Nimmt die Polizeigewalt in den USA zu? Schwer zu sagen. Es gibt in den Vereinigten Staaten dazu keine zuverlässige Statistik. Vergangenes Jahr, nach dem Tod des schwarzen Teenagers Michael Brown in Ferguson, der auf dem Heimweg zu seiner Großmutter erschossen wurde, veröffentlichte das FBI erstmals Zahlen. Demnach sterben in den USA pro Jahr etwa 400 Menschen durch Polizeigewalt. Ein Viertel davon Schwarze, die aber nur 13 Prozent der Bevölkerung ausmachen. Pro Woche werden im Durchschnitt zwei Schwarze durch einen weißen Polizisten erschossen.
Doch diese Zahlen zeigen nicht das ganze Bild. Die Bundesstaaten sind nicht verpflichtet, durch Polizisten verantwortete Todesfälle zu melden. Die FBI-Daten basieren also nur auf freiwilligen Angaben. In der Statistik fehlen alle Fälle aus Florida. Außerdem melden viele Staaten nichts, wenn ungeklärt ist, ob die Polizei rechtmäßig handelte. Dazu zählt auch der Tod von Michael Brown aus Ferguson.
Wenn Elektroschocker mit Pistolen verwechselt werden
Bürgerrechtler kritisieren die schlampige Datenerhebung schon lange und führen eigene Statistiken. Sie werden auf Webseiten wie "Killed By Police" veröffentlicht. Allein für März 2015 sind dort 115 Opfer von Polizeigewalt registriert. Die Erhebungen deuten darauf hin, dass die Polizeigewalt zunimmt. Auch die Tatsache, dass das Thema in der Öffentlichkeit immer mehr diskutiert wird. Diesen Monat machten bereits drei Fälle landesweit Schlagzeilen: Der Tod des schwarzen Familienvaters Walter Scott aus Charleston, der durch acht Schüsse in den Rücken starb, der Fall des Beamten, der einen Flüchtenden in Tulsa erschoss, weil er seinen Elektroschocker mit seiner Pistole verwechselte, und die Verfolgungsjagd von Arizona, bei der ein Beamter einen Verdächtigen mit seinem Dienstwagen überfuhr.
Präsident Obama hatte nach den Schüssen von Ferguson eine Task Force zum Thema Polizeigewalt eingerichtet. Anfang März zog er Bilanz über deren Arbeit. Sein Bericht fiel dürftig aus. Er beklagte das Wirrwarr zwischen den Behörden und den Mangel an Zahlen. Stattdessen forderte er, das Vertrauen zwischen Polizei und Zivilbevölkerung müsse gestärkt werden. Aber das war noch, bevor Familienvater Walter Scott getötet wurde.