Hintergrund des Streits ist die Forderung vor allem jüngerer Unionspolitiker, den vorliegenden Gesetzentwurf zur Rente noch zu verändern. Sie wehren sich dagegen, dass dort nicht nur das Rentenniveau bis 2031 bei mindestens 48 Prozent festgeschrieben wird, sondern dass dies auch danach zu einem höheren Ausgangsniveau für die Entwicklung der Rente in den Folgejahren führen würde. Die SPD beharrt auf dem vom Kabinett beschlossenen Entwurf.
Derzeit liefen "Gespräche innerhalb der Koalition zwischen den Fraktionen, zwischen der Bundesregierung und den Koalitionsfraktionen, um da zu einer Lösung zu kommen", sagte Vize-Regierungssprecher Hille. Er verwies auf den einstimmigen Kabinettsbeschluss zu dem Rentenpaket.
Ähnlich äußerte sich Unions-Parlamentsgeschäftsführer Steffen Bilger (CDU): Er lehnte bei den Sendern RTL und ntv einen Stopp des Rentenpakets ab und ging davon aus, dass sich am Donnerstag auch der Koalitionsausschuss mit der Frage beschäftigten wird. Auch Bilger machte deutlich, er halte nichts davon, über Themen wie die Vertrauensfrage zu spekulieren. Merz selbst hatte sich erst am Sonntag zuversichtlich gezeigt, dass es zu einer baldigen Einigung kommt.
SPD-Fraktionschef Matthias Miersch ergänzte, er sei mit Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU) "in einem sehr, sehr engen Austausch" zum Thema Rente. Zugleich erinnerte er alle Beteiligten an "Absprachen" - hier müsse es "eine Verlässlichkeit" geben und die erwarte er auch. "Ich bin guten Mutes, dass uns das auch gelingt." Er selbst rechnet damit, dass das Rentenpaket kommende Woche in den Bundestag kommt.
Auch Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU) richtete deutliche Worte an den Koalitionspartner. "Der Gesetzgeber sitzt hier im Deutschen Bundestag", sagte er. "Rote Linien oder Basta-Rufe aus Ministerien sind nicht angemessen." Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) hatte mehrfach betont, an der Gesetzesvorlage festhalten zu wollen.
Unterstützung für die sogenannte Junge Gruppe der Union kam von 22 Ökonomen und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern anderer Fachrichtungen, die von der Regierung einen Stopp des geplanten Rentenpakets forderten. Nötig sei eine "Rentenpolitik mit langem Atem, die berechenbar und fiskalisch nachhaltig ist". Das Rentenpaket verfehle dieses Ziel.
Unterschrieben haben den Appell unter anderem Ifo-Präsident Clemens Fuest, die Wirtschaftsweisen Monika Schnitzer und Veronika Grimm und Jörg Rocholl, der Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesfinanzministerium. Sie kritisieren vor allem, dass die Haltelinie für das Rentenniveau und die geplante Ausweitung der Mütterrente die öffentlichen Finanzen erheblich belasteten.
Kritik sei grundsätzlich willkommen, sagten Bilger und auch Miersch - auch mit Blick auf die geplanten Beratungen der Rentenkommission für eine langfristige Reform ab Dezember. "Aber politisch müssen wir jetzt eben auch Handlungsfähigkeit beweisen", betonte Bilger. Wenn die Koalition dieses Jahr kein Rentenpaket beschließe, könnten auch andere darin enthaltene Vorhaben wie die Aktivrente zum 1. Januar nicht kommen.
Noch unklar war zunächst, wie sich die Linkspartei im Bundestag bei der Abstimmung verhalten wird. Die Grünen bekräftigten hingegen ihre Ablehnung. Fraktionschefin Britta Haßelmann warf der Regierung "Unprofessionalität" und "Chaos" vor. "Wir sind keine Hilfstruppe für schlechtes Regieren." Für ihre Fraktion stehe fest: "Diesem Rentenpaket können wir nicht zustimmen."
Die AfD stellte gleichfalls klar, dass sie das Rentenpaket der Regierung ablehnt. "Wir werden natürlich nicht zustimmen, weil auch das nicht nachhaltig ist", sagte Parteichefin Alice Weidel. Sie erneuerte die Bereitschaft ihrer Partei, "Reformen für die deutsche Industrie und für die deutsche Wirtschaft zusammen mit der CDU auf den Weg zu bringen".