"Befolgen Sie die Anweisungen der örtlichen Behörden, da Sie aufgrund von heruntergefallenen Stromleitungen und Überschwemmungen möglicherweise auch nach dem Sturm in Schutzräumen bleiben müssen", warnte das NHC. Im Laufe des Tages wurde ein Rückgang der Überflutungen auf den Bahamas erwartet.
An Bermuda werde "Melissa" voraussichtlich als Hurrikan der Kategorie 1 vorbeiziehen, erklärte die Regierung der Inselgruppe in den Onlinenetzwerken. Das britische Überseegebiet werde wahrscheinlich "nicht direkt" getroffen. Dennoch sei der Wirbelsturm "nah genug" an den Bermuda-Inseln, "um Vorsichtsmaßnahmen zu rechtfertigen".
Für andere Karibik-Staaten gab das NHC keine Entwarnung. Die Überschwemmungen könnten demnach in Kuba, Jamaika, Haiti und der Dominikanischen Republik weiter anhalten.
Am Vortag hatte der tropische Wirbelsturm Kuba erreicht, wo er nach den Worten von Präsident Miguel Díaz-Canel "beträchtliche" Schäden anrichtete. Den Behörden zufolge wurden etwa 735.000 Menschen in Sicherheit gebracht. Besonders betroffen waren demnach die Provinzen Santiago de Cuba, Hilguín und Guantanamo im Osten der Insel.
In Haiti meldeten die Behörden mindestens 20 Tote durch Überschwemmungen, darunter zehn Kinder. Zehn weitere Menschen wurden nach Angaben des Zivilschutzes vermisst. "Menschen sind ums Leben gekommen, Häuser wurden von den Wassermassen fortgerissen", sagte der Einwohner Steeve Louissaint in der Küstenstadt Petit-Goave der Nachrichtenagentur AFP.
Hinsichtlich der Verwüstungen, die der Hurrikan mit der höchsten Kategorie 5 zuvor in Jamaika angerichtet hatte, sprachen die Vereinten Nationen von Zerstörung in nie dagewesenem Ausmaß. Jamaikas Ministerpräsident Andrew Holness erklärte den Karibikstaat zum "Katastrophengebiet". 25.000 Menschen suchten ihm zufolge Schutz in Notunterkünften.
Das Ausmaß der Schäden in Jamaika war zunächst noch unklar, weite Teile der Insel waren auch am Donnerstag ohne Strom. Informationsministerin Dana Morris Dixon sagte dem Sender CNN, die genau Zahl der Opfer können noch nicht bestätigt werden, da die Helfer noch nicht in die am schwersten betroffenen Regionen vordringen konnten.
Papst Leo XIV. betete im Vatikan für die Menschen in der Region. Die britische Regierung kündigte Hilfen in Höhe von 2,5 Millionen Pfund (rund 2,8 Millionen Euro) an. Die US-Regierung erklärte, in engem Kontakt mit den Regierungen von Jamaika, Haiti, der Dominikanischen Republik und der Bahamas zu stehen.
US-Außenminister Marco Rubio erklärte im Onlinedienst X, dass Rettungs- und Einsatzteams mit lebenswichtigen Hilfsgütern in die betroffenen Gebiete entsandt worden seien. "Unsere Gebete gelten den Menschen in der Karibik", fügte er an.
Mit "Melissa" traf in Jamaika erstmals seit 90 Jahren ein Hurrikan mit derartiger Stärke auf Land, wie eine Auswertung von Daten der US-Wetter- und Ozeanografiebehörde (NOAA) durch die Nachrichtenagentur AFP ergab. Der "Labour Day"-Hurrikan, der 1935 die Inselkette Florida Keys im Süden der USA verwüstet hatte, war - wie "Melissa" - mit 300 Stundenkilometern und einem minimalen Luftdruck von 892 Millibar auf Land getroffen.
Wissenschaftlern zufolge ist der menschengemachte Klimawandel für die Intensität des Hurrikans verantwortlich. Die Erderwärmung erhöhe zudem die Wahrscheinlichkeit für Wirbelstürme wie diese um das Vierfache, hieß es am Mittwoch in einer Schnellanalyse des Grantham Institute am Londoner Imperial College. Jamaika hatte demnach "viel Zeit und Erfahrung", um sich auf den Sturm vorzubereiten. Die Möglichkeiten der Vorbereitung und Anpassung seien aber "begrenzt".