"Ich bin sehr klar darin, dass wir dieses Gesetz jetzt beschließen sollten, wie wir es vorgelegt haben", sagte Klingbeil. Die beiden SPD-Vorsitzenden zeigten sich beim Arbeitgebertag zugleich offen für eine langfristige Reform des Rentensystems, für die eine Expertenkommission im kommenden Jahr Vorschläge vorlegen soll. "Wir brauchen über das Jahr 2031 hinaus durchaus eine Reform", sagte Bas. Klingbeil verwies auf die anstehenden Reformberatungen in der Rentenkommission: "Da kommt alles auf den Tisch."
Auch Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) warb erneut um Zustimmung im Bundestag für das bereits vom Bundeskabinett verabschiedete Rentenpaket. Auf dem Arbeitgebertag wies er den Vorwurf von jungen Unionsabgeordneten zurück, die Gesetzesvorlage aus dem Ministerium von Bas gehe über die Vereinbarung im Koalitionsvertrag hinaus.
"Wir haben im Kabinett nicht mehr und nicht weniger verabschiedet als im Koalitionsvertrag vereinbart", sagte der Kanzler. "Ich bin nicht dafür, mit der Alterssicherung herumzuspielen nach dem Motto: Wer bietet weniger", fügte er hinzu.
Die schwarz-rote Koalition ringt seit Wochen um eine Lösung in der Rentenfrage. Hintergrund ist die Forderung vor allem jüngerer Unionspolitiker, den vorliegenden Gesetzentwurf zur Stabilisierung des Rentenniveaus noch zu verändern. Sie kritisieren, dass der Gesetzentwurf von Ministerin Bas auch über das Jahr 2031 fortwirkt - und damit über die Vereinbarung im Koalitionsvertrag hinausgeht.
Der Vorsitzende der Jungen Union, Johannes Winkel (CDU), bekräftigte die Bedenken der jungen Abgeordneten. Er plädierte auf dem Arbeitgebertag für eine Verschiebung der Bundestagsabstimmung über die kostenintensive Sicherung des Rentenniveaus, wie die SPD sie wünscht.
Zunächst müsse die langfristige Reform zur Stabilisierung des Rentensystems vereinbart werden, danach erst könnten Entscheidungen über das Rentenniveau gefasst werden: "Das wäre die richtige Reihenfolge", sagte Winkel. Zugleich zeigte sich der JU-Chef offen für Kompromisse: "Regierungsfähigkeit heißt immer Kompromissfähigkeit."
Angesichts der anhaltenden Debatte appellierte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier an Union und SPD, sich auf eine Lösung zu verständigen. "Am Ende wird keiner sich zu 100 Prozent wiederfinden in der Reform", sagte Steinmeier bei einer am Montag aufgezeichneten Veranstaltung des Deutschlandfunks in Hoyerswerda. "Da wird jeder Abstriche machen müssen. Aber der Kompromiss muss zustande kommen. Das erwarten die Menschen."
Die schwarz-rote Regierung sei gewählt worden, weil in der Vorgängerregierung bestimmte Erwartungen nicht erfüllt worden seien, betonte Steinmeier in der am Dienstagmorgen in Teilen ausgestrahlten Aufzeichnung. Er verwies auch auf die sich verändernde Demografie. Künftig würden weniger Menschen in die Rente einzahlen und deutlich mehr Menschen Renten beziehen. Reformen in der Rentenversicherung seien deshalb unausweichlich: "Es gibt da keine einfache Lösung."
Die Rentenpolitik soll auch beim Treffen der Spitzen von CDU, SPD und CSU am Donnerstag im Koalitionsausschuss ein Thema sein. Zudem liefen innerhalb der Unionsfraktion aktuell "intensive Gespräche", um die internen Kritiker des Rentenpakets einzubinden, sagte Unionsparlamentsgeschäftsführer Steffen Bilger (CDU).
Bilger schlug vor, dass der Bundestag parallel zum Rentenpaket der Koalition einen eigenen Entschließungsantrag verabschieden könnte, der die Bedenken der jungen Abgeordneten in der Unionsfraktion hinsichtlich der Belastungen für künftige Generationen berücksichtige. Ein solcher Entschließungsantrag könnte eine "Brücke" sein, "über die alle gehen können", sagte Bilger.
Bilger wollte sich nicht darauf festlegen, ob das Rentenpaket wie vom Koalitionspartner SPD gewünscht noch in diesem Jahr vom Bundestag verabschiedet werden soll; bislang stehe es noch nicht auf der Tagesordnung des Bundestags. Die Koalition wolle aber auf jeden Fall "noch in diesem Jahr zu einem Ergebnis kommen", sagte Bilger.