Der britische Prinz Harry wird sofort aus Afghanistan abgezogen. Das teilte das Verteidigungsministerium in London mit. Das Risiko für den Prinzen, Ziel von terroristischen Anschlägen zu werden, wurde als zu hoch eingeschätzt. Am Vortag war bekanntgeworden, dass der 23-Jährige seit zehn Wochen im heimlichen Einsatz gegen die radikalen Taliban ist. Das Verteidigungsministerium hatte eine Überprüfung der Stationierung der Nummer drei der britischen Thronfolge bereits angekündigt, nachdem ausländische Medien die Vereinbarung zur Geheimhaltung des Afghanistan-Einsatzes gebrochen hatten.
Royals an der Front
Prinz Harry war nicht als erstes Mitglied der britischen Königsfamilie im Krieg. Noch 2007 hatte die Armeeführung den Prinzen zwar davon abgehalten, auch seinem älteren Bruder William blieb ein solcher Einsatz im Ausland versagt. Doch nun war Harry in Afghanistan. Frühere Royals im Kampf waren:
- Prinz Andrew, der Herzog von York, war als letzter der Royals im Krieg. Als Hubschrauberpilot auf dem Flugzeugträger "Invincible" beteiligte sich Harrys Onkel 1982 an der britischen Rückeroberung der argentinisch besetzten Falkland-Inseln im Südatlantik.
- Prinz Philip, der Herzog von Edinburgh und spätere Gemahl der Queen, diente während des ganzen Zweiten Weltkriegs in der Royal Navy. Zur Zeit der japanischen Kapitulation 1945 lag er mit seinem Schiff im Hafen von Tokio.
- George Edward Windsor, der Herzog von Kent, war im Zweiten Weltkrieg zur Royal Air Force gegangen. Prinz Harrys Großonkel - er war der Bruder von König Georg VI - starb 1942 beim Absturz seiner Militärmaschine auf dem Weg nach Island.
Australische Tageszeitung verteidigt sich
Buhmänner sind nun die ausländischen Medien, die dem Prinzen die Tour "vermasselt" hätten, wie die Zeitung "Sun" schreibt. Der Einsatz war durch Berichte in der australischen Zeitung "New Idea" und auf der US-Webseite "Drudge Report" ans Licht gekommen. Eine Gruppe von Journalisten, darunter auch Amerikaner, hatte den Prinzen in Afghanistan besuchen dürfen. Alle Reporter hatten jedoch versichern müssen, dass sie erst nach der planmäßigen und sicheren Rückkehr Harrys darüber berichten würden. Das Geheimnis wurde jedoch auf noch unbekanntem Weg weitergegeben.
Das australische Magazin "New Idea" hat die Vereinbarung zur Geheimhaltung des Einsatzes von Prinz Harry nach eigenen Angaben nicht wissentlich gebrochen. Die Zeitschrift teilte am Freitag mit, sie sei nicht mit einem Embargo belegt worden und habe von solch einer Vereinbarung nichts gewusst. "Die Geschichte wurde am 7. Januar veröffentlicht. Seither hat 'New Idea' vom britischen Verteidigungsministerium nichts gehört", hieß es weiter.
Armee befürchtet, dass Harry zum Anschlagsziel wird
Die Armee äußerte sich enttäuscht über einen Abzug des Prinzen. "Er ist ein sehr guter Offizier und wenn er abgezogen wird, dann ist das aus militärischer Sicht eine große Enttäuschung", sagte Armeesprecher Brigadier Patrick Marriott dem Morgensender GMTV. Der britische Prinz, der seit zehn Wochen heimlich im Einsatz gegen die radikal-islamischen Taliban in der südlichen Provinz Helmand ist, sollte ursprünglich drei Monate in Afghanistan bleiben. Die Armee befürchtet aber, dass Harry, der den Spitznamen "bullet magnet" (Kugel-Magnet) trägt, nun zum Ziel von Anschlägen wird und so auch für seine Kameraden eine Gefahr ist.
Unterdesssen wird Prinz Harry in Großbritannien als Held gefeiert: Britische Medien überschlugen sich am Freitag förmlich mit Lobeshymnen: "Harry, der Mutige", titelte die Boulevardzeitung "Daily Mirror" und würdigte den Mut und die Entschlossenheit von Prinz Harry. "Harry riskiert sein Leben an der Front" schrieb die "Daily Mail", die "Sun" rief unter der Überschrift "Einer von unseren Jungs" die Leser sogar dazu auf, sich Prinz-Harry-Fotos ins Fenster zu kleben und selbst der sonst eher zurückhaltende "Daily Telegraph" schrieb euphorisch: "Prinz Harry: Ein stolzer Soldat in Afghanistan." Premierminister Gordon Brown erklärte, ganz Großbritannien sei stolz aus die herausragende Leistung des Prinzen.
Harry enttäuscht über Abzug
Der Abzug aus Afghanistan ist für Prinz Harry eine große Enttäuschung. Er selbst sagte BBC-Reportern in Afghanistan, er sei "sehr glücklich, dass ich hier im Einsatz sein konnte". Zuvor hatte sich der 23-jährige Leutnant mehrfach vergeblich darum bemüht, im Irak eingesetzt zu werden. Dies war vom Oberkommando der britischen Armee unter Hinweis auf die Gefährdung durch El-Kaida-Terroristen abgelehnt worden. Die Terrororganisation hatte zur Ermordung des Prinzen aufgerufen.
Den Gefallen am Kampf fand Harry im zarten Alter von acht Jahren in Deutschland. Mit seiner Mutter Prinzessin Diana besuchte er 1993 die britische Kaserne in Bergen-Hohne in der Lüneburger Heide. Damals entstand ein berühmtes Foto, auf dem der Rotschopf frech aus einem Panzer lugt. Am Freitag war Harry dagegen hinter einem Maschinengewehr im Kampf gegen die Taliban zu sehen. Er hoffe, dass seine verstorbene Mutter stolz auf ihn sei, sagte er. "Sie würde auf mich herabschauen und über die dummen Sachen kichern, die ich gemacht habe."