Welche Worte finden, wenn man sprachlos ist? "Es bricht mir das Herz und ich bin zutiefst traurig", versucht Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) noch in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch auszudrücken, was viele Menschen in ihrer Stadt fühlen dürften.
Ein fünfjähriges Mädchen ist tot. Eine Passantin entdeckt es am späten Dienstagnachmittag leblos im Bürgerpark Pankow, einer weitläufigen Grünanlage im Norden der Hauptstadt. Alarmierte Rettungskräfte können das Kind nicht retten. Im Krankenhaus erliegt es seinen schweren Verletzungen. Schnell steht fest: Das Mädchen wurde getötet.
Tatverdächtiger war Babysitter von getötetem Mädchen
"Es wies Verletzungen auf, wo man annehmen muss, dass es sich um ein Tötungsdelikt handelt", sagt der Sprecher der Polizei. Es handele sich um mindestens eine Stichverletzung. Und er sagt: "Man hat in diesem Zusammenhang auch schon einen Tatverdächtigen festgenommen." Die Festnahme sei nur wenige Minuten nach dem Fund des Mädchens "am Rande des Parks" erfolgt.
Bei dem Verdächtigen handelt es sich den Angaben zufolge um einen 19-Jährigen. Einen Tag nach der Tat äußern die Ermittler einen entsetzlichen Verdacht: Der junge Mann war der Babysitter des Mädchens, ein Freund der Mutter.
Die Polizei rückt nach dem Fund des Mädchens mit großem Besteck zum Bürgerpark Pankow aus, normalerweise eine grüne Oase im Trubel der Großstadt. Am Dienstagabend leuchten mobile Scheinwerfer einen Teil des Parks aus, Flatterband versperrt den Zugang. Mannschaftswagen der Polizei parken am Rande der Grünanlage, Polizisten drehen auf der Suche nach Spuren um den Fundort jeden Quadratzentimeter um. Für Übersichtsaufnahmen fliegt eine Drohne das Gebiet ab. Die vierte Mordkommission des Berliner Landeskriminalamtes übernimmt den Fall, Beamte befragen mögliche Zeugen.
Die Ermittler wollen wissen: Was ist am Dienstagnachmittag geschehen? Und warum tötet ein 19-Jähriger womöglich eine Fünfjährige? Antworten gibt es auch am Dienstag nur wenige – zumindest nicht für die Öffentlichkeit.
Polizei-Großeinsatz in Berlin-Pankow
Klar ist: Die Polizei sucht zuvor knapp drei Stunden nach dem Mädchen. Rund 100 Beamte sind bei der Suche im Einsatz, berichtet der Rundfunk Berlin-Brandenburg, auch ein Hubschrauber steigt auf. "Nachmittags war ein Polizist im Laden und hat gefragt, ob wir einen Mann mit kleinem Mädchen gesehen haben", erzählt der Mitarbeiter eines Restaurants in der Gegend später einer Reporterin der Nachrichtenagentur DPA.
Am Tag darauf berichten die Ermittler, dass der 19-Jährige auf das Mädchen und seine drei Geschwister Familie aufpassen sollte und mit ihnen auf dem Spielplatz war. Mit der Fünfjährigen sei er dann weggegangen, angeblich zur Toilette. Er habe andere Menschen gebeten, auf die drei anderen Kinder aufzupassen, ehe er wenig später zurückgekehrt sei – ohne die Fünfjährige. Er gab an, sie verloren zu haben. Das Mädchen wird als vermisst gemeldet, die Polizei startet ihre Suche. Um 17.40 Uhr macht eine Passantin in einem Gebüsch die grausame Entdeckung.
Der Leichnam des Mädchens wird am Mittwochvormittag in der Gerichtsmedizin untersucht. Das Gutachten liege noch nicht vor, sagt ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Nachmittag dem stern. Die genaue Todesursache steht damit noch nicht fest.
Der 19-jährige Tatverdächtige kommt derweil vor den Haftrichter. Der junge Mann ist der letzte, der das Mädchen vor der Tat gesehen hat. Ist er damit der Täter? Ob er sich zu dem Vorwurf äußert, verrät die Staatsanwaltschaft nicht. Er kommt am Mittwochabend in Untersuchungshaft, es besteht dringender Tatverdacht. Der Haftbefehl lautet auf Totschlag. Zu einem möglichen Motiv für die Bluttat können die Ermittler noch nichts sagen, nur eines vorerst ausschließen: Ein sexueller Hintergrund spiele offenbar keine Rolle. Die Ermittlungen der vierten Mordkommission gehen weiter, auch die Tatwaffe ist bislang noch nicht gefunden.
Bereits am Dienstagabend legen Trauernde am Bürgerpark Pankow Blumen nieder, entzünden Kerzen und gedenken der getöteten Fünfjährigen. Ein kleiner Teddybär hockt auf dem Bürgersteig. Auch am Tag darauf bleiben immer wieder Menschen in der Nähe des Fundorts stehen, berichten Reporter. Einige haben Tränen in den Augen.
Quellen: Polizei Berlin, Generalstaatsanwaltschaft Berlin, Franziska Giffey, Rundfunk Berlin-Brandenburg, Nachrichtenagenturen DPA und AFP