Fußball-WM Trotz tausender Toter: Katar lehnt Entschädigungen für Stadionarbeiter ab

Bauarbeiter auf einer Baustelle in Katar
Tausende Migranten sind bereits auf den Baustellen für die Fußball-WM in Katar gestorben. Entschädigungen erhalten die Hinterbliebenen vorerst nicht (Archivbild)
© Hassan Ammar / AP / DPA
Auf den Baustellen des WM-Gastgeberlandes Katar sind bis heute tausende Arbeiter gestorben oder verletzt worden. Eine Entschädigung wird es hierfür aber nicht geben. Das Emirat lehnt einen entsprechenden Fonds ab.

Wie viele Arbeiterinnen und Arbeiter auf den Stadionbaustellen für die Fußball-WM in Katar bisher ums Leben gekommen oder verletzt wurden, lässt sich nur schätzen. Neuesten Angaben von Menschenrechtsorganisationen zu Folge, liegt allein die Zahl der Menschen, die an Hitze, plötzlichem Herztod oder Überlastung gestorben sind, bei mehr als 15.000. Die Organisationen Amnesty International und Human Rights Watch haben deshalb das Emirat aufgefordert, die Hinterbliebenen der verstorbenen Stadionarbeiter zu entschädigen – und ernteten dafür nur einen spöttischen Kommentar des katarischen Arbeitsministers.

"Werbe-Gag": Forderung nach Entschädigung erntet Spott

Amnesty und Human Rights Watch fordern in einem Statement einen gemeinsamen Entschädigungsfonds von Katar und der FIFA in Höhe von 440 Millionen Dollar – eben jener Summe, die die FIFA als Preisgeld an die teilnehmenden Mannschaften ausschüttet. 

Öffentlich hat der Fußballverband stets betont, man sei im "laufenden Dialog" mit Katar, um einen solchen Fonds einzurichten. Drei Wochen vor Beginn der umstrittenen Weltmeisterschaft scheint der Ton des Gastgeberlandes allerdings rauher zu werden. Der katarische Arbeitsminister Ali bin Samich Al Marri nannte die Forderung der Menschenrechtsorganisationen gegenüber der Nachrichtenagentur AFP einen "Werbe-Gag." Der Plan, einen solchen Fonds einzuführen, sei nicht umsetzbar, so Marri weiter. Der Arbeitsminister beruft sich darauf, dass die Zahlen der NGOs nicht transparent seien. "Es gibt keine Kriterien, um diese Fonds einzurichten. Wo sind die Opfer? Haben Sie die Namen der Opfer? Wie kommen Sie an diese Zahlen?" 

Ein zynischer Kommentar, denn eigentlich wäre das Gastgeberland der WM dafür zuständig, die Öffentlichkeit über die Lage auf den Baustellen aufzuklären und Unfälle zu dokumentieren. Stattdessen versucht das Emirat seit Baubeginn der Stadien, die Opferzahlen schönzureden. 

Katar versprach eigentlich das Ende des Kafala-Systems

2018 versprach das Land mit Blick auf die WM eigentlich, das geltende Kafala-System abzuschaffen. Die Ordnung, nach der ausländische Arbeitskräfte an einen Bürgen gebunden sind, der de facto nach Belieben mit ihnen verfahren kann, wird oftmals als moderne Form der Sklaverei bezeichnet. Bis heute berichten Arbeiter in Katar immer wieder davon, dass ihnen bei Einreise der Pass abgenommen wird, sie in heruntergekommenen Unterkünften hausen müssen und sie ihr Gehalt unpünktlich oder gar nicht erhalten.

Das System, das in seiner ursprünglichen Form den Missbrauch von ausländischen Arbeitskräften verhindern sollte, weil sie nicht versichert waren, hat sich in den vergangenen Jahrzehnten ins Gegenteil gewandelt. Auch die FIFA musste Anfang des Jahres zugeben, dass die WM-Baustellen gegen internationales Arbeitsrecht verstoßen.

Quellen: tagesschau.de, ntv.de, Amnesty International mit Material von AFP

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