In Kanada hat offenbar ein Arbeiter auf einem Bauernhof 200 Schweine mit dem Schweinegrippe-Virus angesteckt. Der Mann sei Mitte April von einem Aufenthalt in Mexiko zurückgekehrt, knapp zwei Wochen später hätten die Tiere Grippesymptome aufgewiesen, teilte die Lebensmittelbehörde am Sonntag mit. Es ist die erste bekannte Infektion von Schweinen mit dem neuartigen Virus. Die Behörden erklärten, es bestehe trotz der Infektion keine Gefahr für die Lebensmittelsicherheit.
Dem Arbeiter geht es den Angaben zufolge wieder gut, und auch die Schweine sind dabei, sich zu erholen. Das Virus habe sich vermutlich nicht über den betroffenen Bauernhof in der Provinz Alberta hinaus verbreitet, hieß es. Die Wahrscheinlichkeit, dass die betroffenen Tiere Menschen ansteckten, sei sehr gering.
Unterdessen hat das Robert-Koch-Institut (RKI) angesichts steigender Infektionsfälle mit Schweinegrippe in Deutschland davor gewarnt, die Krankheit zu unterschätzen. "Es gibt keinen Grund zur Entwarnung", sagte Institutspräsident Jörg Hacker am Sonntag in Berlin. Weitere Erkrankungen seien wahrscheinlich, denn das neuartige Virus sei offensichtlich gut übertragbar und könne zudem sein Erbgut verändern. Das sei ein "Unsicherheitsfaktor".
Hacker begrüßte zugleich, dass ab sofort Meldepflicht für jeden Verdacht auf Schweinegrippe in Deutschland besteht. Der RKI-Präsident berichtete, dass sich zwei weitere Menschen mit Schweinegrippe infiziert haben, sodass die Zahl der bestätigten Fälle in Deutschland inzwischen auf acht gestiegen ist. Zudem gebe es rund 20 Verdachtsfälle.
Bei den beiden neuen Fällen handelt es sich laut RKI um ein Ehepaar im Alter von 54 und 58 Jahren aus Frankfurt/Oder in Brandenburg. Sie hatten im selben Flugzeug gesessen wie eine aus Mexiko zurückgekommene infizierte 22-jährige Hamburgerin. Hacker sagte, bislang seien alle Fälle "relativ milde" verlaufen. Zu dem Ehepaar sagte er: "Beide sind leicht erkrankt. Es geht ihnen relativ gut." Am Montag werde sein Institut ein Spezialisten-Team von Epidemiologen nach Brandenburg entsenden, "um das Umfeld in Augenschein zu nehmen" und den dortigen Behörden dabei helfen, dass sich die Krankheit vor Ort nicht weiter ausbreitet.
Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat angesichts der schnellen Verbreitung der Schweinegrippe zu anhaltender Wachsamkeit aufgerufen. Es wäre unvorsichtig, sich bei dem schnell mutierenden Erreger von der bislang geringen Zahl der Todesopfer beruhigen zu lassen, erklärte der WHO-Direktor für das globale Warnsystem, Mike Ryan.
Fußballspiele ohne Zuschauer
Weltweit wurden inzwischen fast 800 Infektionen bestätigt, die meisten mit 473 in Mexiko. 197 Erkrankungen gibt es in den USA und 85 in Kanada. In Mexiko blieben am Wochenende öffentliche Einrichtungen und Unternehmen geschlossen. Alle 176 Fußballspiele mussten ohne Zuschauer ausgetragen werden.
In den USA gab es vor allem in den Staaten New York, Texas und Kalifornien bestätigte Infektionen, zumeist bei Urlaubsrückkehrern aus Mexiko. Zahlreiche Schulen blieben geschlossen. Präsident Barack Obama versicherte, die USA träfen alle nötigen Vorbereitungen. Er hoffe aber, "dass sich all diese Vorsichtsmaßnahmen und Vorbereitungen als unnötig erweisen", sagte Obama.
Das US-Zentrum für Seuchenkontrolle (CDC) äußerte sich ähnlich besorgt. "Wir haben schon Zeiten erlebt, in denen die Dinge scheinbar besser wurden, nur um dann schlechter zu werden", erklärte Anne Schuchat, Wissenschaftsdirektorin des CDC. Zuvor hatten Experten des Zentrums erklärt, das Schweinegrippe-Virus H1N1 verfüge nicht über die genetischen Eigenschaften, die den früheren Erreger so gefährlich machten. Die Spanische Grippe von 1918/19 war einer der tödlichsten Seuchen in der Geschichte der Menschheit und hat nach Schätzungen von Experten 40 bis 50 Millionen Menschen das Leben gekostet.