Im Prozess um das Transrapid-Unglück im Emsland hat die Staatsanwaltschaft eine Geldstrafe für zwei Betriebsleiter gefordert. Die beiden 67 und 50 Jahre alten Angeklagten seien nicht die Hauptverantwortlichen für die Tragödie mit 23 Toten, sagte Oberstaatsanwalt Hubert Feldkamp im Landgericht Osnabrück. Sie hätten sich aber der fahrlässigen Tötung schuldig gemacht - wenn auch nur "im unteren Randbereich". Er forderte 24.000 Euro Geldstrafe für den 67-Jährigen und 20.000 Euro für den 50- Jährigen. Vier Anwälte der Nebenkläger als Vertreter der Hinterbliebenen und Opfer plädierten auf eine Bewährungsstrafe mit Geldbuße, eine weitere Anwältin schloss sich der Staatsanwaltschaft an. Die Verteidigung beantragte Freispruch.
Der Vorsitzende Richter wies darauf hin, dass neben einer Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung auch eine Bestrafung nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz wegen Vernachlässigung der Aufsichtspflicht infrage kommen könnte. Dann würden die Angeklagten nicht wegen einer Straftat verurteilt, sondern lediglich mit einer Geldbuße belangt.
Sperre hätte Katastrophe verhindert
Oberstaatsanwalt Feldkamp sagte in seinem Plädoyer, Hauptschuld an dem Unglück trage der am 22. September 2006 diensthabende Fahrdienstleiter der Transrapid-Versuchsanlage Emsland (TVE). Er habe es pflichtwidrig versäumt, eine elektronische Fahrwegsperre zu setzen und die Fahrt des Transrapids freigegeben, obwohl noch ein Sonderfahrzeug auf der Strecke stand. Die Sperre hätte die Katastrophe verhindert. Auch der beim Unglück ums Leben gekommene Lokführer hätte vor Fahrtbeginn auf die Strecke schauen müssen. Dann hätte er das klar sichtbare scheunentorgroße Hindernis erkennen müssen. Der Lokführer habe auch eine besondere Verantwortung für die 30 Fahrgäste gehabt. Das Verfahren gegen den Fahrdienstleiter war vorläufig eingestellt worden. Er gilt wegen Selbstmordgefahr als nicht verhandlungsfähig.
Feldkamp drückte sein persönliches Bedauern aus, dass wegen des Prozesses die beiden Betriebsleiter in der Öffentlichkeit mit dem Unfall in Verbindung gebracht worden seien. "Aber Sie haben Fehler gemacht", sagte der Oberstaatsanwalt. So habe es den Angeklagten auffallen müssen, dass das Setzen der Fahrwegsperren von den verantwortlichen Fahrdienstleitern mehr als ein Jahr lang nicht richtig gehandhabt worden sei. Dabei habe es sich um eine einhundertprozentige Vorschrift der Genehmigungsbehörde gehandelt. Es seien Fehler bei der Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter gemacht worden, und die von den Betriebsleitern zu verantworteten Kontrollen des Personals seien oberflächlich und fehlerhaft gewesen.
"Zusammentreffen von Fehlern"
Die Verteidigung wies die Vorwürfe zurück. Die Vorschriften der Anlage seien vom TÜV überprüft und abgenommen worden. Auch bei der Auswahl der Mitarbeiter habe es keine Fehler gegeben. Die Angeklagten hätten den Betrieb der Anlage hierarchisch organisiert und seien berechtigt gewesen, die Überwachung in wichtigen Teilbereichen ihren Mitarbeitern zu überlassen, sagte Rechtsanwalt Reinhold Schlothauer. Sein Kollege Michael Blum sprach von einem "Zusammentreffen von Fehlern mehrerer Menschen, das zu dem Unfall geführt hat". Das Sicherheitskonzept der Anlage habe nicht versagt.
Der 67 Jahre alte Angeklagte wies in seiner Schlussbemerkung die Vorwürfe der Nebenkläger zurück, Mitschuld an der Katastrophe zu haben. Er habe gearbeitet "wie ein Blöder", um die Transrapid-Anlage aufzubauen und den Betrieb sicher zu machen. "Wir hatten eine geprüfte Organisation", sagte er. Das Urteil soll am 23. Mai verkündet werden.