Die Krimireihe "Ein Fall für Conti" und deren Titelrolle sind eigens auf sie zugeschnitten. Denn Désirée Nosbusch, erhielt dank ihres 2019 Grimme-Preis-gekrönten Parts in der Thriller-Serie "Bad Banks" sowie als ermittelnde Psychologin in "Der Irland-Krimi" (beides ZDF) so viel Anerkennung, dass der Sender ein weiteres Projekt mit ihr als seriöse Schauspielerin konzipierte.
Dabei war die gebürtige Luxemburgerin zunächst vor allem für ihre Moderationen von Musiksendungen ("Hits mit Désirée") populär geworden. Doch so kam es 2023 zu den dunkel getönten Justizkrimis, in denen Nosbusch als frühere Hamburger Staranwältin nach schwerer persönlicher Krise wieder in ihrem Beruf arbeitet.
Innere und äußere Dämonen
Contis italienischer Hintergrund, das Impulsive und die kämpferische Gerechtigkeitsliebe entsprächen ihrer eigenen Persönlichkeit, sagte die Künstlerin (heute 60), die zwei Kinder hat und seit 2018 mit einem Kameramann verheiratet ist, der dpa damals in einem Telefongespräch. Zudem kämpfe die Top-Juristin gegen innere Dämonen und Panikängste – die sie wie jeder Mensch mit einem Trauma oder Geheimnis nach außen hin vertuschen wolle. "So einen inneren Kampf versuche ich in einer neuen Figur immer zu finden", verriet Nosbusch, die sich nach eigenem Bekunden in den USA selbst schon von Therapeuten hatte helfen lassen.
Im nunmehr dritten Fall "Der verlorene Sohn" (Montag, 1. Dezember, 20.15 Uhr) - nach dem Pilotfilm "Meine zwei Gesichter" sowie "Spieler" von 2024 - weiht Conti schon mal ihre neue Wohnung in der Hansestadt mit einer Party ein. Auf der lästern die Kollegen noch launig über den ebenfalls anwesenden überheblichen Oberstaatsanwalt von Thun (Peter Lohmeyer, "Väter allein zu Haus"). Doch da hat das Unglück längst seinen Gang genommen.
Mit Intuition auf Tätersuche
Denn wegen Mordes an der Putzkraft eines Lokals sitzt Falk Klopfer (Sebastian Urzendowsky, "Der Tiger") seit neun Jahren in der JVA Fuhlsbüttel ein – zu Unrecht, wie sein todkranker Vater (Michael Wittenborn, "Merz gegen Merz") glaubt. Der junge Hilfskoch, der die Tat auf sich genommen hatte, bleibt jedoch bei seinem Schuldbekenntnis.
Dabei wurde eine Zeugin, die gerade bei der Polizei und Klopfer senior angerufen hat, gleich zu Beginn des Films gewaltsam entführt. Und Conti geht Seite an Seite mit ihrer einstigen Referendarin und zwischenzeitlichen Gegnerin, der Staatsanwältin Henry Mahn (Malaya Stern Takeda, "Love Addicts"), sowie ihrem noch unausgereiftem Assistenten Carlo (Maximilian Mundt, "Gran Turismo"), die Angelegenheit erneut an.
Seltsamerweise stößt das ungleiche Trio damit bei Polizei und Staatsanwaltschaft auf Ablehnung. Handelt es sich bei dem Mord etwa gar nicht um eine Einzeltat, sondern um den Teil eines Komplotts? Bei dem die Rockergang "Die Eagles" und ein Drahtzieher der Hamburger Unterwelt ebenso eine Rolle spielen könnten wie prominente Vertreter der Staatsgewalt?
Bald nimmt die Inszenierung von "Spieler"-Regisseur Nathan Nill - nach dem einmal mehr von Lucas Thiem verfassten Drehbuch - Thriller-Dimensionen an. Die spiegeln sich in der düsteren Bildsprache. Hamburg ist als unwirtliches stahlgraues Häusermeer zu erleben - oder bei Nacht, wenn Großstadtlichter sich im regennassen Asphalt brechen (Kamera: Peter Drittenpreis). Trostlos dröhnt dazu eine leise Tonkulisse (Musik: Marco Dreckkoetter). All das wirkt ästhetisch und ambitioniert, aber nicht gerade originell. Und eine bedrohliche Atmosphäre wird so vornehmlich durch äußere Mittel erwirkt.
Alle sind entwurzelt
Überhaupt darf man an dem durchaus spannenden Film eine übertriebene Offensichtlichkeit kritisieren. Etwa in Bezug auf dessen feministisches Anliegen, Frauen als die Aktiven und letztlich Machtvollen zu zeichnen. Wogegen Männer wie unter anderem der von Peter Lohmeyer allzu eindimensional gestaltete Oberstaatsanwalt am Ende den Kürzeren ziehen.
Die anspruchsvoll tiefgründigen, um Darstellung der Gegenwart bemühten Ziele der Krimireihe hatte bereits Nosbusch der dpa am Telefon geschildert. "Die Figuren haben keinen wirklichen Boden unter den Füßen", erklärte die Hauptdarstellerin, die zuvor für ihre Recherchen quasi als Schatten einer Anwältin durch einen ganzen Prozess gegangen war und sich sogar in U-Haft bewegen durfte. Und sie fügte hinzu: "Alle sind entwurzelt und suchen den Weg dahin, wo sie hingehören."