Gut zwei Jahre nach dem Tod von vier Fußgängern bei einem Unfall in der Berliner Innenstadt hat der Fahrer sein Bedauern ausgedrückt. Er wolle den Angehörigen sein tiefstes Beileid aussprechen, erklärte der 44-Jährige am Mittwoch zum Prozessauftakt vor dem Landgericht Berlin. "Es ist ein schreckliches, ganz grauenhaftes Unglück", sagte der Angeklagte. Er sei zutiefst verzweifelt über das "unermessliche Leid, das mein Unfall verursacht hat".
Fall sorgt für Aufsehen und SUV-Verbotsdebatte
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Diplom-Kaufmann fahrlässige Tötung und fahrlässige Gefährdung des Straßenverkehrs vor. Der SUV des Mannes hatte am 6. September 2019 auf der Invalidenstraße eine Ampel gerammt, sich mehrfach überschlagen und dabei Fußgänger auf dem Gehweg erfasst. Vier Menschen starben – darunter ein dreijähriger Junge. Der Fall hatte seinerzeit für großes Aufsehen gesorgt. Auch zum Prozessauftakt vor dem Landgericht Berlin herrschte großer Andrang. Neun Hinterbliebene sind nach Gerichtsangaben als Nebenkläger in dem Verfahren zugelassen. Zum Prozessauftakt erschien jedoch nur einer von ihnen persönlich. Für seine Mandanten sei es eine "wahnsinnige Belastung", erklärte der Anwalt einer Familie eines getöteten jungen Mannes.
Beim SUV-Fahrer lag strukturelle Epilepsie vor
Für den Prozess sind bis Anfang Februar 21 Verhandlungstage angesetzt. Allein wegen der medizinischen Fragen ist jedoch von einer umfangreichen Beweisaufnahme auszugehen. Die Anklage wirft M. vor, am 6. September 2019 mit seinem Wagen gefahren zu sein, obwohl er wusste, dass bei ihm eine strukturelle Epilepsie sowie – nach einer etwa einen Monat zuvor erfolgten Operation – eine Hirnnarbe bestand. Bei gebotener Sorgfalt habe er erkennen können, gesundheitlich nicht in der Lage gewesen zu sein, das Fahrzeug sicher zu führen.
Fußgänger mit mehr als 100 km/h erfasst
Der Angeklagte sei infolge eines epileptischen Anfalls verkrampft und habe das Gaspedal durchgedrückt. Dann sei er konstant voll beschleunigend gradlinig rund 80 Meter weitergefahren, von der Fahrbahn abgekommen und habe vier Menschen sowie mehrere Poller und einen Ampelmasten überfahren. Seine Opfer habe er mit einer "Kollisionsgeschwindigkeit von 102 bis 106 Stundenkilometern" erfasst und deren Tod "fahrlässig in Kauf genommen".
Nebenklage zeigt sich empört
Der deutsche Angeklagte erklärte dazu vor Gericht, er habe im Mai 2019 erstmals einen epileptischen Anfall gehabt. Danach habe er sich in medizinische Behandlung begeben. Mit einer Operation und mit einer Medikation habe er alles getan, um einen zweiten Anfall auszuschließen. Von Ärzten habe er positive Nachrichten erhalten. "Es gab überhaupt keine Anhaltspunkte dafür, dass ich irgendwann nochmals einen epileptischen Anfall erleiden könnte", so der 44-Jährige. An Details des Unfalls habe er keine Erinnerung. "Wir sind empört über die Einlassung", sagte eine Nebenklageanwältin am Rande des Prozesses. M. habe einen eindeutigen ärztlichen Rat gehabt, nicht Auto zu fahren. Insgesamt neun Nebenkläger, allesamt Hinterbliebene, nehmen am Prozess teil.