Nach den verheerenden Überschwemmungen in der Alpenregion wird das Hochwasser für die Flussanrainer in Bayern voraussichtlich keine gravierenden Folgen haben. "Die Lage entspannt sich auf hohem Niveau", teilte das Polizeipräsidium Oberbayern am Morgen mit. In mehreren Landkreisen wurde der Katastrophenalarm aufgehoben.
Die Flutwelle der Donau hat am frühen Donnerstag mit einem Pegel von 6,44 Metern Ingolstadt erreicht. "Wir hoffen, dass die Deiche halten", sagte ein Sprecher des Wasserwirtschaftsamtes. Der Pegelanstieg werde durch Stauräume wie die Staustufe Ingolstadt noch verlangsamt. Größere Schäden werden nicht erwartet. Donauabwärts steigen die Pegelstände weiter an. Für Kelheim werden nach Angaben des Bayerischen Landesamtes für Wasserwirtschaft gegen Nachmittag Pegelstände von bis zu 7,20 Metern erwartet. Gegen späten Abend soll die Welle Regensburg erreichen. In Passau habe sich die Lage kurzfristig entspannt, da der Inn zurückgehe.
Flutwelle blieb unter den Prognosen
An der Donau in Ulm und Neu-Ulm sowie an der Iller gingen die Pegel in der Nacht stark zurück, wie die Feuerwehr mitteilte. Für den Flussabschnitt von Kelheim bis Passau blieb die Flutwelle in der Nacht unter den Prognosen. Für den Vormittag wurde der Höchststand erwartet. Mit größeren Schäden rechnete das Lagezentrum der Polizei Niederbayern aber nicht. Bei Kelheim erreichte das Hochwasser am Abend das Kloster Weltenburg. Die Behörden befürchteten, dass das Wasser noch in die Klosterkirche eindringen könnte.
In der Drei-Flüsse-Stadt Passau, wo sich die Hochwassersituation am Mittwochnachmittag überraschend zugespitzt hatte, sank der Pegel des Inn seit dem Abend wieder. Auch der Wasserstand der Donau fiel. Allerdings erwartete die Polizei für Donnerstag auch hier ein erneutes Ansteigen des Donaupegels. In Landshut bereiteten sich Bewohner und Hilfskräfte mit tausenden Sandsäcken auf die für den Vormittag erwartete Flutwelle der Isar vor. Dort wurde mit einem höheren Pegelstand als beim Pfingsthochwasser 1999 gerechnet. In Erding war die Lage am Morgen wegen eines aufgeweichten Deiches kritisch. Hilfskräfte verstärkten den Deich an der Isar. Die Pegel der Donau in Ober- und Niederösterreich stiegen weiter an. Tausende Helfer standen zum Einsatz bereit, falls der Strom gefährlich über die Ufer treten sollte. Während des Tages hatten kleinere Überschwemmungen der Flussauen unter anderem in der Nähe von Linz keine ernsthaften Schäden angerichtet. Auch für die Umgebung von Wien wurde inzwischen Hochwasseralarm gegeben.
Tote in Österreich und der Schweiz
Unterdessen begann am Alpenrand das Aufräumen. Ersten Schätzungen zufolge liegen die Schäden im Katastrophengebiet im mehrstelligen Millionenbereich. In der Schweiz waren so viele Verkehrswege unterbrochen worden wie seit 100 Jahren nicht mehr. In Österreich stieg die Zahl der Hochwasseropfer auf vier. Suchmannschaften entdeckten in Vorarlberg die Leiche eines 81-jährigen Autofahrers. Der Mann hatte vermutlich in den frühen Morgenstunden des Dienstags bei seiner Fahrt von Silbertal nach Schruns zu spät bemerkt, dass die Litz einen Teil der Straße fortgerissen hatte und war mit dem Pkw vom Hochwasser erfasst worden. Nachdem am Mittwoch eine neuerliche Suchaktion gestartet worden war und der Pegel der Litz sank, wurde das Fahrzeug in dem Fluss entdeckt und mit einem Bagger geborgen. Bei dem schweren Unwetter waren am Montagabend zwei weitere Männer getötet worden. Eine 50-jährige Frau war bereits in der Nacht zum Montag beim Abgang einer Mure in der Steiermark ums Leben gekommen.
Mittlerweile gehen die Schweizer Behörden davon aus, dass das Hochwasser seit dem vergangenen Wochenende vier Menschenleben gekostet hat. Zwei weitere Menschen wurden noch vermisst. Bei den seit fast zwei Wochen andauernden Überschwemmungen in Rumänien stieg derweil die Zahl der Todesopfer auf 28.
Diskussion um Hochwasserschutz
Der Präsident des Umweltbundesamtes, Andreas Troge, machte die weltweite Klimaerwärmung für das neuerliche Hochwasser in Bayern, Österreich und der Schweiz mitverantwortlich. Troge rief die Bundesländer dazu auf, "jetzt zügig Hochwasservorsorge zu betreiben und so Klimafolgen einzudämmen". Wer im Trockenen bleiben wolle, dürfe in Überschwemmungsgebieten zu künftig nicht mehr bauen, sagte Troge der "Berliner Zeitung".
Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz sprach sich für mehr Kompetenzen des Bundes im Katastrophenfall aus. "Bei länderübergreifenden Katastrophen sollte es eine Koordinierungs- und Weisungskompetenz des Bundesinnenministers geben", sagte der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion in einem dpa- Gespräch. Dazu sollte Artikel 35 des Grundgesetzes ergänzt werden, der die Rechts- und Katastrophenhilfe regelt.
Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) will sich heute in Augsburg über das Ausmaß der Katastrophe informieren. Ein Besuch im Hochwassergebiet ist aber nicht geplant. Schröder ist in Augsburg, weil er dort einen schon länger vereinbarten Wahlkampftermin hat.