Ein Militär-Psychiater hat am Donnerstag auf dem größten Militärstützpunkt der USA ein Blutbad angerichtet - möglicherweise, weil er über seinen bevorstehenden Einsatz im Irak aufgebracht war. Der Offizier tötete in Fort Hood (Texas) nach neuesten Angaben 13 Menschen und verletzte 30 weitere zum Teil schwer, bevor er selbst durch mehrere Schüsse gestoppt und festgenommen wurde.
Der Schütze hatte zuvor auf der Militärbasis selbst hauptsächlich Soldaten betreut, die nach Einsätzen im Irak und Afghanistan unter posttraumatischen Störungen litten. Er befand sich in der Nacht zum Freitag in "stabilem Zustand", wie der Kommandeur der Basis, Bob Cone, mitteilte.
"Es gab nur einen Schützen"
Zunächst hatte es noch geheißen, der Täter sei bei einem Schusswechsel mit der Polizei ums Leben gekommen. Auch war zunächst vermutet worden, dass es mehr als einen Angreifer gab. Das stellte sich ebenfalls als falsch heraus. "Es gab nur einen Schützen", sagte Cone vor Journalisten, nachdem zuvor zwei weitere US-Soldaten als mögliche Komplizen festgehalten und dann wieder freigelassen worden waren.
Über das Motiv des Amoklaufs herrschte zunächst Unklarheit. Der Kommandeur selbst lehnte jegliche Angaben über den Amokläufer ab, den er lediglich als Major Nidal Malik Hasan identifizierte. Nach Medienberichten hatte der 39-jährige gebürtige Jordanier und Muslim für den 28. November den Marschbefehl für den Irak erhalten und sich entschieden dagegen gewehrt. Cone zufolge gab es bis zum späten Donnerstagabend keine Hinweise auf eine terroristische Verbindung, auch wenn dies noch nicht ausgeschlossen werden könne. Hasan habe sich bis zum späten Donnerstagabend bei Vernehmungen nicht zu seiner Bluttat geäußert: "Er hat nichts gesagt", schilderte der General.
Amokläufer fürchtete sich offenbar vor Irak-Einsatz
Der mit einer Pistole und einer halbautomatischen Waffe ausgerüstete Major hatte nach bisherigen Ermittlungen um 13.30 Uhr Ortszeit das Feuer in einem Stützpunkt eröffnet, in dem Soldaten vor Auslandseinsätzen noch einmal auf ihre Gesundheit hin überprüft und behandelt werden. In dem selben Gebäudekomplex werden auch Heimkehrer von Auslandseinsätzen erfasst. Viele der in Fort Hood stationierten Soldaten waren im Irak und in Afghanistan oder werden dorthin geschickt.
Der unverheiratete Hasan war offenbar erst seit Juli in Fort Hood stationiert und soll schon seit Langem eine Entsendung in den Irak gefürchtet haben. Schon seit Jahren habe er immer wieder gesagt, dass ein Einsatz in der Region das Schlimmste sei, was er sich vorstellen könne, hieß es weiter. Die "Washington Post" berichtete, er sei ein gläubiger Muslim gewesen und habe früher jeden Tag in seiner Gemeinde nahe Washington gebetet. Der amerikanische Nachrichtensender CNN zeigt Hasan am Morgen vor dem Blutbad im Kaftan, einem traditionellen Gewand, beim Einkaufen.
Eine Tante von Hasan sagte der Zeitung, er sei seit Jahren wegen seines Glaubens immer wieder schikaniert worden. Schon lange habe der Militär-Psychiater auch versucht, aus der Armee entlassen zu werden und sogar angeboten, die Kosten für seine medizinische Ausbildung der Armee zurückzuzahlen.
FBI untersucht Blog-Einträge
Nach Informationen der "New York Times" untersucht die Bundespolizei FBI Blogeinträge im Internet, die möglicherweise von dem Täter stammen. Darin debattiert ein Mann, der sich Nidal Hasan nennt, über Selbstmordanschläge und findet dafür positive Argumente. So vergleicht er in einem Eintrag das Heldentum eines Soldaten, der sich auf eine Granate wirft, um seine Kameraden zu schützen mit einem Selbstmordattentäter, der sich für seine muslimischen Glaubensbrüder opfere.
Über das Leben des Täters wurden am Freitag widersprüchliche Details bekannt. Nach unterschiedlichen Medienberichten wurde er in Jordanien beziehungsweise Ost-Jerusalem geboren. Hasan sei in Virginia geboren und ein gläubiger Muslim gewesen, der oft in Uniform gebetet habe, sagte dagegen der Imam einer Moschee in Maryland. Die "Washington Post" berichtete unterdessen, er sei in Arlington bei Washington geboren und habe eine medizinische Ausbildung mit Hilfe der Armee erhalten. Die meisten Zeit seiner beruflichen Laufbahn als Militär-Psychiater habe er in dem angesehenen Walter-Reed-Armee-Hospital verbracht, wo er Heimkehrer behandelte, die unter post-traumatischen Schock litten.
Ein langjähriger Kollege sagte der Zeitung, er habe als Einzelgänger mit "ungewöhnlichem" Auftreten gegolten. Viele Kollegen hätten deshalb vermieden, ihm Patienten zu schicken.
Obama: "Ein entsetzlicher Ausbruch der Gewalt"
Wie General Cone bestätigte, war es eine zivile Polizistin, die als erste Schüsse auf den Amokläufer abgab, um ihn zu stoppen. Sie sei entgegen ersten Berichten nicht bei ihrem Einsatz ums Leben gekommen. Über die Toten und Verletzten sagte der Kommandeur lediglich, es seien hauptsächlich Militärangehörige.
US-Präsident Barack Obama sprach von einem "entsetzlichen Ausbruch der Gewalt" und rief zum Gebet für die Opfer und Angehörigen auf. Er stehe in Kontakt zum Pentagon, zur Bundespolizei FBI und dem Heimatschutzministerium, um die Sicherheit der US-Truppen in ihrem eigenen Land zu gewährleisten, sagte Obama. "Es ist schwierig genug, wenn wir diese mutigen Amerikaner in Kämpfen in Übersee verlieren. Es ist schrecklich, dass sie hier auf einer Basis in den Vereinigten Staaten unter Beschuss kommen."
Der gesamte Stützpunkt, nach US-Angaben mit 45.000 Soldaten der größte weltweit, wurde nach den ersten Schüssen sofort abgeriegelt. Sirenen heulten, und die Menschen auf der Basis wurden aufgefordert, nicht ins Freie zu gehen. 500 Militärpolizisten durchkämmten das Gebiet. Die Verletzten wurden zum Teil mit Hubschraubern in Krankenhäuser gebracht. Eine Klinik rief die Bevölkerung zu Blutspenden auf.
Fort Hood liegt zwischen Austin und Waco in Texas und beheimatet etwa 50.000 Streitkräfte. Laut dem Senator von Texas, Kay Bailey Hutchison, befanden sich zur Tatzeit rund 35.000 Soldaten auf dem Stützpunkt. Die Basis wurde 1942 errichtet.