An einem Oktoberabend 1970 sitzt Janis Joplin in der Barney’s Beanery Bar am Santa Monica Boulevard. Sie sitzt und trinkt. Die Sängerin arbeitet gerade an ihrem zweiten Studioalbum, am nächsten Tag soll sie "Buried Alive in the Blues" aufnehmen. Aber davor liegt die Nacht und das einsame Hotelzimmer im Landmark Hotel in Hollywood wartet – und das Heroin. Die Nacht zum 4. Oktober wird die Rockröhre nicht überleben.
Janis Joplin ist eine Ikone der Hippie-Zeit. Mit ihrer tiefen Stimme prägte sie den Sound der 60er-Jahre. Die Rockröhre mit dem Blues im Blut reihte sich mit Hits wie "Me and Bobby McGee" und "Piece Of My Heart" ein in die Riege der ganz Großen des Summers of Love. Der Weg auf die Weltbühne war allerdings holprig gewesen. Geboren in Port Arthur, einer texanischen Hafenstadt, gab es für die kunstaffine junge Janis wenig zu holen. In der Schule wurde sie gemobbt, sie war pummelig, litt an Akne und ihre Haare waren wild. Sie legte sich eine raue Schale zu, wurde tough, rauchte viel, trank noch mehr.
Kein Geld, wenig Erfolg, aber Schnapsdurst
Anfang der 60er-Jahre schmiss Joplin das College, tingelte durch die Musikszenen von Los Angeles, Houston und Austin. Mit kleinen Auftritten in Bars versuchte sie Fuß im Musik-Business zu fassen, aber der Erfolg blieb aus, das Geld war knapp. Trost fand sie mehr und mehr in Alkohol und Drogen, sie stürzte ab.
Nach einer Auszeit vom wilden Leben schloss sie sich 1966 in San Francisco der Band Big Brother and the Holding Company an. Ein Jahr später spielte die Band auf dem heute legendär gewordenen Monterey Pop Festival und teilte sich die Bühne mit Jimi Hendrix, The Who, Jefferson Airplane und Otis Redding. Janis Joplin betörte das Publikum, mit einer sensationellen Performance. Über Nacht wurde sie zum Star.
Zwei Alben nahm Joplin mit der Band auf, dann startete sie mit der Kozmic Blues Band ein Solo-Projekt. 1969 spielten sie als einer der Hauptacts Woodstock. Sie sang bis in den frühen Morgen, es war ihr wohl wichtigster Auftritt. Aber Joplin kämpfte mit Dämonen, gegen die auch das Rampenlicht nichts ausrichten konnten. Auch bei diesem Auftritt hatte sie getrunken, viel getrunken. Manchmal setzte die Stimme aus.
Zurück im Studio
Drogen und Alkohol, Whisky und Heroin, waren ihre ständigen Begleiter. Zwischenzeitlich soll sie 200 Dollar täglich für Heroin ausgegeben haben. Mehrmals versuchte sie mit Methadon die Sucht loszuwerden, aber schaffte es nicht. Anfang der 70er-Jahre stand es schlecht um die Musikerin. Ihre Hoffnung legte sie in die Musik. Eine neue Band und das neue Album "Pearl" sollten sie zu alter Größe zurückbringen.
Produzent Paul Rothchild, der einst auch mit The Doors zusammenarbeitete, sollte helfen. In ihrem letzten Interview in der Dick Cavett Show, zwei Monate vor ihrem Tod, trug sie lila und grüne Federn im Haar. Sie sprach über ihre neue Band Full Tilt Boogie und Cavett fragte: "Was bedeutet der Name?". Sie lachte ihr rauchiges Lachen, scherzte: "Was das heißen soll? Boogie, man".

Im September begannen die Aufnahmen. Inmitten der Studioarbeiten brauchte sie eine Pause, sie reiste zum Karneval nach Rio de Janeiro, dort wollte sie entgiften, endlich clean werden. Zurück in den Staaten sang sie am 1. Oktober den Song "Mercedes Benz" ein – A-cappella. Er ist einer ihrer größten Hits.
Am 4. Oktober wartete Rothchild in Los Angeles im Studio. Joplin aber kam nicht. Das Telefon klingelte ins Endlose, sie war nicht zu erreichen. Der Manager der Band machte sich auf, um im Hotel nach dem Rechten zu sehen. Vor dem Haus stand der Porsche der Sängerin, aber Joplin öffnete die Tür nicht. Sie lag tot in Zimmer 105. Der Gerichtsmediziner diagnostizierte eine Morphin-Vergiftung. Die letzte Dosis Heroin war eine Überdosis gewesen. Janis Joplin verstarb nur zwei Wochen nach Jimi Hendrix. Sie wurde 27 Jahre alt. Das Album "Pearl" erschien posthum. Es belegte neun Wochen lang die Nummer eins der Billboard 200.