Prozess um mutmaßliche Hamas-Untergrundzelle in Berlin begonnen

Vermummter Hamas-Kämpfer im Gazastreifen
Vermummter Hamas-Kämpfer im Gazastreifen
© AFP
Vor dem Berliner Kammergericht müssen sich seit Dienstag vier mutmaßliche Mitglieder einer Untergrundzelle der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas verantworten. Der Prozess begann mit der Verlesung der Anklage durch Bundesanwalt Jochen Weingarten. Die vier Männer sind wegen der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung angeklagt, einer von ihnen zusätzlich wegen der Gewalt über Kriegswaffen und Schusswaffenbesitzes.

Die Männer zwischen 34 und 57, von denen drei überwiegend in Deutschland und einer in den Niederlanden lebten, sollen auf Geheiß der Führung des militärischen Arms der Hamas mehrere Schusswaffendepots für mögliche Anschläge in Europa angelegt haben. Laut Anklage der Bundesanwaltschaft waren sie als sogenannte Auslandsoperateure der sogenannten Kassam-Brigaden der Hamas in Europa tätig und arbeiteten am Aufbau eines logistischen Netzwerks für etwaige Anschläge.

Konkret soll der 41-Jährige, der zuletzt in Berlin ein Restaurant betrieb, 2019 im Auftrag der Hamas nach Bulgarien gereist sein, um dort ein Waffendepot anzulegen. Er soll unter einem Baum eine Kiste mit verschiedenen Waffen, darunter eine Kalaschnikow und mehrere Pistolen, vergraben und anschließend die Koordinaten an die Hamas gegeben haben. Im gleichen Jahr soll der Angeklagte im Auftrag der Hamas ein Waffendepot in Dänemark aufgelöst und mindestens eine Pistole nach Deutschland gebracht haben.

Die weiteren Angeklagten sollen laut Bundesanwaltschaft, teils auch mit Unterstützung des 41-Jährigen, versucht haben, ein weiteres Waffendepot in Polen aufzulösen. Die dort versteckten Waffen sollten im Zusammenhang mit den Vorbereitungen des Angriffs der Hamas auf Israel vom 7. Oktober 2023 für mögliche Anschlagsziele in Europa verfügbar gemacht werden. Zu den möglichen Anschlagszielen sollen die israelische Botschaft und das Gebiet um den ehemaligen Tempelhofer Flughafen in Berlin oder die US-Airbase in Ramstein in Rheinland-Pfalz gezählt haben.

Dafür sollen die Männer in wechselnder Besetzung von Berlin aus in ein Waldgebiet nach Polen gefahren sein. Allerdings fanden sie das Versteck auch beim fünften Versuch nicht. Der sechste Versuch, das Waffenlager in Polen anhand von Koordinaten und Wegbeschreibungen auszumachen, wurde wegen der Tötung eines stellvertretenden Kommandeurs des Kassam-Brigarden im Libanon unterbrochen. Der 46-jährige Angeklagte sei wegen seines Vertrauensverhältnisses zu dem getöteten Kommandeur in den Libanon geflogen, um an der Trauerfeier teilzunehmen und als Sargträger zu fungieren.

Während der Vorbereitungen zu dem sechsten Versuch wurden die vier Beschuldigten am 14. Dezember 2023 festgenommen. Sie sitzen seitdem in Untersuchungshaft. Der Prozess findet wie bei Staatsschutzverfahren üblich unter hohen Sicherheitsauflagen statt. Für den Indizienprozess wurden zahlreiche Termine bis Dezember angesetzt.

AFP