-Szene?

Warum sagen die Leute das immer? Es gibt in diesem Film keine Lapdance-Szene!

Pole-Dancing dann eben.

Wir sind nur ein paar Kinder, die im Haus von Paris Hilton rumalbern. Das war nicht wirklich ernst gemeint.

Haben Sie etwas vom Filmset mitgehen lassen?

Nein, das finde ich nicht gut.

Noch nie?

Nun, ich habe am Ende der "Harry Potter"-Filme das Filmstudio Warner Brothers gefragt, ob ich gewisse Dinge behalten dürfte: meinen Zauberstab, meinen Umhang.

Gibt es Prominente, die Sie selbst unbedingt mal treffen möchten?

Wissen Sie, das ist echt seltsam. Die Leute, die ich anhimmle, möchte ich gar nicht treffen, geschweige denn ihr Haus sehen. Ich hätte Angst, den Zauber zu brechen. Und ich will diese Leute nicht belästigen. Ich war mal bei einem Patty-Smith-Konzert. Und es fiel mir schon schwer, ihr nur die Hand zu schütteln. Wenn ich jemanden sehe, den ich bewundere, würde ich mich am liebsten verstecken.

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