Der Traum von seinem bislang größten Projekt schien zu enden, bevor es richtig begann. Fotograf Florian Wagner flog gerade mit dem Hubschrauber entlang der Wildcoast, Südafrika, als der Motor plötzlich spuckte und immer wieder ganz aussetzte. "Mit einem Schlag kam gar keine Leistung mehr. Nur eine Notlandung hat uns gerettet", sagt Wagner. "Wären wir 30 Sekunden weitergeflogen, wären wir abgestürzt."
Afrikas bedeutendste Ressource
Das war am zweiten Tag einer abenteuerlichen Fotosafari, die ihn – zusammen mit seiner Lebensgefährtin Regina Singelnstein und Südafrikas Fliegerlegende Slade Healy – quer durch Afrika führte. 100 Flugstunden, 18.000 Kilometer, zehn Länder, 33.000 Bilder. Sämtliche Aufnahmen sind aus der Luft entstanden. Immer sind es Fotos grandioser afrikanischer Landschaften.
Doch egal, ob Wüste, Steppe oder Bergmassive – Wagners Thema war stets Wasser, selbst wenn es einmal nicht im Bild zu sehen ist, so wie der riesige Wasserspeicher unter der Etosha-Pfanne in Namibia. "Ich will nicht nur die Schönheit zeigen", sagt der Fotograf. "Es geht darum, zu dokumentieren, wie wichtig es ist, Afrikas bedeutendste Ressource zu schützen." Lebenswichtig, überlebenswichtig: 75 Prozent der Menschen südlich der Sahara haben keinen sicheren Zugang zu Wasser.
Die Reise dauerte zehn Wochen und führte das Team von Johannesburg über Kapstadt, Namibia, Angola, Sambia, Simbabwe, Ruanda nach Tansania. Florian Wagner kennt den Kontinent sehr gut, er hat Safaris in Jeeps absolviert, im Einbaum, zu Fuß und zu Pferd. "Aber eine Safari mit dem Helikopter gehört mit Abstand zum außergewöhnlichsten, spannendsten und schönsten Erlebnis, das man sich vorstellen kann."
Wagner fotografierte die Namib-Wüste, in der mancherorts jahrelang kein Regen fällt. Er dokumentierte die Flussläufe des Cubango und Cuito in Angola, die austrocknen könnten, weil die Regierung für gigantische Landwirtschaftsprojekte Wasser in großen Mengen abzweigen wird. Und er fing fotografisch das Okavango-Delta in Botswana ein, ein Labyrinth aus Inseln und Lagunen. Den Landeanflug mit offenen Türen und den Anblick der Elefanten, Büffel, Giraffen und Antilopen bleibt für Wagner unvergessen. "Noch nie habe ich aus der Luft eine so faszinierende Landschaft erleben dürfen", sagt er.
Doch bei folgenden Touren auf Pferden und in Booten erfuhr der Fotograf von den massiven Veränderungen, denen dieses 15.000 Quadratkilometer große Feuchtgebiet auch durch Ableitung für Wasserkraftwerke ausgesetzt ist. Das einzigartige Ökosystem, Unesco-Weltnaturerbe, wird es bald nicht mehr geben, wenn nicht mehr genug Wasser fließt. Wenige Wochen später, nachdem Wagner die Victoria-Fälle und den Sambesi überflogen hatte, landete er am Tanganjika-See, mit bis zu 1470 Meter Tiefe das größte Süßwasservorkommen Afrikas. Doch wie lange noch? Zehn Millionen Menschen leben inzwischen in der Nähe des Sees. Das Gewässer ist überfischt, droht zu kippen. "Die Bilder", sagt Wagner, "haben mich selbst wachgerüttelt."
Wachrütteln will er auch mit seinem Bildband "African Waters", der nun aus seinen Fotos entstanden ist. Und zwar "nicht mit mahnendem Zeigefinger", sondern "mit positiven Bildern", wie er sagt. So wird jedes Kapitel zu jedem Land, das er besuchte, von einem 360-Grad-Panoramabild eröffnet. Pilot Slade Healy ließ dazu den Hubschrauber, sonst zur Bekämpfung von Wilderern eingesetzt, auf der Stelle um die eigene Achse kreisen.
Wagner fotografierte dann pro vollständiger Drehung 16 Hochformatbilder mit einem 35-mm-Objektiv, die er später am Computer zusammenfügte. "Jeden Tag werden mehr als zwei Milliarden Bilder im Netz hochgeladen", sagt Wagner. "Um sich über Qualität von der Masse abzusetzen, bedarf es entweder außergewöhnlicher Motive, außergewöhnlicher Technik oder einer außergewöhnlichen Perspektive."
Und manchmal ein bisschen Glücks. So wie am Natronsee in Tansania. Die Bewölkung schien viel zu stark, um ein gutes Foto schießen zu können. Wagner, selbst Hobbypilot, startete trotzdem früh um sieben, denn er hatte drei Massaikriegern versprochen, sie einmal auf einen Flug mitzunehmen. Plötzlich brach die Sonne durch die Wolken und setzte den Natronsee in magisches Licht – eins von Wagners Lieblingsfotos dieser Reise war im Kasten.
