Haiti nach dem Erdbeben Erste Suchteams verlassen das Land

Nach der Erdbebenkatastrophe in Haiti gibt es kaum noch Hoffnung, Überlebende zu finden. Erste Rettungsmannschaften haben deshalb ihre Arbeit eingestellt. Große Probleme bereitet weiterhin die medizinische Hilfe für die Bevölkerung.

Eineinhalb Wochen nach dem verheerenden Erdbeben in Haiti fahren die Rettungskräfte die Suche nach Überlebenden zurück. Erste Suchmannschaften stellten ihre Arbeit ein, weil kaum noch Hoffnung auf die Bergung weiterer Überlebender unter den Trümmern bestand. Ein Team aus Florida zog sich Berichten zufolge zurück, ebenso Bergungsexperten aus Belgien, Luxemburg und Großbritannien.

Die Versorgung der notleidenden Bevölkerung kam am Donnerstag trotz des starken Nachbebens am Vortag zunehmend in Gang. Zehntausende Hungernde, Obdachlose und Verletzte warten aber weiter verzweifelt auf Unterstützung. Insbesondere die medizinische Hilfe gestaltet sich nach wie vor schwierig. Die Krankenhäuser sind völlig überfüllt, Menschen werden teilweise nur mit lokaler Betäubung operiert, da Narkosemittel fehlen.

"Ob wir mit unserer Arbeit zufrieden sind? Definitiv nicht"

Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen teilte mit, es gebe so viele Patienten, dass viele erst in zehn bis zwölf Tagen behandelt werden könnten. Einige Opfer seien bereits an Blutvergiftungen gestorben, weil ihre Wunden nicht desinfiziert worden seien. Die Internationale Organisation für Migration schätzte, dass eine Million Menschen dringend ein Obdach benötigen. Haitis Regierung befürchtet, dass 100.000 bis 200.000 Menschen bei dem Beben umgekommen sind.

"Ob wir mit unserer Arbeit zufrieden sind? Definitiv nicht", sagte der Vize-Direktor der Pan-Amerikanischen Gesundheitsorganisation, Jon Andrus. "Aber es gibt Fortschritte. Denken Sie daran, wie wir begonnen haben, nachdem die Welt über Haiti zusammenbrach. Keine Straßen, nur Trümmer und Leichen. Keine Kommunikation, nur Tod und Verzweiflung."

DRK schickt mobiles Krankenhaus

US-Soldaten brachten unterdessen schweres Räumgerät an Land. Am Strand wurden Lebensmittelpakete und Zelte an Einheimische verteilt. Am Mittwoch war ein US-Krankenhausschiff mit Operationssälen vor Haiti eingetroffen. Etwa 12.000 US-Militärs befanden sich bereits an Land oder auf Kriegsschiffen, die in den Gewässern vor dem verarmten Karibikstaat vor Anker lagen. Die US-Marine forderte zusätzliche Verstärkung an.

Das Deutsche Rote Kreuz kündigte zwei weitere Hilfsflüge an, um ein mobiles Krankenhaus und eine Wasseraufbereitungsanlage nach Haiti zu bringen. Die Niederlande beschleunigten den Abschluss von Adoptionsverfahren, die bereits vor dem Erdbeben am Dienstag vergangener Woche auf den Weg gebracht worden waren. Am Donnerstag sollten 106 Waisenkinder aus Haiti in Amsterdam landen.

Regierung will 400.000 Menschen umsiedeln

In Port-au-Prince herrscht trotz der intensiven Bemühungen der Helfer weiter Chaos. Vor den Tankstellen bilden sich lange Schlangen, obwohl sich die Benzinpreise verdoppelt haben. Lkw-Fahrer der Hilfsorganisationen müssen stundenlang warten, bevor sie ihre Fahrzeuge auftanken können. Es mangelt an sauberem Wasser. In den Parks, in denen Zeltlager für die Obdachlosen errichtet wurden und in denen Tausende aus Angst vor weiteren Nachbeben unter freiem Himmel schlafen, sind die hygienischen Verhältnisse kaum noch zu ertragen.

"Es ist elend hier. Es ist dreckig und es ist langweilig", sagte die zwölfjährige Judeline Pierre-Rose, die derzeit in einem Zelt gegenüber des eingestürzten Nationalpalastes wohnt. "Die Leute gehen überall auf die Toilette, und ich habe Angst, krank zu werden."

Haitis Regierung plant die Umsiedlung von etwa 400.000 Menschen, die ihr Obdach in Port-au-Prince verloren haben. Dazu würden nördlich der Hauptstadt neue Ortschaften errichtet, kündigte Innenminister Paul Antoine Bien-Aime an. Zunächst sollten 100.000 Menschen auf Zeltlager verteilt werden, in denen Platz für jeweils etwa 10.000 Obdachlose sei.

Reuters
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