Als Elfjähriger besuchte er mit seiner Mutter Diana zum ersten Mal eine Obdachlosenunterkunft. Nun startet Prinz William ein Programm, mit dem er die Wohnungslosigkeit in Großbritannien bekämpfen will. Kritiker werfen dem Thronfolger Heuchelei vor.
Es sind Zahlen, die erschrecken. Schätzungen zufolge gibt es in Großbritannien mehr als 300.000 Haushalte ohne festes Obdach. Und: Es werden immer mehr. Einen Anstieg um etwa ein Drittel über drei Jahre hat die Wohltätigkeitsorganisation Crisis ausgemacht. Prinz William will das ändern. Der britische Thronfolger hat jetzt seine Initiative "Homewards" vorgestellt, dank der Wohnungslosigkeit bald nur noch "selten, vorübergehend und unwiederholt" sein soll. Vorbild sei Finnland, das mit dem Konzept "Housing First" die Obdachlosigkeit in wenigen Jahren drastisch gesenkt hat.
2009 verbrachte Prinz William selbst eine Nacht auf der Straße
Der Kampf gegen Wohnungslosigkeit ist für William, so versichern royale Quellen, ein persönliches Anliegen. Als er elf Jahre alt war, nahm ihn seine Mutter Prinzessin Diana mit in eine Obdachlosenunterkunft, damit er das Leid der anderen aus nächster Nähe persönlich erlebt. 2009 verbrachte William eine kalte Nacht auf einer Straße in London, er ist Schirmherr von zwei Hilfsorganisationen.
Nun sieht der 41-Jährige die Zeit gekommen, eines der größten sozialen Probleme im Land nachhaltig anzugehen. "In einer modernen und fortschrittlichen Gesellschaft sollte jeder ein sicheres Zuhause haben, mit Würde behandelt werden und die Unterstützung erhalten, die er braucht", sagte der älteste Sohn von König Charles III.
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Eine Umfrage im Auftrag von Williams Royal Foundation ergab, dass mehr als ein Fünftel der Befragten von Wohnungslosigkeit betroffen sei – entweder persönlich oder über Familienmitglieder und Freunde. Fast drei Viertel sind der Ansicht, das Problem habe im vergangenen Jahr zugenommen, und ähnlich viele meinen, das Thema werde nicht ausreichend beachtet. Die steigenden Lebenskosten, höhere Mieten, wenig bezahlbarer Wohnraum, niedrige Löhne und unsichere Arbeitsplätze sowie Fehler im Sozialsystem: Die Gründe für Wohnungslosigkeit seien komplex, betonte die Organisation Crisis.
Williams Initiative, für die er am Montag und Dienstag landesweit sechs Pilotprojekte besucht, ruft lokale Unternehmen, Organisationen und Einzelpersonen auf, die Kräfte zu bündeln und "maßgeschneiderte" Pläne für Unterkünfte zu entwickeln. Dafür stehen jeweils bis zu 500.000 Pfund (ca. 580.000 Euro) bereit. Als "Ergänzung zu dem, was bereits getan wird", kündigte William seine Idee in der Zeitung "Sunday Times" an. Für ihn ist es wichtig, dass soziales Engagement nicht als Kritik an der Regierung gesehen wird – die Royal Family hat unpolitisch zu sein.
Es gibt auch Kritik an dem Projekt
Doch nicht alle sind glücklich über Williams Wahl. Als Heuchler kritisiert ihn die Organisation Republic, die für eine Abschaffung der Monarchie eintritt. Wohnungslosigkeit sei teils das Ergebnis wirtschaftlicher Ungleichheit – "etwas, das von den superreichen Royals repräsentiert wird, die in mehreren Palästen wohnen", sagte Republic-Chef Graham Smith. William sei daher kein glaubhafter Botschafter. Er verfüge mit Adelaide Cottage, einer riesigen Wohnung im Londoner Kensington Palast sowie dem luxuriösen Ferienhaus Anmer Hall über drei exklusive Wohnorte.
Hinzu kommt, dass William nun als Thronfolger einer der größten Grundbesitzer des Landes ist – ihm stehen Pachteinnahmen aus dem Herzogtum Cornwall zu. Im "Sunday Times"-Interview kündigte William an, er werde dort bezahlbare Wohnungen schaffen.
"Der Prinz ist überzeugt, dass es an der Zeit ist, ein Schlaglicht auf das Problem zu werfen und Maßnahmen zu ergreifen", zitierte die Nachrichtenagentur PA eine "royale Quelle". Ja, hieß es dort weiter, William befinde sich nunmal in einer bevorzugten Lage. "Aber hier geht es nicht um große Gesten, hier geht es nicht um einen PR-Gag. Hier geht es darum, die Art und Weise, wie wir als Gesellschaft über Obdachlosigkeit denken, systemisch zu verändern."
Republic-Chef Smith zeigte sich von den Versicherungen unbeeindruckt. "Wohnungslosigkeit ist das Ergebnis von Regierungspolitik und fehlender Investitionen und nichts, dass mit Wohltätigkeit oder royaler Schirmherrschaft gelöst werden kann", sagte er.